Gibt es bald ein 24-Stunden-Rennen der Formel 1? Die Technik macht es längst möglich! Das Siegertrio von Toyota, Fernando Alonso, Kazuki Nakajima und Sébastien Buemi, absolvierte in den 24 Stunden von Le Mans 5286,888 Kilometer. Doch der Mercedes-Formel-1-Motor von Valtteri Bottas hat von Australien bis Kanada sogar 5604 Kilometer abgestrampelt, der von dessen Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton 5428, der von Sergio Pérez (Force India-Mercedes) immerhin noch 5349. 
Alles deutlich mehr als die Laufleistung in diesem Le-Mans-Rennen. Bottas und Hamilton liegen mit ihrer Kilometerleistung sogar über dem Le-Mans-Distanzrekord von 5410,71 Kilometer, aufgestellt 2010 von Mike Rockenfeller, Romain Dumas und Timo Bernhard im Audi R15 TDI Diesel.
Alonso
Alonso gewann sein Debütrennen in Le Mans
Auch einem Zuverlässigkeitsvergleich hält die Formel 1 locker stand. Das Le-Mans-Rennen registrierte bei 60 Startern 17 Ausfälle, zehn davon gingen auf Defekte zurück – macht eine Unzuverlässigkeitsquote von 16,67 Prozent. Die Formel 1 registrierte in den ersten sieben Saisonrennen 28 Ausfälle bei 140 Autos (die 20 GP-Renner gingen ja jeweils sieben Mal ins Rennen), davon sind 13 auf Defekte zurückzuführen. Das entspricht einer Unzuverlässigkeitsquote von nur 9,29 Prozent.
Natürlich: Ganz vergleichbar sind die Zahlen nicht. Zur Kilometerzahl der Formel-1-Motoren zählen auch Trainings- und Qualifyingsitzungen. Reine Rennkilometer wurden bisher erst 2092 zurückgelegt. Auch die Le-Mans-Motoren müssen mehrere Trainings- und Qualisessions überstehen – die addieren sich noch mal auf die reine Distanzreichweite des Rennens. Und: Die Formel-1-Motoren können zwischen den Rennen auch gewartet werden.
Neue Le Mans Regeln ab 2021: Hier nachlesen
Trotzdem sagt Renault-Motorsportchef Cyril Abiteboul: „Wir müssen sicherstellen, dass sich Formel 1 und Langstreckenrennen nicht zu sehr annähern. Es muss deutliche Unterschiede geben.“ Auf den Motorenprüfständen laufen die Formel-1-Aggregate nämlich längst 8000 Kilometer.
Theoretisch wäre ein 24-Stunden-Formel-1-Rennen durchaus möglich – und vielleicht auch nach dem Geschmack mancher Fahrer. Ein Event zwei Mal rund um die Uhr setzt spezielle Emotionen frei, verbraucht unglaublich viel Energie. Nicht umsonst erklärte Fernando Alonso nach dem Rennen gegenüber AUTO BILD MOTORSPORT: „Dieser Sieg ist vergleichbar mit dem Gewinn der Formel-1-Weltmeisterschaft.“
Immerhin: Der erste Grand Prix der Geschichte 1906 – der zufällig auch in Le Mans gefahren wurde – dauerte  zwölf Stunden. Dennoch: Ein 24-Stunden-GP ist derzeit nicht wahrscheinlich. Die Motorenpläne für 2021 sehen eher vor, dass die Anzahl der erlaubten Motoren (derzeit je nach Bauteil zwei bis drei pro Auto und Saison) wieder angehoben werden soll. Und zwar um den Sprintcharakter der Formel 1 zu wahren…

Von

Michael Zeitler