Der Sieg war eigentlich fast geschenkt. Ein neu konstruierter Van mit Stern auf der Haube tritt gegen den elf Jahre alten Klassiker aus Wolfsburg an. Neues Design, mehr Pkw-Feeling und ein Haufen neuer Assistenzsysteme. Doch so leicht hat es Mercedes mit der V-Klasse gegen den VW T5 dann doch nicht. Aber der Reihe nach. VW führt auf dem Heimatmarkt Deutschland seit Jahren unangefochten mit Transporter, Caravelle und Multivan. Mercedes' Überholversuch mit der ersten V-Klasse scheiterte kläglich – Qualitätsprobleme und Rost machten dem Van zu schaffen.

Mit neuem Design will der Benz-Bus punkten

Mercedes V-Klasse
Neue Dynamik bei der V-Klasse: Die Front duckt sich, in die Seiten haben die Designer Sicken gepresst.
Der Viano und sein Transporterbruder Vito sollten alles besser machen – doch an die Verkaufszahlen von VW kamen die Stuttgarter noch immer nicht heran. Nun also zurück zum alten Namen, das Werk im spanischen Vitoria wurde grundlegend modernisiert. Der erste Eindruck von der V-Klasse stimmt. Äußerlich wirkt der Neuling dynamischer, sowohl seinem Vorgänger als auch dem Konkurrenten gegenüber. Die Front duckt sich, in die Seiten haben die Designer Sicken gepresst. Auf jeden Fall modisch. Aber auch zeitlos? Der T5, inzwischen in seinem zwölften Lebensjahr, wirkt kantiger und gerader, aber nicht veraltet. Er ist wohl ein Vorbild für die schwäbischen Designer gewesen – zumindest ähneln sich die Rückleuchten verblüffend. Die Heckscheibe des Benz klappt ab Ausstattung Avantgarde serienmäßig separat nach oben (sonst: 952 Euro) – praktisch zum Einladen von kleinen Einkäufen. In dem zweiten Ladeboden, der sich ohne großen Aufwand ausbauen lässt, verstecken sich zwei Einkaufskörbe, damit Kleinteile nicht durch den Kofferraum purzeln.
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Der VW T5 wirkt innen etwas altbacken

VW T5
Trotz allerlei Chrom im Innenraum kann der T5 seine Transporter-Abstammung nicht leugnen.
So etwas bietet VW nicht. Nicht einmal die Heckklappe lässt sich elektrisch schließen (bei Mercedes: ab Ausstattung Avantgarde Edition Serie, sonst 702 Euro Aufpreis). Im Innenraum ist deutlich zu merken, wer hier der Jüngere ist: Die V-Klasse glitzert und funkelt, viele Bedienelemente erinnern an C- und S-Klasse, ein Radio mit USB-Anschluss und Display auf dem Armaturenträger ist Serie. Die Schalter rasten gut ein, die Bedienung klappt weitgehend intuitiv – nur das Comand-System verlangt beim Dreh- und-Drück-Steller sowie dem darübersitzenden Touchpad noch ein wenig mehr Eingewöhnung. So modern geht es im VW nicht zu. Sein Innenraum erinnert trotz Chromeinfassungen und allerlei Schnickschnack an einen Transporter, und selbst das teuerste Multimediasystem (2743 Euro) wirkt in Ausstattung und Bedienung altbacken. Die Kunststoffe im Innenraum sind aber grundsolide. Klopft man hingegen beim Mercedes gegen die hochwertig wirkenden Dekorflächen, klingt's nur nach Hartplastik.
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Mercedes verkauft die V-Klasse serienmäßig mit vier Stühlen im Fond, die gegen zwei Dreier- oder eine Zweier- und eine Dreierbank ausgetauscht werden können. So wird aus der V-Klasse maximal ein Achtsitzer. Die Einzelsitze lassen sich einfach ausbauen: Lehne und Sitz umklappen, zwei Hebel lösen, Sitz leicht nach vorn kippen und herausheben. Der Wiedereinbau ist etwas hakeliger, funktioniert nach kurzer Gewöhnung aber auch gut.

Im Antriebskapitel hat die V-Klasse die Nase vorn

Mercedes V-Klasse VW T5
Das Bild täuscht: Flott und laufruhiger distanziert die V-Klasse ihren Wolfsburger Konkurrenten.
Beim T5 müssen kleine Plättchen in den Schienen ausgebaut werden, der umgeklappte Sitz wird dann nach vorn geschoben und herausgehoben. Die Stühle sind wuchtiger und schlechter zu greifen, und besonders der Wiedereinbau nervt. Dafür haben die Schienen beim VW als Schutz vor Dreck Gummilippen, während Krümel beim Mercedes einfach in der Ritze verschwinden. Vorn sitzt man in der V-Klasse auf etwas schmalen und kurzen Sitzen, leicht tiefer als im VW – ein wenig Pkw-ähnlicher also. Im Motorenprogramm hat Mercedes zum Einstieg drei 2,1-Liter-Diesel mit jeweils vier Zylindern und Turbo-Aufladung. Die leisten 136, 163 oder190 PS. In der größten Variante, dem V 250 BlueTec, zieht die V-Klasse mit 440 Newtonmetern voran, ein kurzzeitiger Overboost setzt noch einmal zusätzliche 14 PS und 40 Newtonmeter für den Sprint frei – und das ganz ohne Turboloch. Der Diesel gefällt in Kombination mit der 7G-Tronic-Automatik. Flott und laufruhiger distanziert er den Wolfsburger Konkurrenten. Die Mercedes-Automatik arbeitet übrigens harmonischer als das DSG von VW, das teils lange zum Sortieren der Gänge braucht.
Weitere Details zu V-Klasse und T5 gibt es in der Bildergalerie.

Von

Christopher Clausen