Ein unaufmerksamer Moment, ein paar km/h zu viel auf dem Tacho, schon ist man geblitzt worden – und wenige Wochen später flattert per Post zuerst der Anhörungsbogen und dann ein Bußgeldbescheid ins Haus. Der Anhörungsbogen muss drei Monate nach dem Vorfall ausgestellt sein, sonst ist die Sache verjährt. Wurde er fristgerecht ausgestellt, unterbricht das die Verjährung und setzt eine neue Frist von drei Monaten in Gang, innerhalb der ein Bußgeldbescheid erlassen sein muss. Im Anhörungsbogen kann der Beschuldigte den Vorwurf zugeben, er kann aber den Vorwurf auch bestreiten oder zur Sache ganz schweigen. Nur Angaben zur Person sind Pflicht. Nach der Anhörung entscheidet die Behörde, ob sie die Sache einstellt oder einen Bußgeldbescheid erlässt.

Geblitzt worden? Bußgeldbescheid auf Fehler prüfen

Blitzer - Ein Tempomessgerät steht während einer Pressevorführung an der Reeperbahn. Die Hamburger Polizei und der Landesbetrieb Verkehr wollen zwei neuartige Geschwindigkeitsmessgeräte testen, die in einem Anhänger versteckt sind und so ohne großen personellen Aufwand am Straßenrand platziert werden können.
Die Polizei darf den Blitzer tarnen. Beim sog. "Enforcement Trailer" ist das Gerät als Anhänger getarnt.
Bild: DPA
Ist der Bußgeldbescheid eingetroffen, sollte man sich das Schreiben ganz genau anschauen, bevor man reumütig das Überweisungsformular ausfüllt. Manchmal gibt es durchaus Wege, sich gegen den Bescheid zu wehren. Das geht vor allem dann, wenn der Bußgeldbescheid fehlerhaft ist. Das ist natürlich der Fall, wenn man sich selbst sicher ist, dass einen keine Schuld trifft. Wer beispielsweise geblitzt worden sein soll, während er im Urlaub war, kann auf jeden Fall Einspruch einlegen. Das gleiche gilt, wenn die Person auf dem Foto definitiv eine andere ist oder das Nummernschild nicht dem eigenen entspricht. Auch wenn das Bild so unscharf ist, dass niemand eindeutig identifiziert werden kann, hat man gute Chancen, dass das Verfahren eingestellt wird.

Welche Infos muss ein Bußgeldbescheid beinhalten?

Aber selbst wenn man zweifelsohne der Tat bezichtig werden kann, gilt: Nur ein inhaltlich und formell vollständiger Bußgeldbescheid ist rechtskräftig. Wer fehlende Informationen aufdeckt, hat gute Chancen um die Strafe herum zu kommen. Zu den grundlegenden Angaben gehören:
• Informationen zum Täter, eventuellen Nebenbeteiligten und zum Verteidiger
• Die zur Laste gelegte Ordnungswidrigkeit, mit Uhrzeit, Tatort und gesetzlichen Merkmalen
• Vorhandene Beweismittel
• Die zutreffenden Bußgeldvorschriften und Sanktionen
Außerdem sind einige rechtliche Hinweise vorgeschrieben, zum Beispiel dass
• der Bescheid vollstreckbar und rechtskräftig ist.
• das Erheben von Einspruch auch ein nachteiliges Ergebnis zur Folge haben kann.
• das Bußgeld innerhalb einer gewissen Frist bezahlt werden muss.
• eine Erzwingungshaft angeordnet werden kann, wenn das Bußgeld nicht rechtzeitig überwiesen wird und keine Stellungnahme erfolgt, warum die Zahlung nicht geleistet werden kann.
Fehlt eine dieser Angaben, kann der Bußgeldbescheid angefochten werden.

Fehler bei der Messtechnik können Einspruch rechtfertigen

Damit der Bußgeldbescheid gültig ist, müssen außerdem die Messgeräte zur Geschwindigkeitskontrolle regelmäßig geeicht werden. Fehlt der Nachweis, kann die Messung nicht in einem Verfahren verwendet werden. Das gilt auch, wenn das Gerät falsch aufgestellt wurde und es dadurch zu Messfehlern gekommen sein könnte. Auch die Beamten müssen nachweisen, dass sie eine Schulung für das jeweilige Gerät erhalten haben. Diese Fehler sind aber nicht aus dem Bußgeldbescheid ersichtlich, sondern erst durch Akteneinsicht – und die wird nur Anwälten gewährt.

Wann ist es sinnvoll, einen Bußgeldbescheid anzufechten?

Einspruch einzulegen lohnt sich immer dann, wenn offensichtliche Fehler vorliegen, also wenn man beispielsweise zur Tatzeit gar nicht an besagtem Ort war. Wer allerdings tatsächlich geblitzt worden ist, aber hofft, etwa wegen eines unscharfen Bildes, um die Strafe herumzukommen, sollte genau abwägen: Gelingt es dem Gericht die Schuld eindeutig nachzuweisen, kommen neben dem Bußgeld auch noch die Anwalts- und die Verfahrenskosten auf einen zu. Bei der Entscheidung, ob Einspruch einzulegen sinnvoll ist, kann ein Anwalt helfen, der sich einen Überblick über die Sachlage verschafft – allerdings fallen auch dafür in der Regel schon Kosten an.

Einspruch gegen Bußgeldbescheid - FAQ

Wie lege ich Einspruch ein?

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Der Einspruch selbst muss schriftlich erfolgen, am besten per Brief oder Fax. Manche Behörden erkennen inzwischen auch Anfechtungen per E-Mail an. Wichtig ist es, in dem Schreiben deutlich zu machen, dass es sich um einen Einspruch handelt. Außerdem müssen das Aktenzeichen und natürlich eine Begründung für den Einspruch angegeben werden. Wichtig: Das Einspruchsschreiben sollte auf jeden Fall unterschrieben werden!

Welche Frist habe ich, um Einspruch einzulegen?

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In der Regel muss der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Bußgeldbescheids eingelegt werden. Ist diese Zeit verstrichen, gibt es kaum eine Chance, noch gegen den Bescheid vorzugehen. Selbst ein Anwalt kann dann meistens nicht mehr weiterhelfen.

Welche Kosten kommen auf mich zu?

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Einspruch einzulegen ist natürlich erst einmal kostenlos. Allerdings sollte man sich vorher Gedanken über die Konsequenzen machen. Geht es darum, Akteneinsicht zu erhalten, ist zwingend ein Anwalt nötig, dessen Honorar in den meisten Fällen weit über dem Bußgeld liegen wird. Das muss auch dann bezahlt werden, wenn das Verfahren nach dem Einspruch eingestellt wird. Unter Umständen übernimmt die Rechtsschutzversicherung diese Kosten ganz oder zum Teil.
Außerdem können Kosten für Gutachter oder Sachverständige hinzukommen, beispielsweise um ein Messgerät auf seine Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Die Kosten hierfür belaufen sich schnell auf 1000 Euro oder mehr. Wird der Einspruch abgelehnt, müssen diese Kosten vom Beschuldigten übernommen werden, wird das Verfahren eingestellt, übernimmt die Staatskasse diesen Anteil.

Blitzen: Was darf die Polizei?

Die Verkehrsüberwachung ist in Deutschland Ländersache, deshalb können Art und Umfang von Tempokontrollen lokal sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Grundsätzlich gilt aber: Die Polizei darf ihre Kontrollanlagen tarnen. Die Polizei darf Messwagen auch dort abstellen, wo Halte- oder Parkverbot gilt. Vorsicht: Wer ebenfalls dort hält, um die Beamten zu sprechen, handelt sich eventuell noch ein Knöllchen wegen Verstoßes gegen das Haltverbot ein.
Je nach Bundesland sollen nach internen Anweisungen Messgeräte in einer Entfernung zwischen 75 und 200 Metern hinter einem Tempobegrenzungsschild aufgestellt werden. Das gilt auch für das Ortseingangsschild. Vor Ende eines Tempolimits oder einem Ortsausgangsschild kann das Blitzgerät noch direkt bis an das Verkehrszeichen stehen.
Ebenfalls erlaubt: Tempomessungen durch Hinterherfahren. Dabei kommt in der Regel ein Videonachfahrsystem (Provida) zum Einsatz, das die Fahrt aufzeichnet. Für die Messung sind jedoch strenge Bestimmungen zum Abstand und zur Dauer der Fahrt einzuhalten. Da bei der Tempomessung durch Hinterherfahren oft Messfehler vorliegen, sollte unbedingt geprüft werden, ob sich ein Einspruch lohnen könnte.
Weitere Themen: Action-Cams im Vergleich

Von

Michael Gebhardt