Honda Jazz Hybrid: Dauertest
Rüstig, aber rostig!

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Der Honda Jazz lief 100.000 Kilometer wie ein Uhrwerk. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Die Japaner haben am Korrosionsschutz gespart, und der Hybrid verbraucht mehr als erwartet.
Bild: Toni Bader
Im Gartencenter wartet eine große Yuccapalme. Die Jungs von AUTO BILD TV müssen mit Kamera und Co zum Testgelände. Ein paar Werbedisplays sollen zur Messe gebracht werden, und zwar aufrecht, ohne Auseinanderbauen. Wenn in der Redaktion ein talentierter Packesel gefragt ist, trumpft in den letzten beiden Jahren häufig einer auf, dem man Jobs wie diese auf den ersten Blick nicht zutraut. Doch Raum ist in der kleinsten Hütte: AUTO BILD-Vize Christian Steiger erhebt den Honda Jazz wegen seines bequemen Zustiegs und durchdachten Raumkonzepts sogar in den Rang einer Alternative zur ersten Mercedes A-Klasse. Auch das überrascht: Gut einen halben Meter kürzer als ein Opel Astra, kann gegen den Honda Jazz selbst mancher Kombi einpacken. Sein 303 bis 1384 Liter großer Laderaum sowie die Möglichkeit, durch Hochklappen der Kissen Sperrgut unter Ausnutzung der vollen Innenhöhe stehend vor der Rücksitzbank zu transportieren, beeindrucken selbst alte Hasen. So sehr, dass eine technische Besonderheit beinahe zur Randnotiz verkommt. Was auch daran liegt, dass der Hybridantrieb über die Distanz von 100.000 Kilometern keinerlei Probleme macht.
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Dennoch: Haben Dienstreisende, Hobby-Spediteure und Familienväter ihre Lobeshymnen ins Logbuch notiert, rückt das bei Kleinwagen exotische Duo aus Benziner und Elektromotor in den Fokus. Online-Redakteur Michael Voß bringt auf den Punkt, was viele denken: "Der Hybrid ist für die Stadt gemacht, dort spielt er seine Stärken aus." Tatsächlich kurvt der Honda flott und leise durch die City; die stufenlose Automatik ist ein perfekter Stress-Killer im Stop-and-go-Betrieb, auch wenn sie ab und zu mit Anfahrruckeln nervt. Jenseits des Ortsschilds wendet sich das Blatt jedoch. Hier wirkt der Motoren-Mischling angestrengt. Beim Beschleunigen heult der Benziner auf wie eine Katze, der man auf den Schwanz getreten hat. Vor allem schnelle Autobahnetappen bedeuten Dauerstress fürs Doppelherz. Wenn es mit seinen 98 PS Systemleistung so richtig ackern muss, ist der 40-Liter-Tank bereits nach kaum 400 Kilometern trocken. Sparsamkeitsrekorde stellt der Jazz aber auch dann nicht auf, wenn der 14 PS starke Stromer den Benziner maximal entlastet, also in der Stadt.Rein elektrisches Fahren bleibt ohnehin Wunschdenken bei Hondas simpel konstruiertem Mildhybriden, der den Elektromotor nur zum Unterstützen des Benziners und zum Recyceln von Bremsenergie nutzt, aber nie als alleinigen Antrieb. Die versprochenen 4,6 Liter Stadtverbrauch erreicht der Jazz nicht mal im Normzyklus. Auf dem DEKRA-Rollenprüfstand laufen im standardisierten Messverfahren 4,86 Liter pro 100 Kilometer durch. Auch der unter Alltagsbedingungen ermittelte Dauertestschnitt von 7,2 Litern ernüchtert, obwohl er durch den hohen Autobahnanteil sicher ein paar Zehntel nach oben streut. Mehr als einmal taucht daher im Fahrtenbuch die Frage auf, ob der konventionelle, bei Testbeginn 2700 Euro günstigere Benziner nicht auf ähnliche Werte gekommen wäre.
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Auch Kollege Joachim Staat mag den cleveren Japaner, allerdings fallen ihm auch Qualitätsmängel auf: Ein nachlässig eingepasster Handschuhfachdeckel und wurstige Schweißnähte künden ebenso vom Rotstift wie das blecherne Türschließgeräusch, sind aber zunächst nicht mehr als Schönheitsfehler. Als der Winter naht, klagen viele über die schwache Heizung. Die kalte Jahreszeit mit ihren gepökelten Straßen macht dem Jazz jedoch auch an anderer Stelle zu schaffen. Das wird allerdings erst deutlich, als der Honda unter dem strengen Auge von DEKRA-Experte Günther Schiele in seine Einzelteile zerlegt wird. An vielen Stellen hat Rost den hauchdünn aufgetragenen weißen Lack unterwandert, betroffen sind neben den Karosserieblechen auch Fahrwerkteile und die Schraubstellen von Massekabeln. Ursache: zu sparsam aufgetragener Korrosionsschutz. Noch ist alles unbedenklich. Auch die Note "Eins" verhindern die Rostansätze nicht, da wir mit der Abschlussnote ja nur die Zuverlässigkeit bewerten. Bei weiterer Benutzung drohen jedoch kosmetische Reparaturen, wenn nicht mehr – ein hässlicher brauner Fleck auf der weißen Weste dieses großen Kleinen.
Weitere Ergebnisse aus der abschließenden Inspektion des Honda Jazz finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt es im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.
Fazit
Rost nach kaum zwei Jahren ist kein Ruhmesblatt, aber sonst hat sich der Honda Jazz mustergültig geschlagen. Im Alltag punktet er vor allem mit seinem praktischen Raumkonzept. Der Hybridantrieb kann nur eingeschränkt überzeugen, sein Sparpotenzial ist gering. Bei defensiver Fahrweise hätte man mit dem normalen Benziner auch nicht mehr verbraucht, aber beim Kauf viel Geld gespart.
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