Maserati MC12
E=MC12

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Wir bitten Einstein um Verzeihung, aber der Maserati MC12 ist eine derart geniale Fahrmaschine, daß er die Relativitätstheorie der Supersportwagen teilweise neu definiert.
Gefühlter Puls 110, Tendenz steigend
Geschätzter Blutdruck 160 zu 100. Gefühlter Puls 110, Tendenz steigend. Der Maserati-Mann reicht mir den Schlüssel, lächelt und tritt mit einer freundlichen Geste drei Schritte zurück. Das ist die Einladung zum Kennenlernen von Maseratis neuem Supercar, dem MC12 ("Maserati Corse 12-Zylinder"). Der Maserati mag 443 Millimeter länger sein als der mit ihm verwandte Ferrari Enzo, aber davon spüre ich im engen Cockpit rein gar nichts.
Im Gegenteil: Die Kniescheiben gehen sofort auf Tuchfühlung mit dem Armaturenbrett, die Ellenbogen werden von den Türtafeln in die Schranken gewiesen, das Haupthaar reibt sich am Dachhimmel – es sei denn, ich nehme das Dachteil heraus und drücke das Kohlefaserstück dem Maserati-Mann in die Hand. Im Auto findet es nämlich keinen Platz.
Das Blickfeld des Fahrers ist schmal und breit. Vom Cheftester Andrea Bertolini gibt es zwei aufmunternde Klapse aufs Dach. Los geht's. Dafür muß man auch im MC12 zuerst die Zündung einschalten, danach wird der Startknopf gedrückt. Der ist nicht rot wie im Enzo, sondern blau. An dieser Farbe haben die Maserati-Designer ohnehin einen Narren gefressen. Blau sind die Sitze, das Lenkrad, die Lederapplikationen und das halbe Auto – genauer gesagt: der Heckbereich und das untere Fünftel der Karosserie.
Als Kontrastfarbe dient ein cremiges Vanilleweiß. Diese Farbkombination stammt aus den 60er Jahren, als Stirling Moss mit den Birdcage-Rennern der Scuderia American Camoradi auf Pokaljagd ging. Die für den heutigen Tag reservierte Rennstrecke heißt Balocco, und es geht um nichts – außer um die Ehre und um die ersten Erfahrungen mit dem stärksten Maserati, der je eine Straßenzulassung erhielt: 632 PS wollen gebändigt werden.
Im Gegenteil: Die Kniescheiben gehen sofort auf Tuchfühlung mit dem Armaturenbrett, die Ellenbogen werden von den Türtafeln in die Schranken gewiesen, das Haupthaar reibt sich am Dachhimmel – es sei denn, ich nehme das Dachteil heraus und drücke das Kohlefaserstück dem Maserati-Mann in die Hand. Im Auto findet es nämlich keinen Platz.
Das Blickfeld des Fahrers ist schmal und breit. Vom Cheftester Andrea Bertolini gibt es zwei aufmunternde Klapse aufs Dach. Los geht's. Dafür muß man auch im MC12 zuerst die Zündung einschalten, danach wird der Startknopf gedrückt. Der ist nicht rot wie im Enzo, sondern blau. An dieser Farbe haben die Maserati-Designer ohnehin einen Narren gefressen. Blau sind die Sitze, das Lenkrad, die Lederapplikationen und das halbe Auto – genauer gesagt: der Heckbereich und das untere Fünftel der Karosserie.
Als Kontrastfarbe dient ein cremiges Vanilleweiß. Diese Farbkombination stammt aus den 60er Jahren, als Stirling Moss mit den Birdcage-Rennern der Scuderia American Camoradi auf Pokaljagd ging. Die für den heutigen Tag reservierte Rennstrecke heißt Balocco, und es geht um nichts – außer um die Ehre und um die ersten Erfahrungen mit dem stärksten Maserati, der je eine Straßenzulassung erhielt: 632 PS wollen gebändigt werden.
30 Kilo leichter als ein Ferrari Enzo
Ich werfe pro forma einen Blick in den Außenspiegel, sehe fröstelnde Gestalten, rufe mit dem rechten Zeigefinger den ersten Gang zum Rapport und gebe Gas. Fahrstufe eins endet jäh am Begrenzer-zer-zer-zer, der zweite Gang will nur einen Wimpernschlag später abgelöst werden, im dritten mutiert bei 160 km/h die Windschutzscheibe plötzlich zum Zoomobjektiv und rückt den ersten Rechtsknick formatfüllend ins Bild. Das klingt nach Ritt auf der Kanonenkugel, doch in Wahrheit ist der MC12 ein Supersportwagen ohne Allüren und versteckte Fouls.
Im Prinzip leistet sich der Dreizack nur eine einzige echte Schwachstelle: die ausufernde und verbaute Karosserie. Null Sicht nach hinten und null Kofferraum schmälern die Alltagstauglichkeit in einem Maß, das man nur einem Viert- oder Fünftwagen zugestehen mag. Selbst auf der Piste stören die extremen Abmessungen, doch die Italiener nehmen das ausladende Heck, die überzogene Breite und den verlängerten Radstand wortreich in Schutz. Warum? Weil die wahre Mission des MC12 der Langstreckensport (FIA-GT-Serie) ist, und in der Rennversion haben Stabilität und Abtrieb erste Priorität.
Der Maserati wiegt zwar nominell 30 Kilo weniger als der Ferrari Enzo, aber wenn man den technischen Daten glauben mag, bleiben die Fahrleistungen hinter denen des Enzo zurück. Der Unterschied in der Höchstgeschwindigkeit (330 zu 350 km/h) mag in der größeren Stirnfläche begründet liegen, doch die Differenz in den Beschleunigungszeiten hat wohl auch eine politische Komponente. Schließlich darf ein Auto aus Modena nicht schneller sein als das Gegenstück aus Maranello, basta! Für den Spurt von null auf 100 km/h stehen 3,8 Sekunden im Datenblatt des MC12 – damit beträgt der Respektabstand zwei Zehntel.
Mit 5145 Millimetern ist der weiß-blaue Zweisitzer etwas länger als eine S-Klasse, doch in den Abmessungen absolut unübertroffen ist der 2,10 Meter breite Heckspoiler. Das gigantische Luftleitwerk besteht ebenso wie die Außenhaut und Teile des Chassis aus Kohlefaser. Dort, wo die beiden Aluminium-Hilfsrahmen eingeklinkt sind, wurde der Unterbau durch Nomex-Matten verstärkt. Die Radaufhängung mit den doppelten Querlenkern in Schubstrebenanordnung (Pushrod) kennen wir im Prinzip bereits vom Enzo. Schraubenfedern, Teleskopdämpfer und Kurvenstabilisatoren komplettieren das Arrangement.
Im Prinzip leistet sich der Dreizack nur eine einzige echte Schwachstelle: die ausufernde und verbaute Karosserie. Null Sicht nach hinten und null Kofferraum schmälern die Alltagstauglichkeit in einem Maß, das man nur einem Viert- oder Fünftwagen zugestehen mag. Selbst auf der Piste stören die extremen Abmessungen, doch die Italiener nehmen das ausladende Heck, die überzogene Breite und den verlängerten Radstand wortreich in Schutz. Warum? Weil die wahre Mission des MC12 der Langstreckensport (FIA-GT-Serie) ist, und in der Rennversion haben Stabilität und Abtrieb erste Priorität.
Der Maserati wiegt zwar nominell 30 Kilo weniger als der Ferrari Enzo, aber wenn man den technischen Daten glauben mag, bleiben die Fahrleistungen hinter denen des Enzo zurück. Der Unterschied in der Höchstgeschwindigkeit (330 zu 350 km/h) mag in der größeren Stirnfläche begründet liegen, doch die Differenz in den Beschleunigungszeiten hat wohl auch eine politische Komponente. Schließlich darf ein Auto aus Modena nicht schneller sein als das Gegenstück aus Maranello, basta! Für den Spurt von null auf 100 km/h stehen 3,8 Sekunden im Datenblatt des MC12 – damit beträgt der Respektabstand zwei Zehntel.
Mit 5145 Millimetern ist der weiß-blaue Zweisitzer etwas länger als eine S-Klasse, doch in den Abmessungen absolut unübertroffen ist der 2,10 Meter breite Heckspoiler. Das gigantische Luftleitwerk besteht ebenso wie die Außenhaut und Teile des Chassis aus Kohlefaser. Dort, wo die beiden Aluminium-Hilfsrahmen eingeklinkt sind, wurde der Unterbau durch Nomex-Matten verstärkt. Die Radaufhängung mit den doppelten Querlenkern in Schubstrebenanordnung (Pushrod) kennen wir im Prinzip bereits vom Enzo. Schraubenfedern, Teleskopdämpfer und Kurvenstabilisatoren komplettieren das Arrangement.
Im Heck ein Zwölfzylinder mit 632 PS
Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit wecken die Tasten in der Mittelkonsole den Spieltrieb des Fahrers. Sehr praktisch ist die Lift-Funktion, die beim Überfahren von Bodenwellen das Leben des Frontspoilers verlängert. Ganz andere Aufgaben erfüllt der Race-Modus. Wer ihn anwählt, verkürzt die Schaltzeiten, strafft die Dämpfer und reduziert die Hilfestellung der Traktionskontrolle. ASR kann man natürlich auch ganz abschalten. Das Resultat sind selbst im dritten Gang bei Vollgas durchdrehende Reifen, sogar auf der Geraden Hummeln im Heck, adrenalinförderndes Schwänzeln beim Anbremsen und ein durchaus abenteuerliches Eigenlenkverhalten, das an der Grenze zwischen "Buh!" und "Bravo!" entlangdriftet.
Zwei Handbreit hinter den Schulterblättern treibt der bekannte Ferrari-Sechsliter-V12 sein Unwesen. Weil nicht ist, was nicht sein darf, leistet der Vierventiler im MC12 eben "nur" 632 PS bei 7500 Touren statt 660 PS bei 7800. Das Duell der Drehmomentspitzen gewinnt der Enzo hauchdünn mit 657 Nm zu 652 Nm bei jeweils 5500/min. Völlig unterschiedlich klingt dagegen die musica viva, mit der die beiden Zwölftöner ihr Kommen ankündigen. Das liegt vor allem an der Lufthutze im Dach des Maserati, die als zweite Lunge und drittes Ohr für eine akustische Dreidimensionalität sorgt, deren mächtige Bässe und wuchtige Höhen selbst die Trommelfelle der Passanten mit Gänsehaut überziehen.
Der Dirigent des Orchesters kauert derweil hinter dem oben wie unten abgeflachten Dreispeichenlenkrad und gibt über die Schaltwippen den Takt vor. Selbst noch auf der Suche nach dem passenden Rhythmus, kämpft er mit der Partitur des Kurses, die immer neue Herausforderungen auf den Asphalt zaubert. Doch statt die Anspannung zu potenzieren und die Nervosität weiterzureichen, ist der Maserati um Vermittlung bemüht und um Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Die Lenkung hat trotz ihrer Direktheit etwas Cremiges.
Zwei Handbreit hinter den Schulterblättern treibt der bekannte Ferrari-Sechsliter-V12 sein Unwesen. Weil nicht ist, was nicht sein darf, leistet der Vierventiler im MC12 eben "nur" 632 PS bei 7500 Touren statt 660 PS bei 7800. Das Duell der Drehmomentspitzen gewinnt der Enzo hauchdünn mit 657 Nm zu 652 Nm bei jeweils 5500/min. Völlig unterschiedlich klingt dagegen die musica viva, mit der die beiden Zwölftöner ihr Kommen ankündigen. Das liegt vor allem an der Lufthutze im Dach des Maserati, die als zweite Lunge und drittes Ohr für eine akustische Dreidimensionalität sorgt, deren mächtige Bässe und wuchtige Höhen selbst die Trommelfelle der Passanten mit Gänsehaut überziehen.
Der Dirigent des Orchesters kauert derweil hinter dem oben wie unten abgeflachten Dreispeichenlenkrad und gibt über die Schaltwippen den Takt vor. Selbst noch auf der Suche nach dem passenden Rhythmus, kämpft er mit der Partitur des Kurses, die immer neue Herausforderungen auf den Asphalt zaubert. Doch statt die Anspannung zu potenzieren und die Nervosität weiterzureichen, ist der Maserati um Vermittlung bemüht und um Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Die Lenkung hat trotz ihrer Direktheit etwas Cremiges.
Technische Daten, Fahrleistungen und Preis
Die vier stählernen Bremsscheiben (Carbon hat die FIA verboten) holen uns selbst aus aussichtslosen Situationen wieder ins Leben zurück. Und das High-Tech-Fahrwerk glättet mit Bravour jene Irritationen, die ein Mangel an Streckenkenntnis und eine Überdosis Ehrgeiz verursacht haben. Wenn Andrea Bertolini meint, das Flügelmonster sei kinderleicht zu fahren, dann kann man das am Ende des Tages sogar als langsam reagierender Normalsterblicher irgendwie nachvollziehen.
Maserati hat 2004 die erste 25er-Serie des MC12 fertiggestellt – im Hauptwerk an der Viale Cesare Menotti, aber auf einem separaten, abgeschirmten Band. In diesem Jahr werden noch einmal 30 Autos nachgeschoben. Zum Stückpreis von rund 696.000 Euro. Diese Summe drückt spontan den Blutdruck, senkt den Puls, dämpft die Euphorie. Noch ein Traumwagen, den sich kaum einer leisten kann. Pech übrigens auch für die Superreichen: Die zweite Charge ist ebenfalls ausverkauft. Restlos. Che peccato...!
Technische Daten: V12-Mittelmotor, längs eingebaut • vier Ventile je Zylinder • Hubraum 5998 cm3 • Leistung 465 kW (632 PS) bei 7500/min • max. Drehmoment 652 Nm bei 5500/min • Hinterradantrieb • sequentielles Sechsganggetriebe mit Lenkradpaddel-Schaltung • doppelte Querlenker, Schraubenfedern, Teleskopdämpfer rundum • belüftete Scheibenbremsen rundum • Reifen 245/35 R 19 vorn, 345/35 R 19 hinten • Länge/Breite/Höhe 5145/2095/1205 mm • Radstand 2800 mm • Leergewicht 1335 kg • 0-100 km/h in 3,8 s • Höchstgeschwindigkeit 330 km/h • Preis: 696.000 Euro
Maserati hat 2004 die erste 25er-Serie des MC12 fertiggestellt – im Hauptwerk an der Viale Cesare Menotti, aber auf einem separaten, abgeschirmten Band. In diesem Jahr werden noch einmal 30 Autos nachgeschoben. Zum Stückpreis von rund 696.000 Euro. Diese Summe drückt spontan den Blutdruck, senkt den Puls, dämpft die Euphorie. Noch ein Traumwagen, den sich kaum einer leisten kann. Pech übrigens auch für die Superreichen: Die zweite Charge ist ebenfalls ausverkauft. Restlos. Che peccato...!
Technische Daten: V12-Mittelmotor, längs eingebaut • vier Ventile je Zylinder • Hubraum 5998 cm3 • Leistung 465 kW (632 PS) bei 7500/min • max. Drehmoment 652 Nm bei 5500/min • Hinterradantrieb • sequentielles Sechsganggetriebe mit Lenkradpaddel-Schaltung • doppelte Querlenker, Schraubenfedern, Teleskopdämpfer rundum • belüftete Scheibenbremsen rundum • Reifen 245/35 R 19 vorn, 345/35 R 19 hinten • Länge/Breite/Höhe 5145/2095/1205 mm • Radstand 2800 mm • Leergewicht 1335 kg • 0-100 km/h in 3,8 s • Höchstgeschwindigkeit 330 km/h • Preis: 696.000 Euro
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