Der erste James Cook etablierte in Deutschland das Premium-Reisemobil auf Kastenwagenbasis. Ist der Hype um das Modell gerechtfertigt?
Ein englischer Entdecker gab seinen Namen für das erste Wohnmobil von Mercedes und Westfalia: James Cook kartografierte auf seinen Fahrten über die Weltmeere unter anderem den Pazifik. Der große Seefahrer war für die Ingenieure eine große Verpflichtung. Die Reisemobilausgabe des Bremer Transporters sollte hohen Komfort, Mercedestypische Funktionalität und optimale Handlichkeit unter einen Hut bringen. Die meist gut betuchte Neuwagenkundschaft erwartete ab 1977 ein auf knapp drei Meter Höhe gewachsenes Freizeitfahrzeug, das mit gewohnter schwäbischer Gründlichkeit entwickelt worden war und deutlich moderner wirkte als der damals noch aktuelle T2 Bulli von VW.
Viele bauten sich aus dem James Cook einen individuellen Camper
Ganz schön luftig! Der Innenraum ist streng funktional und erstaunlich vielseitig eingerichtet. Im gesamten Wohnraum gibt's vollwertige Stehhöhe.
Das ist er: Ein Sympathieträger, der Ecken und Kanten trägt und längst nicht mehr so elitär wirkt wie bei seinem Stapellauf vor 42 Jahren. Der James Cook baut auf der von 1977 bis 1995 gefertigten mittleren Transporterbaureihe TN beziehungsweise T1 auf und ist somit der Vorläufer der Reisemobile auf Sprinter-Basis. Die Zusammenarbeit mit den Ausbauprofis der Westfalia-Werke in Rheda-Wiedenbrück führte zu einem luftig wirkenden Innenraum mit praktischer Anmutung und zahlreichen cleveren Details. Viele von der Serie abweichende Ausführungen am Gebrauchtwagenmarkt haben einen simplen Grund: Etliche Eigentümer griffen auf das breit gefächerte Westfalia-Mosaik-Ausbauprogramm zurück und bauten so individuelle Camper oder individualisierte Serienmodelle nach ihrem eigenen Geschmack. Seinen legendären Ruf erlangte der James Cook aufgrund seiner robusten Konstruktion und den langen Federwegen im weltweiten Einsatz als Urlaubs- und Abenteuermobil mit Nehmerqualitäten. Im Alter offensichtliche Rostprobleme nehmen Fans entweder mit einem Schulterzucken oder dem beherzten Einsatz am Schweißgerät hin. In Sachen Raumökonomie macht dem mit 40 Millimeter Mineralwolle isolierten Schwaben selbst nach über 40 Jahren kaum ein anderes Reisemobil mit gleichen Außenabmessungen etwas vor. Die nur 5,24 Meter lange Basis unter dem windkanalerprobtem Kunststoff-Hochdach ist bis in den letzten Winkel geschickt ausgenutzt. Zudem gibt es im Wohnbereich volle Stehhöhe. Die geringe Fahrzeugbreite von unter zwei Meter verbessert die Handlichkeit des Hecktrieblers im Stadtverkehr und erhöht den Aktionsradius speziell auf südeuropäischen Straßen dritter Ordnung.
Dreipunktgurte, Kopfstützen und Isofix gibt's im Fond nicht
Die Sitzreihen zwei und drei sind voll auf Variabilität ausgelegt. Die Doppelbänke lassen sich z.B. zur Dinette und zum Bett umbauen.
Das hat er: Ein James Cook schärft den Blick für das Wesentliche nach. Wie ihm das gelingt? Der Kultkasten ist nach heutigen Maßstäben zwar längst keine Luxusherberge mehr, bietet im Grunde aber noch immer alles, um mit einer kleinen Familie Urlaubsabenteuer zu erleben. Fahrer und Beifahrer nehmen auf erstaunlich bequemen Pilotsitzen Platz. Das minimalistische Armaturenbrett lenkt in keinem Moment von Sehenswürdigkeiten entlang der Route ab. Die Sitzreihen zwei und drei sind voll auf Variabilität ausgelegt. Je nach Klappposition bieten die beiden auf Schienen verschiebbaren Bänke Platz für insgesamt vier Personen. Auch eine Dinette – wahlweise mit kleinem Klapp- oder großem Stecktisch – und ein Doppelbett sind möglich. Leider gibt es für die Fondpassagiere weder Dreipunktgurte noch Kopfstützen oder Isofixaufnahmen – hier zeigt sich das hohe Alter der Konstruktion deutlich.
Am Heck haben die Ausbauer auf die sonst bei Bremer Transportern übliche Doppeltür verzichtet und stattdessen ein starres GFK-Modul samt Gepäckbrücke eingesetzt. Trotz der Pkw-ähnlichen Außenlänge fand sich genügend Raum für Nasszelle und Küchenblock mit Zweiflammengasherd nebst 45 Liter großem Kompressorkühlschrank. Dazu gibt es eine Armada von routiniert verarbeiteten, selbst nach über 30 Jahren immer noch erfreulich klapperarmen Sperrholzschränken und Staufächern. Das braun-beige Farbkonzept spricht zumindest unser Retrofaible an. Der 1987 nachgereichte James Cook Klassik trug hellgraues Mobiliar und wirkt tatsächlich zehn Jahre jünger. Das im Fotofahrzeug etwas schräge Marmorfoliendekor von einem der Vorbesitzer ließe sich entfernen oder ersetzen. Viel wichtiger ist jedoch, dass der Innenausbau weitgehend unbeschädigt und vollständig ist. Nachgerüstete Pluspunkte sind die große Markise, eine Gaswarnanlage und eine Rückfahrkamera. Letztere erleichtert das Rangieren noch einmal spürbar.
Auf Autobahnen ist das Abo für die rechte Fahrspur zwingend
Mut zur Langsamkeit: Das Ausnutzen der laut Papieren möglichen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h ist nur eine theoretische Option.
So fährt er: Wie früher – zum Startritual gehört fest die Rudolf-Diesel-Gedenksekunde: Nach dem Vorglühen erwacht der legendäre, vorne längs verbaute Dreiliter-Reihenfünfzylinder-Vorkammerdiesel OM 617 zum Leben. Unser Testfahrzeug war neben dem damaligen 88-PS-Toptriebwerk mit dem einst aufpreispflichtigen Viergang-Wandlerautomaten ausgestattet. Diese Antriebskombination verdient im Hier und Jetzt das Prädikat würdevolle Wanderdüne. Trotz auf dem Papier ziemlich mauer Leistungsdaten taugt der Antrieb, um tiefenentspannt auf Überlandtouren Kilometer zu fressen. Auf Autobahnen löst man besser das Abo für die rechte Fahrspur. Im Windschatten großer Sattelzüge fällt es nicht ins Gewicht, dass die Geräuschkulisse ab Tempo 100 drehzahlbedingt bedrohlich ansteigt. Das Ausnutzen der laut Papieren möglichen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h ist nur eine theoretische Option. Umweltzonen sind dank H-Zulassung kein Problem. Mit dem Reisemobilsenior angemessen unterwegs zu sein setzt den Mut zur Langsamkeit und ausreichendes Verständnis für das eine oder andere altersbedingte Technikgebrechen voraus. Dann ist dem Ur-James-Cook ein ewiges Leben (fast) sicher.Fazit von Lars Jakumeit: Wer einen passablen Bremer James Cook sucht, muss mittlerweile mit 10.000 Euro Investment rechnen. Dafür gibt es ein Kult-Reisemobil mit Charme, Stern und Familiensinn. Vorsicht nur vor mit Farbe übergeduschten Rost-Ruinen! Urteil: 3,5 von fünf Punkten.
1977 ging der erste James Cook an den Start und etablierte das Premium-Reisemobil auf Kastenwagenbasis. Heute ist der James Cook ein Sympathieträger mit Ecken und Kanten und wirkt längst nicht mehr so elitär wie bei seinem Stapellauf.
Bild: Kai-Uwe Knoth / AUTO BILD
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Der James Cook baut auf der von 1977 bis 1995 gefertigten mittleren Transporterbaureihe TN beziehungsweise T1 auf und ist somit der Vorläufer der Reisemobile auf Sprinter-Basis.
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Viele von der Serie abweichende Ausführungen am Gebrauchtwagenmarkt haben einen simplen Grund: Etliche Eigentümer griffen auf das breit gefächerte Westfalia-Mosaik-Ausbauprogramm zurück und bauten so individuelle Camper oder individualisierte Serienmodelle nach ihrem eigenen Geschmack.
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Die Zusammenarbeit mit den Ausbauprofis der Westfalia-Werke in Rheda-Wiedenbrück führte zu einem luftig wirkenden Innenraum mit praktischer Anmutung. In Sachen Raumökonomie macht dem mit 40 Millimeter Mineralwolle isolierten Schwaben selbst nach über 40 Jahren kaum ein anderes Reisemobil mit gleichen Außenabmessungen ...
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... etwas vor. Die nur 5,24 Meter lange Basis unter dem windkanalerprobtem Kunststoff-Hochdach ist bis in den letzten Winkel geschickt ausgenutzt. Zudem gibt es im Wohnbereich volle Stehhöhe.
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Die Sitzreihen zwei und drei sind voll auf Variabilität ausgelegt. Je nach Klappposition bieten die beiden auf Schienen verschiebbaren Bänke Platz für insgesamt vier Personen. Auch eine Dinette – wahlweise mit kleinem Klapp- oder großem Stecktisch – und ...
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... ein Doppelbett sind möglich. Leider gibt es für die Fondpassagiere weder Dreipunktgurte noch Kopfstützen oder Isofixaufnahmen – hier zeigt sich das hohe Alter der Konstruktion deutlich.
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Eine weitere Schlafmöglichkeit gibt's im ersten Stock.
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Zwei Zusatzbatterien und ein Wassertank füllen das Bankstaufach.
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Am Heck haben die Ausbauer auf die sonst bei Bremer Transportern übliche Doppeltür verzichtet und stattdessen ein starres GFK-Modul samt Gepäckbrücke eingesetzt. Trotz der Pkw-ähnlichen Außenlänge ...
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... fand sich genügend Raum für den Küchenblock mit Zweiflammengasherd nebst 45 Liter großem Kompressorkühlschrank.
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Auch eine GFK-Nasszelle mit Waschbecken, Duschtasse und Dachfenster ist an Bord. Die Dichtfugen wurden bereits erneuert.
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Das im Fotofahrzeug etwas schräge Marmorfoliendekor von einem der Vorbesitzer ließe sich entfernen oder ersetzen. Viel wichtiger ist jedoch, dass der Innenausbau weitgehend unbeschädigt und vollständig ist.
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Nachgerüstete Pluspunkte sind die große Markise, eine Gaswarnanlage und eine Rückfahrkamera. Letztere erleichtert das Rangieren noch einmal spürbar.
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Fahrer und Beifahrer nehmen auf erstaunlich bequemen Pilotsitzen Platz. Das minimalistische Armaturenbrett lenkt in keinem Moment von Sehenswürdigkeiten entlang der Route ab.
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Seinen legendären Ruf erlangte der James Cook aufgrund seiner robusten Konstruktion und den langen Federwegen im weltweiten Einsatz als Abenteuermobil. Rostprobleme nehmen Fans entweder mit einem Schulterzucken oder dem beherzten Einsatz am Schweißgerät hin. Die Frage, die sich Käufer stellen müssen: Wie sorgfältig wurde nachgearbeitet?
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Auch ein Blick in den Untergrund ist Pflicht: Gibt es Rost- oder Ölprobleme? Das kann teure Reparaturen nach sich ziehen.
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Der Diesel ist von innen und außen zugänglich. Ist seine Wartung nachvollziehbar?
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Versteht sich von selbst: Nachrüstungen genauestens checken und im Zweifel vom Anbieter erklären lassen.
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Ist die elektrische Anlage frei von Kriechströmen und unverpfuscht?
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Die Kunststofffenster sind nach über 30 Jahren oftmals gründlich versprödet.
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Zum Startritual gehört fest die Rudolf-Diesel-Gedenksekunde: Nach dem Vorglühen erwacht der legendäre, vorne längs verbaute Dreiliter-Reihenfünfzylinder-Vorkammerdiesel OM 617 zum Leben.
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Unser Testfahrzeug war neben dem damaligen 88-PS-Toptriebwerk mit dem einst aufpreispflichtigen Viergang-Wandlerautomaten ausgestattet. Diese Antriebskombination verdient im Hier und Jetzt das Prädikat würdevolle Wanderdüne.
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Trotz auf dem Papier ziemlich mauer Leistungsdaten taugt der Antrieb, um tiefenentspannt auf Überlandtouren Kilometer zu fressen. Auf Autobahnen löst man besser das Abo für die rechte Fahrspur. Das Ausnutzen der laut Papieren möglichen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h ist nur eine theoretische Option.
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Die geringe Fahrzeugbreite von unter zwei Meter verbessert die Handlichkeit des Hecktrieblers im Stadtverkehr und erhöht den Aktionsradius speziell auf südeuropäischen Straßen dritter Ordnung.
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Umweltzonen sind dank H-Zulassung kein Problem. Mit dem Reisemobilsenior angemessen unterwegs zu sein setzt den Mut zur Langsamkeit und ausreichendes Verständnis für das eine oder andere altersbedingte Technikgebrechen voraus. Dann ist dem Ur-James-Cook ein ewiges Leben (fast) sicher.
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Fazit von Lars Jakumeit: Wer einen passablen Bremer James Cook sucht, muss mittlerweile mit 10.000 Euro Investment rechnen. Dafür gibt es ein Kult-Reisemobil mit Charme, Stern und Familiensinn. Vorsicht nur vor mit Farbe übergeduschten Rost-Ruinen! Urteil: 3,5 von fünf Punkten.