ZT 260 und Evo VIII – ganz normale Exoten

Ganz normal sind diese beiden nicht, das wird bereits beim Studium der Ausstattungslisten klar. MG stellt Interessenten vor die schwierige Gewissensprüfung: Gönne ich mir für 3500 Euro Aufpreis die "Flip-Flop"-Lackierung? Wenn ja: in welchem Farbton – goldgelb-grün oder smaragdgrünviolett? Auch der Mitsubishi-Kunde muß eine komplizierte Entscheidung treffen: normaler Heckflügel oder monströser Heckflügel?

Mit dem ZT 260 und dem Lancer Evolution VIII betreten zwei Paradiesvögel die Bühne, die anders sind – ganz anders. Unser Test-MG – leider ohne Effektlackierung – wirkt mit den 18- Zoll-Rädern und vier Auspuffrohren recht unauffällig. Trotzdem steht er auf Wunsch sofort im Mittelpunkt – ein Dreh am Zündschüssel genügt. Der Brite fährt nämlich ein Motorenkaliber auf, das in dieser Klasse zur Zeit serienmäßig nur Audi und Mercedes zu bieten haben. Unter der Haube des ZT steckt eine Maschine, die so amerikanisch ist wie Chewing Gum und Coca-Cola: der 4,6-Liter-V8 aus dem Ford Mustang – und das dazugehörige Getriebe hängt gleich mit dran. Der Motor leistet vergleichsweise bescheidene 260 PS.

MG hat den ZT trotzdem komplett umgekrempelt. Während die normale Baureihe mit Vier- und Sechszylindern bisher auf Vorderradantrieb setzte, bringt das neue Topmodell seine Kraft über die Hinterräder auf die Straße.

Der MG wirkt Obenrum zugeschnürt

Der Mitsubishi hat vier angetriebene Räder – und ist generell komplett anders gestrickt als der Engländer. Aus gerade mal zwei Litern Hubraum schöpft der Motor 265 PS. Auch in der achten Auflage des Nippon-Krachers kommt das altbekannte Turbo-Aggregat zum Einsatz. Was die Optik betrifft, gilt das bewährte Motto: Funktion vor Form. Der Evo VIII gewinnt gewiß keinen Schönheitspreis: Seine Räder sind zu klein, das Auto liegt zu hoch – der Mitsubishi steht so staksig und unbeholfen in der Landschaft wie ein Rehkitz. Kenner schnalzen trotzdem mit der Zunge – ob des mächtigen Ladeluftkühlers, des riesigen Heckflügels und der Luftschlitze in der Motorhaube.

Der Innenraum will ebenfalls nur eines sein: zweckmäßig. Die Recaro-Sitze passen perfekt, das Armaturenbrett gibt keine Rätsel auf, die Anzahl der Schalter und Knöpfe beschränkt sich auf das Wesentliche. Sogar die Haptik stimmt. Für das Prädikat "hochwertig" reicht es allerdings nicht. Das Gleiche gilt für das MG-Interieur: Ästheten stoßen sich an dem Mix aus britischer Verspieltheit und nüchternen BMW-Teilen. Egal: Der Motorsound macht Kritiker mundtot und jede Fahrt zur Wellness-Kur.

Sanft wummernd hüllt das archaische Aggregat die Passagiere in einen kuscheligen Klang-Kokon ein. Die großvolumige Maschine hat aus dem Drehzahlkeller heraus einen gewaltigen Punch – leider läßt das Ansprechverhalten zu wünschen übrig. Obenrum wirkt der Motor zugeschnürt. Auf der Autobahn fällt es schwer, sich von der TDI-Meute abzusetzen.

EVO: Gas nach unten, Mundwinkel nach oben

Solche Probleme sind dem Evo fremd. Dessen Maschine legt eine Explosivität an den Tag, als würde sie mit Nitroglyzerin befeuert. Nur ein ausgeprägtes Turboloch trennt die Besatzung vom Glück. Auch beherrschte Fahrer verinnerlichen schnell die Evo-typischen Bewegungsabläufe: Gasfuß nach unten, Mundwinkel nach oben. Die 15 PS, die der Evo wegen Änderungen an der Abgasanlage gegenüber seinem Vorgänger verloren hat, merkt man dem Auto kaum an.

Lediglich die Meßwerte zeugen von der Minderleistung. Gemessene 6,1 Sekunden dauert der 100-km/h-Sprint. Der Evo VII meisterte diese Übung bei unserer Messung in 5,5 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit 245 km/h acht km/h unter dem Vorgänger. Der MG ist mit 7,1 Sekunden auf 100 km/h genau eine Sekunde langsamer als der Evo VIII. Bei 250 km/h regelt MG das Auto elektronisch ab. Eine völlig überflüssige Maßnahme: Erst nach elend langem Anlauf kommen wir überhaupt in die Nähe der 250er-Marke. Auch auf der Rennstrecke macht der MG keine allzu gute Figur. Die Lenkung ist zu indirekt, das Fahrwerk zu weich, die Bremse schwächelt nach wenigen Runden.

Der Mitsubishi hingegen markiert den Musterschüler. Ob Lenkung, Schaltung, Bremse – alle Komponenten funktionieren perfekt. Das Auto setzt jeden Wunsch des Piloten so unmittelbar um, als wäre Intuition im Spiel. Mitsubishi hat dem Evo ein einzigartiges Fahrverhalten anerzogen: In Kurven bleibt das Auto lange neutral, untersteuert dann leicht.

Komplettausstattung zum fairen Preis

Wer jetzt vom Gas geht, dem hilft sachtes, völlig unproblematisches Übersteuern in die Kurve. Mit einem kräftigen Gaspedalstoß bringt der Fahrer den Evo dann wieder auf Kurs. Schön, daß soviel Spaß nicht die Welt kostet – 38.490 Euro, um genau zu sein. Damit ist der Evo VIII zwar der teuerste Mitsubishi, aber doch rund 5000 Euro billiger als sein Vorgänger. Außer Klimaanlage und elektrischen Fensterhebern gibt es keine Luxus-Extras – auch nicht gegen Aufpreis.

Dafür umfaßt die Serienausstattung so nette Rallye-Features wie eine aktive Giermomentkontrolle oder ein elektrohydraulisches Mittendifferential. Eine Kleinigkeit trübt das gute Preis-/Leistungsverhältnis: Der Turbomotor des Evo VIII säuft wie ein Rudel russischer Rekruten. Bis zu 31,6 Litern Super plus genehmigt sich der Japaner. Der MG begnügt sich mit weniger (und billigerem) Sprit – maximal 24,6 Liter Super. Dafür kostet er in der Anschaffung mehr. Mit einem Grundpreis von 45.750 Euro stellt er trotzdem eine der günstigsten Möglichkeiten dar, einen Achtzylinder zu fahren. Zudem ist er komplett ausgestattet.

Zum Abschluß noch eine kleine Hilfestellung vom Autor persönlich: Der MG geht auch ohne Flip-Flop-Lack klar. Aber wer beim Mitsubishi auf den großen Flügel verzichtet, den werde ich ab sofort keines Blickes mehr würdigen.

Fazit und Technische Daten

Vier Türen, fünf Sitzplätze, ein großer Kofferraum und trotzdem keine Mittelklasse wie man sie erwartet. Die Konzepte könnten nicht unterschiedlicher sein: Brite mit amerikanischem V8 trifft Vierzylinder Japan-Turbo.

Fazit: Es lebe der Sport: Auch in der achten Auflage ist die Faszination des Evo ungebrochen. Brillanter Motor, geniales Fahrwerk, polarisierende Optik, aber auch ein grenzenloser Durst – schön, daß Mitsubishi sich treu bleibt. Alles andere als perfekt: Trotzdem hat der MG das Potential zum Klassiker. Mit Hinterradantrieb und bulligem V8-Motor wird der rare ZT spätestens als günstiger Gebrauchter zum Geheimtip.

Meßwerte, Ausstattungen und Preise

Auf der Teststrecke von AUTO BILD TEST&TUNING in Oschersleben belegt der EVO VIII Platz 28. (EVO VII Platz 27.) mit 1:50,08 Minuten und der MG ZT 260 mit einer Zeit von 1:57,30 Platz 113. der ewigen Bestenliste.