"Wir machen definitiv Fortschritte"

AUTO BILD MOTORSPORT: Mister Webber, nach acht Wochen Vorsaisontests: Wo stehen Sie selbst als Neuling im Topteam BMW-Williams? Und wo steht das Team kurz vor Saisonbeginn am 6. März in Melbourne? Mark Webber: Ich fühle mich persönlich gut und bin bereit, habe den Winter über ordentlich, aber nicht übermäßig trainiert und bin viel gefahren. Bis Saisonstart werde ich jeden Tag im Auto sitzen, ohne Verschnaufpause. Zum Team kann ich sagen, daß es hart und gut gearbeitet hat. Wir machen definitiv Fortschritte. Aber wo wir beim Rennen in Melbourne stehen, weiß kein Mensch. Dafür sind die Kräfteverhältnisse noch zu unübersichtlich.

Sie müssen doch wissen, ob der FW27 Siegpotential hat? Einiges an dem Auto gefällt mir sehr gut: die aerodynamischen Details, die Installation von Motor und Getriebe, auch im Cockpit wurden einige sinnvolle Veränderungen vorgenommen. Und ich war im FW26 von 2004 in Barcelona immer schneller als in meinem alten Jaguar. Ich bin zufrieden.

Beschreiben Sie doch bitte mal den Unterschied zwischen einem Team wie Jaguar, aus dem sie kommen, und einem doppelt so großen wie BMW-Williams. Sie sagen es: Der Unterschied ist wirklich die Größe. Als ich herkam, war ich überrascht, wie gut Jaguar vergleichsweise organisiert war. BMW-Williams arbeitet ähnlich. Nur: Wenn Jaguar einen Kopf wie Teammanager David Pitchforth hatte, gibt es hier Dutzende Leute solchen Kalibers. Ein Nachteil davon ist, daß die interne Kommunikation dadurch schwieriger wird. Aber wir kommen klar. Was mich wirklich beeindruckt, ist die Arbeitshaltung der Mechaniker und Ingenieure. Die ackern oft bis zwei, drei Uhr nachts. Manchmal werfen sie den Motor um Mitternacht noch an. Und wenn ihnen der Sound nicht gefällt, nehmen sie die Kiste komplett auseinander. Morgens stehen sie wieder voll motiviert auf der Matte.

Ohne Schumi nur den halben Spaß

Williams gilt als kalte Heimat für Piloten. Schon gefroren? Hier zählt nur Erfolg, klar. Wir kommen aber gut miteinander aus. Doch ich bin nicht in den Flitterwochen. Wir haben bereits eine funktionierende Arbeitsbeziehung. Wie die sich unter Druck entwickelt, wird entscheidend sein. Wer wirklich Williams fahren will, ist hier gut aufgehoben. Sie pumpen einem die Reifen auf und stellen das Auto tiptop hin. Wer mehr will, ist hier fehl am Platz.

Sie haben erst einen fünften Platz vorzuweisen, 2002 im Minardi rausgefahren. Und sitzen schon in einem Topteam. Ist dieser rasante Aufstieg nicht ungesund? Ich habe noch nichts vorzuweisen. Aber die Resultate täuschen. Ich bin bei Jaguar einige bessere Rennen gefahren und nur schlechter angekommen, weil vor mir weniger ausgefallen sind als üblich. Ich bin spät eingestiegen, dann Schritt für Schritt nach oben gekommen. Jetzt zu BMW-Williams. Daran bedauere ich nur, daß ich nicht wie von Flavio Briatore geplant bei Renault gelandet bin und nicht Fernando Alonso als Teamkollegen kriege. An ihm hätte ich mich gern gemessen.

Jetzt wird Nick Heidfeld Ihr Partner. Wurde er als Testsieger über Antonio Pizzonia zu Recht nominiert? Absolut! Es war sehr knapp, aber fair. Nicks Erfahrung gab wohl den Ausschlag. Wir sind ein gutes Team.

Träumen Sie schon vom ersten Podestplatz? Klar! Aber wenn der erst mal Realität ist, will man mehr.

Werden Sie Rennen gewinnen? Ja, wir werden dieses Jahr gewinnen, definitiv.

Gegen Michael Schumacher? Ja sicher, man muß ihn schlagen. Es wäre nur der halbe Spaß, wenn er ausfällt oder nicht dabei wäre. Das Problem daran ist: Man entwickelt sich immer weiter, um es zu schaffen. Aber er entwickelt sich ebenfalls immer weiter. Deshalb ist das ein Nonstop-Kampf gegen ihn.

Sie fahren 2005 ein Rennen mit einem Reifensatz. Auch ein Spaß? Bestimmt nicht, weil die Walzen weniger Grip bieten und das Auto überhaupt. Wir sind langsamer. Aber man muß intelligenter fahren. Das hat auch was.

Mark Webber im Kurzporträt

Name: Mark Webber • Geboren: 27.8.1976 • Geburtsort: Queanbeyan (AUS) • Wohnort: Aylesbury (GB) • Nationalität: Australier • Familienstand: ledig • Erlernter Beruf: Rennfahrer • Hobbys: Mountainbike, Squash, Tennis

Karriere: Als Spätstarter kam Mark Webber 1991 zum Kartsport, 1994 wechselte er in die australische Formel Ford. 1996 wurde er Zweiter der britischen F-Ford (zwei Siege), 1998 Zweiter der FIA-GT-Serie mit Mercedes. Einige Berühmtheit erlangte er 1999 mit seinem spektakulären Überschlag im 24-Stunden-Rennen von Le Mans. 2000 wurde Webber Dritter in der Formel 3000, ein Jahr später Zweiter. Seit 2002 fährt der Australier in der F1; mit Minardi wurde er bei seinem Debüt in Melbourne sensationeller Fünfter. 2003/04 wurde er mit Jaguar WM-10. und -13. In dieser Saison startet Mark Webber für das Team BMW-Williams.