Hyundai gilt als großer Aufsteiger, aber was können die Autos im Dauertest? Der i30 Kombi bietet keine Überraschung, überzeugt aber mit ehrlicher Qualität.
Hyundai – das spricht niemand mehr falsch aus. "Jun-dai." Stand lange für brave Langweiler-Autos, dicke Werbebanden bei der Fußball-WM und fünf Jahre Garantie. Vorbildlich! Die Marke gilt als Aufsteiger des vergangenen Jahres, im großen Preis-Leistungs-Vergleich von AUTO BILD schafften die Koreaner ein Unentschieden gegen VW. Aber wie steht es um die Zuverlässigkeit? Was halten die Autos im Alltag, wenn sie ein paar Winter auf dem Buckel haben? Da passt es doch bestens, dass gerade ein Hyundai i30cw unseren Dauertest absolvierte. Der kompakte Kombi tritt größenmäßig gegen den Golf Variant an, kostet jedoch als 1.6 Style mit dem 126-PS-Benziner für 21.880 Euro ein paar Tausender weniger.
Seit April 2010 gewährt Hyundai auf die i30-Baureihe fünf Jahre Fahrzeuggarantie ohne Kilometer-Begrenzung.
Dafür gibt es einen Fünftürer im aufpreisfreien Crystal White, mit Audiosystem, Klimaautomatik, Dachreling, 16-Zoll-Alurädern und Navisystem. An Ausstattung hat es Hyundai nie gefehlt ... Eher schon am Dämmmaterial. Oder einfach an einem kultivierten Motor, denn der 1,6-Liter dröhnt so laut, dass man "sich auf der Autobahn nur anbrüllen kann", wie Redakteur Claudius Maintz im Fahrtenbuch notiert. "Der schreit förmlich nach einem sechsten Gang" – nach einem, der die Drehzahl ebenso senkt wie den zu hohen Verbrauch. 9,2 Liter Testschnitt beweisen, dass der Hyundai auf Langstrecken gescheucht wurde. Auch, weil ihm bei höheren Drehzahlen die Puste ausgeht. Dazu kam das häufige Abwürgen an der Ampel.O-Ton im Fahrtenbuch: "Hat der eine Anfahrschwäche oder ich?" Dieser Benziner ist zu Recht unbeliebt, rund sieben Prozent der Käufer entschieden sich für ihn. Und das färbte anfangs auch auf unseren generellen Eindruck vom i30 ab. "Ein Typ für Menschen, denen das Auto egal ist", hielt Testchef Andreas Borchmann fest. Der i30cw zählt sicher nicht zu den Dynamikern, scharrt bei Nässe mit den Vorderrädern um Halt und hat eine teigige Lenkung. So ein anspruchsloser Arbeiter verlangt Gewöhnung, um mit ihm warm zu werden. Erst auf Langstrecken eroberte der Hyundai seine ersten Fürsprecher."Das Fahrwerk ist auf Reisen doch angenehm", so TV-Redakteur Dennis Petermann nach einer Solo-Fahrt. "Trotz der Lautstärke bin ich zufrieden." Der Radioempfang blieb über große Distanzen erstaunlich stabil, der Sound klang rundum gut. Die Anschlussmöglichkeiten für Aux und USB sind leicht zu erreichen und gut zu bedienen, doch der Musikspeicher im iPhone wird nicht erkannt. Veraltete Technik steckt auch im Navi, das mit sechs CDs bestückt werden muss und im deutsch-belgischen Grenzgebiet völlig den Durchblick verlor. Der fehlte auch dem Reiserechner, der von 60 Kilometer Restreichweite auf null sprang. Und dem Kollegen Jürgen von Gosen, weil die Sprühwasser-Düsen nicht hoch genug zielen, sodass ab 50 km/h nur die untere Hälfte der Frontscheibe nass wird. Blöd bei Schmuddelwetter.
Im Heck des Hyundai i30cw ist reichlich Platz für Gepäck: Höhe 0,76 Meter, Breite 1,05 Meter, Tiefe 0,90-1,64 Meter.
Noch blöder, dass sie nicht von Hand zu verstellen sind – stattdessen muss die Werkstatt höher sprühende Düsen einbauen. Als schließlich auch diese Kritik verstimmt, finden sich immer öfter positive Urteile wie das von AUTO BILD KLASSIK-Redakteur Frank B. Meyer: "Ein angenehmes Auto, das nicht nervt: breite, komfortable Sitze, viel Platz im Fond, leicht zu beladender Kofferraum und übersichtliche Bedienung." Überhaupt, dieses Cockpit: zwar wieder im traurigen Grau und eine ganze Ära liebloser gestaltet als in neuen Hyundai wie dem i40. Aber: Es ist sofort zu verstehen, da müssen die Finger nicht ziellos herumfummeln, welche Wohltat! Ein sicheres Zeichen: Die Bedienungsanleitung glänzt nach 100.000 Kilometern wie neu, darin wurde kaum geblättert.Bis auf die Seiten für den Wechsel der Glühbirnen. Die Leuchten sind das Einzige, was im i30 kaputtging, aber das gleich satzweise! Weil der Motorraum so verbaut ist, musste das Auto jedes Mal in die Werkstatt – was so gar nicht zum handfesten Charakter des i30 passt. Es waren Spannungsspitzen, die die Glühlampen dahinrafften – diese Ursache stellten die Koreaner inzwischen ab. Der Hyundai hatte sich längst den Ruf einer ehrlichen Haut erworben, als seine weiße Weste gegen Dauertestende noch unerwartete Flecken bekam. Dass die Oberfläche am Lenkrad abblätterte, wollen wir als Einzelfall "aufgrund verschiedener Kosmetika", wie Hyundai meint, akzeptieren. Ebenso die schwachen Halteclips am Griff des Kofferraumrollos, der deshalb gern abfällt.Die Lackablösungen an der Frontschürze ließen sich als Steinschlagschaden identifizieren. Peanuts, würden deutsche Banker sagen. Nein, echtes Stirnrunzeln verursachten die braunen Stellen, die nach 90.000 Kilometern an Dachvorderkante, rechter Beifahrertür und an der Heckklappe auftraten. Das war doch nicht etwa ...? Tatsächlich: Rost. An einem Koreaner! An einem Hyundai mit Vorbild-Garantie und Hält-ewig-Versprechen! Unsere Untersuchung ergab, dass die Lackierung mit 80 bis 100 Tausendstelmillimetern ungewöhnlich dünn ausgefallen war, normal sind rund 130 Tausendstel Stärke. Auf AUTO BILD-Anfrage hat Hyundai bestätigt, dass der Lack im Werk sparsam aufgetragen wird. Solche Rostschäden würden als Garantiefall behandelt und behoben. Im Ernstfall bekäme der Kunde eine neue Tür.Natürlich haben wir sofort in unseren Kummerkasten geschaut, aber dort landeten bislang kaum Kundenbeschwerden zum i30. Rost ist bislang kein Problem. Die Ursache für die Scheuerstelle an der Heckklappe hat der Hersteller inzwischen beseitigt, auch andere Schwachstellen wurden in der Produktion geändert. Das Navigationssystem hat Hyundai gegen ein moderneres Gerät von LG getauscht, der laute Motor muss einem modernen Turbo im Nachfolgemodell weichen, das schon vor der Tür steht: Im Juli dieses Jahres präsentiert Hyundai bereits den neuen i30 Kombi, der technisch wie optisch einen kräftigen Satz nach vorn machen wird. Einen Wunsch hätten wir für den Neuen: Verlängert die Wartungsintervalle, die uns alle 20.000 Kilometer in die Werkstatt zwangen. Ein so sorgenfreier, zuverlässiger Typ darf ruhig an der längeren Leine fahren.
Fazit
von
Joachim Staat
Der Hyundai bietet weder beste Materialqualität noch aktuelle Spritspartechnik – trotzdem gewinnt er auf Dauer Sympathien durch hohe Zuverlässigkeit, einfache Bedienung und guten Fahrwerkkomfort. Eine ehrliche Haut, die mit Note 3 aber schlechter abschneidet als der eng verwandte Kia Soul. Der Rost ist mehr als ein Imageproblem: Beim Lack darf Hyundai nicht sparen!