Frentzen stahl Häkkinen & Co die Show

"Was, das wird schon mein neunter Grand Prix auf dem Nürburgring? Kaum zu glauben!" Das sagt Heinz-Harald Frentzen, der die Neuzeit der Formel-1-Geschichte in der Eifel nach dem Comeback der modernisierten Traditionsstrecke 1995 komplett miterlebt hat.

Damals triumphierte Michael Schumacher in bis heute unvergessener Manier. Nach verregnetem Start hetzte er den führenden Jean Alesi eine Stunde lang um den Kurs, fräste jeweils Zehntelsekunden vom Rückstand weg und stürzte sich mit seinem Benetton zwei Runden vor Schluss auf den Spitzenreiter. In der Schikane (damals: Vedool-Z) manövrierte er seinen Benetton irgendwie am Ferrari des Franzosen vorbei – die Vorendscheidung im Titelkampf vor tobender Heimkulisse.

Frentzen hätte um ein Haar ein ähnliches Highlight gesetzt. 1999 kam er mit dem Jordan als Hecht im Karpfenteich in die Eifel, stahl Häkkinen & Co (Schumi war verletzt) nach seinem sensationellen Monza-Sieg mit Kundentriebwerk von Mugen-Honda die Show und die Pole-Position. Er hatte plötzlich die Chance zum Titelgewinn. Im Rennen führte HHF für 145 Kilometer, parierte Coulthard-Attacken im schnelleren Silberpfeil, fuhr sich die Hacken ab. Bis zum Boxenstopp: Der lief gut, aber kurz nach dem Anfahren fehlte Frentzen der Vortrieb. Was war geschehen?

Niederlage mit schweren Folgen

Frentzen sah die Speedlimiter-Lampe aufleuchten und dachte: Alles okay. Aber nach jedem Stopp (auch Dreher) und anschließenden Losfahren muss die Anti-Stall-Einrichtung (mit Mindest-Anfahrdrehzahl gegen Abwürgen) wieder ausgeschaltet werden. Nur die gleiche Lampe, die diesen Befehl geben sollte, signalisierte: Speedlimiter aktiv, also alles in Ordnung.

Um das Abschalten des Hauptstroms zu verhindern, hätte Frentzen in der Hitze des Gefechts selbst erkennen müssen, dass noch ein Knopfdruck fehlte: Anti-Stall deaktivieren. Er hätte besser sein müssen als sein Armaturenbrett. Teamkollege Damon Hill rollte im selben Rennen in dieselbe Falle und fast an gleicher Stelle aus.

"Die Niederlage hatte schwere Folgen", sagt HHF heute, "mit einem Sieg im Rücken hätte ich danach weiter attackieren können, so aber war die Titeljagd vorbei. Wir waren so lange über unsere Verhältnisse gefahren, dass die Motivation im Team danach nicht auf dem Toplevel zu halten war und nach diesem Rückschlag etwas einbrach. Das war aber ganz logisch."

Barrichello fuhr 2002 zum Sieg

Die 99er Regenschlacht am Ring ging auch aus anderen Gründen in die Historie ein, weil danach weder David Coulthard noch Ralf Schumacher oder Giancarlo Fisichella vom jeweiligen Vordermann-Ausfall profitierten. Stattdessen gewann Johnny Herbert im Stewart-Ford, was aber angesichts des Frentzen-Dramas von den deutschen Fans kaum wahrgenommen wurde.

Frentzen hat das abgehakt. "Ich komme mit ganz normalen Gefühlen zum Ring. Ein paar Tage vor dem Rennen wird sich das übliche Kribbeln einstellen. Aber außer dem Zuspruch der Fans ist das ein GP wie jeder andere. Wir brauchen nach etlichen Ausfällen mit Sauber jetzt etwas Glück. Der Ferrari-Motor macht zu oft schlapp, das wird hoffentlich geändert, sodass Nick (Heidfeld; die Red.) und ich mal wieder in die Punkte fahren können." Vielleicht regnet es ja, dann kann HHF in der Eifel etwas nachholen.



In der Bilder-Galerie (Link unterhalb des Fotos) erklärt Heinz-Harald Frentzen, worauf man während des Fahrens auf dem Nürburgring achten muss – Kurve für Kurve.

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