Angriff, Wachstum, hohe Qualität zum günstigen Preis – so sieht sie aus, die Hyundai-Strategie. Erst schickten die Koreaner Klein- und Kompaktwagen nach Deutschland, dann attraktive SUV, nun wollen sie auch in der Mittelklasse Gas geben. Von Steigerungsraten bei den Neuzulassungen weit über zehn Prozent können Konkurrenten wie Opel nur träumen. Nun greift auch noch der Hyundai i40 den Insignia an, das Rüsselsheimer Flaggschiff. Noch liegt der Opel mit rund 12 000 verkauften Fahrzeugen im laufenden Jahr vorn; vom i40 konnte Hyundai aber bereits 5000 Stück absetzen. Die Limousine aus Asien konkurriert direkt mit dem Insignia.
Weitere leise Limousinen mit Dieselmotor

Überblick: Alle News und Tests zum Opel Insignia

Opel Insignia
Verkehrte Welt: Der Opel Insignia ist deutlich billiger als der einstige Discount-Anbieter aus Asien.
Opel hat sein größtes Modell gerade frisch überarbeitet und wehrt sich nun auch an der Preisfront gegen die Konkurrenz aus Korea. Mit einem Grundpreis von 27.710 Euro unterbietet der Insignia 2.0 CDTI den i40 1.7 CRDi in Basisausführung um 530 Euro. Zwischen dem Opel-Testwagen als neu eingeführter Business Edition und dem Premium-Modell von Hyundai liegen sogar mehr als 4000 Euro. Verkehrte Welt: Der Opel ist deutlich billiger als der einstige Discount-Anbieter aus Asien. Klar, der Hyundai hat mit elektrischen Sitzen inklusive Heizung und Belüftung sowie Navigationssystem mehr Komfort als klassenüblich. Ein karges Auto ist aber auch der Opel nicht. Er bietet eine Klimaautomatik, einen rückenfreundlichen Fahrersitz (AGR), Parkpilot, Sitzheizung und Farb-Navigationssystem. Großer Vorteil des Insignia sind seine Talente als Gepäckträger sowie sein variabler Innenraum. Anders als Hyundai baut Opel die Limousine nicht nur mit klassischem Stufenheck, sondern für 390 Euro Aufpreis auch mit großer Fließheckklappe, die zusammen mit der Heckscheibe nach oben schwingt. Diese Lösung ist im Alltag viel praktischer als der schmale Kofferraumschlitz, der sich im Stufenheck des i40 auftut. Folglich gewinnt der Opel das Karosseriekapitel mit klarem Vorsprung.

Überblick: Alle News und Tests zum Hyundai i40

Hyundai i40
Sparsam ist anders: Der Hyundai i40 verbraucht fast einen Liter mehr als sein Konkurrent.
Bei Motor und Getriebe gehen beide Hersteller ähnliche Wege. Quer eingebaute Vierzylinder-Diesel mit Sechsgangschaltung sind Standard in dieser Klasse. Und dennoch sind die Unterschiede erheblich. Opels Motor hat rund 300 Kubikzentimeter mehr Hubraum, erzielt dadurch etwas mehr Höchstleistung und das kräftigere Drehmoment bei niedrigerer Tourenzahl. Dieser motorische Vorteil wird vor allem durch den niedrigeren Verbrauch angenehm spürbar: Der Insignia schluckt fast einen Liter Diesel weniger als der Hyundai – fünf Liter sind ein hervorragender Wert, auch wenn die Werksangabe bei unglaublichen 3,7 Litern liegt. Das ist reine Theorie. Der Opel erkauft sich seinen geringeren Spritdurst durchs erheblich länger übersetzte Getriebe. Das hat eine spürbar trägere Elastizität zur Folge. Beim Zwischenspurt von 60 bis 100 km/h im fünften Gang fällt der Insignia weit hinter den Hyundai zurück. Trotzdem lässt sich der Opel durchaus sportlich bewegen. Dann nämlich, wenn sein Fahrer oft und gern zum Schalthebel greift, um dadurch die Drehzahlen in den oberen Regionen zu halten. Bei Tempo 130 im sechsten Gang dreht der Hyundai 2600 Touren, während der Opel bei gleicher Geschwindigkeit bei nur 1900 Umdrehungen dahindümpelt.
Beide Modelle sind solide motorisiert und schaffen mit viel Anlauf 200 km/h. Vom Motorlauf her sind sie eher Arbeiterklasse als High Society. Sie klingen nach Werft: kernig, laut, rustikal – der Opel noch eine Nuance rauer als der Hyundai. Obwohl zehn Zentimeter länger, fühlt sich der Insignia wendiger an. Seine Lenkung reagiert direkter, und das Fahrwerk gleicht Unebenheiten harmonischer aus. Großes Kompliment an die Opel-Ingenieure: Viel besser als beim überarbeiteten Insignia kann man Federn und Dämpfer nicht aufeinander abstimmen. Das 930 Euro teure Flex-Ride-System, ein einstellbares Fahrwerk, können sich Käufer angesichts des hohen Fahrkomforts sparen – zumindest bei dieser konservativen Dieselmotorisierung.
Hyundai i40 Opel Insignia
Vorteil Opel: Der Insignia lässt sich runder und angenehmer fahren als der Hyundai i40.
Der Hyundai fällt im direkten Vergleich jedenfalls stark ab. Sitze und Sitzposition erreichen nicht die Güte des Insignia. i40-Fahrer ab Körpergröße 1,80 Meter sitzen zu hoch und damit gefühlt eher auf als in dem Auto. Auf Kopfsteinpflasterstrecken nervt der Armaturenträger mit unfeinen Knistergeräuschen; auch die Verarbeitungsqualität der Karosserie vermag nur bedingt zu überzeugen. Der viel zu leichtgängigen Lenkung fehlt jede Form der Rückmeldung. Dazu kommt eine ungenaue Schaltführung, die aber leider auch beim Opel nur mäßig ist. So kann keine Fahrfreude aufkommen. Kurzum: Der Opel lässt sich runder und angenehmer fahren. Bei hohem Autobahntempo wirkt er zudem ruhiger und hat den besseren Geradeauslauf. Derart große Unterschiede zwischen zwei Mittelklasse-Testkandidaten hat AUTO BILD lange nicht erlebt. Oder anders gesagt: Eine ausgereifte Reiselimousine zu bauen, muss Hyundai erst noch lernen.
Weitere Details zu Hyundai i40 und Opel Insignia gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen lesen Sie in AUTO BILD 43/2013 oder als Download im Online-Heftarchiv.

Fazit

Opel hat seine Hausaufgaben gemacht. Die ehemals graue Maus Insignia ist nach der Überarbeitung mit besserer Ausstattung und niedrigerem Preis zum Siegertypen geworden. Den aggressiven Angreifer aus Korea steckt der große Opel jedenfalls locker in die Tasche. In diesem Vergleich präsentiert sich der i40 chancenlos. Vor allem im Fahrbetrieb fehlen dem Koreaner die Raffinesse und der Feinschliff des Opel.