Luxus zum kleinen Preis

Der größte Reiz an großen Luxuslimousinen liegt für Normalverdiener zweifellos an dem riesigen Wertverlust von Neuwagen. Nach drei oder vier Jahren kosten sie oft weniger als die Hälfte ihres Neupreises. Auch der 7er-BMW der Baureihe E65. Vier Jahre nach seiner Präsentation drängen nun zahlreiche Leasing-Rückläufer auf den Gebrauchtmarkt. Warum also nicht statt eines neuen 3ers mit einem gebrauchten 7er in den siebenten Himmel steuern?

Automatikgetriebe, Ledersitze, Navigationssystem sind bei Luxuslinern obligatorisch, höherer Komfort sowieso. Und auch der Unterhalt muß gar nicht so teuer sein. Denn im 7er ist der Dreiliter-Diesel gefragtester Motor – neu wie gebraucht. Ob er im 5er oder im 7er arbeitet, macht in den Unterhaltskosten kaum einen Unterschied.

Frei von Schwächen ist er allerdings nicht. Die Hochdruckpumpe der Common-Rail-Einspritzung sei an erster Stelle genannt, sie ist verantwortlich für etliche Liegenbleiber. Anfang des Jahres erfolgte ein Rückruf, weil Zulieferer Bosch Probleme mit der Pumpen-Haltbarkeit erkannte. Normalerweise sehr zuverlässig: der Turbolader. Mitunter kommt es zu festgebackenen Leitschaufeln, in einigen Fällen auch zu defekten Turbinenrädern. Manchmal ist aber illegales Chiptuning die Ursache des Defekts.

Motor und Technik

Gelegentlich kann es auch zu Undichtigkeiten der Einspritzanlage kommen, doch häufiger treten durchgebrannte Zylinderkopfdichtungen auf. Dem geht fast immer Kühlmittelverlust durch eine undichte Wasserpumpe voraus. Ein Problem, das der Diesel mit den Achtzylinder-Benzinern im 735i und 745i teilt. Die gelten sonst als zuverlässig. Einzig der hoch beanspruchte Keilrippenriemen für die Nebenaggregate sollte regelmäßig gewechselt werden. Abraten möchten wir vom V8-Diesel im 740d. Um Mercedes im Prestigeduell um den stärksten Pkw-Diesel zu überflügeln, wurde der 3,9-Liter-Achtzylinder bis an die Grenzen ausgequetscht – gelegentliche Motorplatzer inbegriffen. Kaum Erfahrungswerte gibt es mit dem seltenen Zwölfzylinder im 760i.

Fest steht schon, daß auch der E65 wieder unter frühzeitigem Verschleiß am Fahrwerk leidet. Übergewicht geht auf die Gelenke. Vor allem schlechte Straßen setzen den Lagern der Querlenker an der Hinterachse zu; vorn sind es mal wieder die Traggelenke, die Spiel bekommen. Gegenüber dem Vorgängermodell klar zuverlässiger arbeitet die obligatorische Sechsgangautomatik von ZF. Nur vereinzelt kommt es zu Ölverlust. Deutlich häufiger treten Störungen der Elektronik auf, da macht der 7er keine Ausnahme.

Besonders ärgerlich: Unregelmäßigkeiten in der Ansteuerung der Kraftstoffpumpe, die zu bockigem Motorlauf oder Stillstand des Triebwerks führten und via Rückruf mit einem Update der Motorsteuerung ausgemerzt wurden. Das war allerdings noch nicht der letzte Rückruf: 2004 kam das Motorsteuergerät noch mal dran und wenig später die zu heiß toastende Sitzheizung. Trotzdem wurden Klagen über die Elektronik ab Baujahr 2003 weniger – ab diesem Zeitpunkt hatte BMW die Bits und Bytes im Griff.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte: • 4/77 kommt der Ur-7er (E23) auf den Markt. Die kleinste Variante, BMW 728, leistete 170 PS (125 kW) • 9/86 Der E32 löst seinen Vorgänger ab. In der Topversion BMW 750i mit Zwölfzylinder-V-Motor und 300 PS (220 kW) • 6/94 Modellwechsel, ab 1994 fährt der E38 in der BMW-Oberklasse. Neuer 750i mit 5,4-Liter-V12, 326 PS (240 kW) • 9/01 Neues Modell E65, Varianten vom 730i mit Sechszylinder (231 PS/170 kW) bis 760i Zwölfzylinder (444 PS/327 kW) • 5/05 Facelift: neue Motoren, Design überarbeitet

Schwachstellen: • Hochdruckpumpe der Diesel-Common-Rail-Einspritzung zeigt Materialschwächen, ein Austausch kommt mit rund 2000 Euro plus Arbeitslohn teuer. • Zylinderkopfdichtungen brennen manchmal nach Wasserverlusten an einer undichten Wasserpumpe durch. • Fahrwerk leidet unter hohem Fahrzeuggewicht. An der Hinterachse sind es die Querlenkerlager (Foto). An der Vorderachse sind Traggelenke und Spurstangenköpfe auffällig. • Elektronik beim E65 haben gerade die Modelle vor 2003 mit Problemen in der Motorsteuerung zu kämpfen. Auffälligkeiten können auch an einem durch den Vorbesitzer nicht beachteten Rückruf liegen. • Keilrippenriemen: Viele Zusatzaggregate forcieren erhöhten Verschleiß.

Reparaturkosten: Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel BMW 730d, 160 kW/ 218 PS, Bj. 2003. Wird der BMW sportlich bewegt, muß mit erhöhtem Bremsenverschleiß gerechnet werden. Kein preiswertes Vergnügen, wenn allein der Wechsel der Klötze 219 Euro kostet.

Fazit und Modellempfehlung



Fazit von Hendrick Dieckmann, AUTO BILD-Gebrauchtwagenexperte: Wer rechnet und Oberklasse fahren möchte, greift zum gebrauchten 7er-BMW. Den Verlust von rund 30.000 Euro muß der Erstkäufer abschreiben. Erste Wahl: der kleine Diesel – er hält sich auch im Verbrauch mit 9,8 Litern moderat zurück. Räuchert der Selbstzünder allerdings wie ein Fabrikschlot, ist Vorsicht angebracht. Fällt die Hochdruckpumpe des Diesels aus, wird es teuer. Grundsätzlich gilt: Wer sich für den 7er entscheidet, bereut den Kauf meist nicht. Denn im Grunde ist der große BMW solide gebaut.

Modellempfehlung: BMW 730d (160 kW/218 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 443 Euro im Jahr/Euro 3 Testverbrauch: Werksangabe 8,5 Liter, gemessen 9,8 Liter (Diesel) Versicherung: Vollkasko (28/300 Euro SB): 1681 Euro. Teilkasko (29/150 Euro SB): 466 Euro. Haftpflicht (23): 888,01 Euro (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion: nach Anzeige, Kosten: etwa 250 bis 450 Euro Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 52 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 3500 Euro Verlust.