Kein Hersteller traute sich heran. Hybridtechnik im Serienauto? Zu komplex, zu schwer, zu teuer. Toyota sah das anders und überraschte 1997 mit der ersten Generation des Prius: außen eine biedere Stufenhecklimousine im rund gelutschten Bio-Design der 90er-Jahre, unter dem unförmigen Blech jedoch die Sprit und Nerven sparende Technologie der Zukunft. 19 Jahre, drei Prius-Modellgenerationen und etlicheAUTO BILD-Dauertests später wissen wir: Der Toyota-Hybridantrieb funktioniert. Und hält. Perfekt, zuverlässig, langfristig. Das sehen auch die Kunden so, denn der Prius ist mit 3,5 Millionen Exemplaren das mit Abstand meistverkaufte Hybridauto der Welt.

Hyundai setzt beim Ioniq auf zurückhaltendes Design

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Video: Hyundai Ioniq vs Toyota Prius (2016)

Hybrid-Vergleich

Verständlich, dass Senkrechtstarter Hyundai auf diesem wichtigen und zukunftsträchtigen Markt nicht weiter fehlen darf. Und die Koreaner kleckern nicht, sondern klotzen gleich dreifach: Den vom Prius inspirierten Ioniq gibt es nicht nur als Hybrid, sondern auch als Plug-in-Hybrid (ab 2017) und als reines Elektroauto. AUTO BILD ist den Ioniq Hybrid bereits gefahren und hat zum Vergleich das Original mitgebracht. Erster optischer Eindruck: Extrovertierte Avantgarde trifft auf mutlosen Massengeschmack. Toyota hat den Prius in seiner vierten Generation derart angeschärft, dass das Design sicherlich nicht jedem gefällt. Wer den Hyundai zum ersten Mal sieht, wird sich an keiner Sicke oder Kante stoßen – der Neue fällt nicht auf. Einsteigen, der Eindruck setzt sich fort. Klassisches Cockpit-Layout im Ioniq, auch Hybrid-Neulinge finden sich sofort zurecht. Alle Schalter und Bedienelemente sind so angeordnet wie in jedem Hyundai: sauber sortiert und logisch zu bedienen. Keine Spielereien oder unkonventionelle Lösungen wie im Prius, in dem man sich im direkten Vergleich wie auf der Brücke eines Raumschiffs fühlt.
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Toyota hat den Prius deutlich angeschärft

Toyota Prius
Verbessert: Der Prius ist mittlerweile ein agiles Auto, sein Benziner bleibt jetzt auch angenehm leise.
Bild: Toni Bader
Und in dem man etwas komfortabler sitzt, vor allem hinten. Dort bietet der Toyota mehr Kopffreiheit als der Hyundai, bei dem 1,80 Meter große Fondpassagiere den Schädel einziehen müssen. Noch ein Toyota-Vorteil: Die Materialien im Innenraum wirken hochwertiger. Doch ein Hybridauto ist kein Wohnzimmer, also fahren wir los. Zuerst mit dem Ioniq, dessen Besonderheit das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe ist, der Prius hat stattdessen ein stufenloses Automatikgetriebe. Auf den Druck auf den Startknopf reagiert der Hyundai mit hybridtypischer Lautlosigkeit, sanft stromert der Ioniq los. Beim ersten beherzten Tritt aufs Gas schaltet sich der Verbrenner ein – nicht aufdringlich, aber auch nicht eben leise, das Verbrennergeräusch ist kernig. Sanftes Dahinrollen liegt dem Ioniq, dazu passen sein komfortabel abgestimmtes Fahrwerk und die ruhig agierende Lenkung. Enttäuschend ist jedoch die träge Reaktion des Doppelkupplungsgetriebes auf Gaspedalbewegungen: Das Getriebe hält die eingelegte Fahrstufe lang, wechselt die Gänge nur unwillig, auch wenn der Wählhebel in der Sport-Schaltgasse steht.
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Dem Prius wurde oft vorgeworfen, dass er bei starkem Beschleunigen bedingt durch seine stufenlose Automatik laut aufheult. Doch die aktuellste Version des Hybridpioniers zeigt sich akustisch deutlich entschärft, der Benziner bleibt recht leise. Wer direkt vom Ioniq in den Prius umsteigt, dem fällt vor allem auf, wie agil der Japaner mittlerweile ist.

Den Vergleich an der Kasse gewinnt der Neuling

Toyota Prius  Hyundai Ioniq Hybrid
Preiswerter: Der Ioniq kostet 4250 Euro weniger als der Prius und hat zudem die längere Garantie.
Bild: Christoph Börries
Er reagiert spontaner sowohl auf Gas- als auch auf Lenkbefehle, seine Lenkung bietet mehr Rückmeldung. Bei allem Hybrid-Hightech fällt bei beiden ein antiquarisches Detail auf: die weit in den Fußraum hineinragende, mechanisch wirkende Fuß-Feststellbremse. Wichtigster Kaufgrund beim Hybrid ist der Verbrauch. Hyundai verspricht 3,4 Liter pro 100 Kilometer, Toyota 3,0 Liter, im AUTO BILD-Test konsumierte der Prius exakt 5,2 Liter, eine Abweichung von 73 Prozent vom Normverbrauch. Ob es dem Ioniq ähnlich geht, wird ein späterer Test zeigen. Richtig auftrumpfen kann der Ioniq beim Kaufpreis: Der Neuling ist in der günstigsten Variante (Ioniq Hybrid Trend) bereits ab 23.900 Euro zu haben, der Toyota kostet in der preiswertesten Variante 4250 Euro mehr. Auch die Garantie spricht für den Hyundai: Volle fünf Jahre bieten die Koreaner, nur drei sind es beim Toyota.

Technische Daten Hyundai Ioniq Hybrid:Motor: Vierzylinder plus E-Motor, vorn quer • Hubraum: 1580 cm³ • Systemleistung: 104 kW (141 PS) • max. Drehmoment: 147 Nm (Benziner) + 170 Nm (E-Motor) • Vmax: 185 km/h • 0–100 km/h: 10,8 s • Antrieb: Vorderrad, Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe • Tankinhalt: 45 l • L/B/H: 4470/1820/1450 mm • Kofferraum: 443-1505 l • Leergewicht: 1445 kg • EU-Mix: 3,4 l Super/100 km • Abgas: CO2 81 g/km • Preis: ab 23.900 Euro
Technische Daten Toyota Prius: • Motor: Vierzylinder plus E-Motor, vorn quer • Hubraum: 1798 cm³ • Systemleistung: 90 kW (122 PS) • max. Drehmoment: 142 Nm (Benziner) + 163 Nm (E-Motor) • Vmax: 180 km/h • 0–100 km/h: 10,6 s • Antrieb: Vorderrad, stufenlose Automatik • Tankinhalt: 43 l • L/B/H: 4540/1760/1470 mm • Kofferraum: 501-1633 l • Leergewicht: 1450 kg • EU-Mix: 3,0 l Super/100 km • Abgas CO2: 70 g/km • Preis: ab 28150 Euro

Fazit

Gut gemacht, Hyundai! Mit dem Ioniq feiern die Koreaner einen gelungenen Einstand ins Hybrid-segment. Doch der nahezu ebenso frische Prius kann fast alles etwas besser: Er ist agiler, harmonischer, hat mehr Platz – kostet aber 4250 Euro mehr.