Kurbelwelle: Schäden, Reparatur, Kosten
Was tun, wenn die Kurbelwelle defekt ist?

—
Schäden an der Kurbelwelle sind bei modernen Autos selten, kommen aber immer noch vor. Lohnt sich eine Reparatur? Und mit welchen Kosten ist zu rechnen? AUTO BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.
Die Kurbelwelle ist beim Verbrennungsmotor ein zentraler Punkt, an dem alles zusammenkommt: Das Auf und Ab der Kolben muss gebändigt und am Ende dazu gebracht werden, mittels einer Drehbewegung das Getriebe und schlussendlich die Antriebsräder mit Kraft zu versorgen. Fällt das wichtige Bauteil durch einen Defekt aus, wird es meist teuer.
Kurbelwellenschäden: Ursachen und Symptome
Grundsätzlich sind Schäden an der Kurbelwelle selten geworden. Falls doch mal einer auftritt, kommen zwei Ursachen in Frage: Ölmangel oder Überdrehzahl. Letzteres ist kaum noch möglich, seit Elektronik alle Motorfunktionen überwacht und bei zu schwerem Gasfuß an der Schwelle zum roten Bereich auf dem Drehzahlmesser den Sprit abdreht. Es soll aber immer wieder vorkommen, dass jemand beim zügigen Fahren statt des vierten Gangs den zweiten erwischt, was bei genügend Tempo in der Regel mit dem Abriss eines Pleuels und/oder Bruch der Kurbelwelle endet. Häufiger ist Ölmangel, der zuerst die Pleuellager zerstört und später die etwas größer dimensionierten Hauptlager, in denen sich die Welle dreht.
Allerdings dauert es eine ganze Weile, bis tatsächlich ein Schaden auftritt. Teilweise bis zu einer Viertelstunde, bis das Restöl in den engen Passungen der Gleitlager aufgebraucht ist und zerstörerische Trockenreibung einsetzt. Weil aber die meisten Motoren heute einen Turbolader besitzen und der nicht mal zehn Sekunden ohne Öl überlebt, kommen auch Kurbelwellenschäden wegen Ölmangel kaum noch vor, weil es eben lange vorher den Turbo zerlegt. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass doch, lassen sich die typischen Schäden am Geräusch eingrenzen: Ein helles Klackklack im Rhythmus der Motordrehzahl verrät ein defektes Pleuellager; ein bei jeder Drehzahl hörbares Grummeln bis hin zum Poltern aus den Eingeweiden des Motorblocks deutet auf defekte Kurbelwellenlager hin.
Reparatur und Kosten eines Kurbelwellenschadens
Natürlich freut sich jeder Motoreninstandsetzer, wenn er eine Kurbelwelle ausbauen und die betroffenen Lagerstellen auf Untermaß schleifen darf. Anschließend prüft er die Härte der Lagerzapfen und muss diese vielleicht einer Wärmebehandlung unterziehen, denn zu weiche Lager würden schnell verschleißen. Nach einer Wärmebehandlung muss dann noch der Rundlauf geprüft werden, die meisten Wellen dürfen nicht mehr als einen Hundertstelmillimeter eiern, könnten sich aber beim Härten verzogen haben. Das Richten einer Kurbelwelle jedoch ist eine anspruchsvolle Aufgabe und erfordert echte Spezialisten, dafür gibt es keine Maschine. Anschließend alles wieder mit Übermaßlagern zusammenbauen, fertig. Oder kurz gesagt: Es lohnt sich nicht. Höchstens bei seltenen oder sonstwie wertvollen Motoren. Für einen gewöhnlichen Brot-und-Butter-Vierzylinder ist es billiger, entweder einen guten gebrauchten Motor vom Verwerter des Vertrauens zu besorgen oder einen Austauschmotor. Der muss nicht zwingend vom Markenhändler stammen, auch der freie Zubehörhandel bietet aufbereitete Motoren an. Mit rund 1500 Euro ist man dabei, für einen Golf 1.4 16V. Darin enthalten Motorblock mit neuen Kolben und überholter Kurbelwelle. Einbaufertig mit zwei Jahren Garantie, allerdings muss der Motor dafür von einer Werkstatt montiert werden. Selberschrauber werden daher wohl eher die erste Möglichkeit in Betracht ziehen.
Aufbau und Funktion der Kurbelwelle
Wohl die wenigsten Autofahrer haben die Kurbelwelle ihres Motors schon mal in voller Pracht gesehen. Das ist zumindest zu hoffen, denn ansonsten liegt ein Schaden vor, der fast immer den Wert des Motors übersteigt. Aber andererseits auch schade, denn eine Kurbelwelle kann als längstes Bauteil eines Motors mit ihren vielen fein geschliffenen Lagerstellen optisch durchaus beeindrucken. Wer die Funktion begreifen will, sieht sich am besten ein Fahrrad an, und zwar die beiden Tretkurbeln mit den Pedalen und dem Tretlager dazwischen. Das ist auch eine Form von Kurbelwelle, wobei die Beine des Benutzers den Kolben mit den daran befestigten Pleuelstangen entsprechen. Die Pedale sind drehbar und auch bei der Kurbelwelle im Motor drehen sich die Pleuel während der Auf- und Ab-Bewegung auf ihrer Lagerstelle, dem Hubzapfen.
Der Hub, also die Länge des Wegs, den die Kolben in ihrem Zylinder zurücklegen, ist eine der zentralen Kenngrößen eines Hubkolbenmotors, entsprechend der Länge der Tretkurbeln beim Fahrrad. Das wird gewöhnlich von zwei Beinen angetrieben, entsprechend würde man beim Motor von einem Zweizylinder reden. Und, da das Kettenrad dazwischen sitzt, von einer Kurbelwelle mit Mittenabtrieb. Muss man sich aber nicht merken, gibt es heute nur bei Motorrädern und bei extremen Triebwerken wie dem 18-Zylinder, den Ferdinand Piëch 1999 für den Bugatti Veyron entwarf. Ansonsten wird die von der Kurbelwelle eingesammelte Kraft der einzelnen Zylinder an einem ihrer Enden abgezapft, wo sich auch das Schwungrad befindet.
Nun ist es generell so, dass jedes Pleuel einen eigenen Hubzapfen vorfindet. Ausnahme: V-Motoren, bei denen die Zylinder nicht in einer Reihe stehen, sondern in einem Winkel zueinander. Dort teilen sich je zwei Pleuel einen Zapfen. Meistens nebeneinander, bei V2-Motoren von Harley-Davidson auch ineinandergesteckt – als Gabelpleuel. Und natürlich sind nicht nur die Pleuel auf der Kurbelwelle gelagert, sondern die Welle selber auch, und zwar im Motorblock. Und das ebenfalls in so genannten Gleitlagern aus einem relativ weichen Metall, in denen sich die gehärtete Welle mit geringem Spiel von wenigen Hundertstelmillimetern dreht, zur Reibungsminimierung unterstützt vom unter Druck dorthin gepumpten Motoröl. Früher wurden auch Rollenlager verwendet, inzwischen aus Gründen der Kosten und Laufruhe nicht mehr.
Kurbelwelle muss hohen Belastungen standhalten

So sieht das Kurbelgehäuse mit Kurbelwelle eines BMW M5 aus.
Heutzutage befindet sich an jeder Seite eines Hubzapfens ein Lager, in Summe also immer eins mehr als der Motor Zylinder hat. Ein Vierzylinder ist also fünffach gelagert. Das war nicht immer so, bis in die Siebzigerjahre wurden noch neue Motoren mit nur drei Lagern entwickelt. Und in den Jugendtagen des Automobils waren Kurbelwellen nur an ihren Enden unterstützt, was schon damals trotz milder Motorleistung und überschaubaren Drehzahlen zu kräftiger Biegung der Welle bei jedem Arbeitstakt führte – und in Folge nicht selten zu Kurbelwellenbrüchen. Denn jeder einzelne Kolben eines modernen Pkw-Diesel belastet die Welle bei jedem Arbeitstakt mit bis zu 10.000 Kilogramm! Für einen kurzen Moment lastet also eine Kraft, die zehn Tonnen entspricht, auf dem Hubzapfen. Und damit nicht genug, sie muss auch bis ans Ende der Welle durchgereicht werden. Bei einem Sechszylinder ein weiter Weg vom ersten Topf über weitere fünf Hubzapfen bis zum Schwungrad. Zusätzlich werden Kurbelwellen abhängig von Motorenbauart und möglichen Drehzahlen auch von Schwingungen belastet. Deshalb bestehen solche Wellen aus hochwertigem Schmiedestahl, nur bei schwächeren Benzinern ohne Turbo reicht meistens preiswertes Gusseisen.
Service-Links