Motorrad: Fantic, Triumph, Honda, Scrambler, Test
Cool wie McQueen: drei Scrambler im Vergleich

—
Scrambler können leichtes Gelände – vor allem aber können diese Motorräder gut aussehen und alte Zeiten zitieren. Ausfahrt mit Fantic Caballero 500, Triumph 1200 XE und Honda CL500!
Bild: Olaf Tamm
Inhaltsverzeichnis
Ist es das aufrechte Sitzen hinterm breiten Lenker? Der derbe Eisenauftritt? Oder der Retrocharme? Sind es die kribbelig-singend abrollenden Stollenreifen? Oder haben gar Steve McQueen und "Gesprengte Ketten" damit zu tun? Lang ist's her. 1963 springt doch diese coole Sau mit seiner Triumph TR6 Trophy meterhoch über einen Stacheldrahtzaun. Freiheit!
Etwa zur selben Zeit brachten englische und japanische Marken die ersten Modelle heraus, die mit zwei, drei Änderungen aus Straßenmaschinen offroadtaugliche Spaßgeräte machten: etwas mehr Federweg, dazu hoher Auspuff und Faltenbälge an der Gabel, um die Technik zu schützen. Der breite Lenker half auch jenen, die nicht springen konnten wie McQueen (siehe unten). Eine Mode war entstanden, die anhielt bis in die 1980er, als Enduros plötzlich hip wurden.

Ein Stunt, der Filmgeschichte schrieb: Flucht vor den Nazis in "Gesprengte Ketten" ("The Great Escape").
Bild: United Archives / kpa Publicity Stills
Mit deren Auswüchsen ins Elefantöse kehrte vor etwa zehn, zwölf Jahren der Scrambler zurück: als ein pures, reduziertes Motorrad, gerne mit historischen Zutaten und als Basis für persönliche Umbauten. Die gehen oft weit übers alte klassische Zutatentrio Auspuff/Lenker/Faltenbalg hinaus.
BMW, Ducati oder Triumph befeuern heute die Lust am Individualisieren mit langen Listen von Extras. Und wie bei der zeitgleich aufgepoppten Retromode der Café Racer entstand rund um den Scrambler eine Szene mit Stilikonen und Dresscodes. Man trägt nicht selten Barbour- oder Karojacke, Schnürstiefel und Jethelm mit Schirm. Hauptsache, lässig.
Generell gilt: Alles kann, nichts muss beim Klamottenstyling, auch weil die Scrambler-Palette inzwischen vom Leichtgewicht bis zum Hightech-Boliden reicht. Die wichtigste Regel – möglichst wenig Plastik – befolgt auch das Trio unserer ersten Frühlingsausfahrt: Die Fantic Caballero Scrambler 500 spielt den leichten Hüpfer, die Triumph Scrambler 1200 XE den hochmodernen Alleskönner mit Tradition.
Als jüngstes Modell in der Runde trägt die Honda CL500 stolz das Kürzel ihres Urahnen von 1962 im Namen. Setzen wir also unsere Jethelme auf, drücken die Anlasserknöpfe und scramblen los in die Saison. Brroooaahr.
Hach, ist die hübsch! In den Proportionen wie McQueens Scrambler aus den 1960ern und 70ern, ist die Fantic im Detail viel schöner. Angeschnittene doppelte Endrohre, Wave-Bremsscheiben und ein konifizierter Lenker mit unterschiedlich dicken Wandstärken machen was her, die dicke Upside-down-Gabel stünde auch größeren Bikes.

Fantic Caballero Scrambler 500: Die Sitzbank des endet auf Höhe der Radachse. Sieht schick aus, lässt aber keinen Platz für Mitfahrer.
Bild: Olaf Tamm
Dabei hat die Caballero nur 449 Kubik und muntere 38 PS, die mit den 157 Kilo leichtes Spiel haben. Der Einzylinder röhrt stadttauglich, die Schaltung hakelt sportlich. "Ein echtes Spaßgerät", sagt Händler Stefan Blank von Legendary Cycles Hamburg über seinen Verkaufshit.
Technische Daten Motor: Einzylinder, flüssigkeitsgekühlt • Hubraum: 449 ccm • Leistung: 28 kW (38 PS) bei 7100/min • max. Drehmoment: 40 Nm bei 6000/min • Antrieb: Kette/Sechsganggetriebe • Gewicht: 157 kg • Tankinhalt: 12 l • Sitzhöhe: 820 mm • Reifen v/h: 110/80-19 / 140/80-17 • Verbrauch: 4,2 l/100 km • Preis: ab 6850 Euro
Die Enkelin von McQueens Triumph ist zu einer beeindruckenden Maschine gewachsen. Man sitzt 87 Zentimeter hoch auf der Scrambler XE, hat mächtige 1200 Kubik unterm Sattel und ringsum eine Ausstattung, die den satten Preis rechtfertigt. Das edle Öhlins-Fahrwerk und der massive Motorschutz ermöglichen leichte Ausritte ins Grüne.

Triumph Scrambler 1200 XE: Die Sitzhöhe verlangt ziemlich lange Beine, um an der Ampel sicher zu füßeln. Die breite Bank bietet genug Platz für Mitfahrer.
Bild: Olaf Tamm
Im wahren Leben schwingt dieser hochbeinige Brocken lieber mit sattem Blubbern über Landstraßen oder zeigt vorm Straßencafé seinen bildhübschen Tank. Heiß wird dem Fahrer vom Krümmer des hochgelegten Auspuffs, der ebenso stilecht wirkt wie Handschützer und Stollenreifen.
Technische Daten Motor: Zweizylinder, flüssigkeitsgekühlt • Hubraum: 1200 ccm • Leistung: 66 kW (90 PS) bei 7250/min • max. Drehmoment: 110 Nm bei 4500/min • Antrieb: Kette/Sechsganggetriebe • Gewicht: 230 kg • Tankinhalt: 16 l • Sitzhöhe: 870 mm • Reifen v/h: 90/90-21 / 150/70-17 • Verbrauch: 4,6 l/100 km • Preis: ab 15.695 Euro
Steig auf, scheint die Honda zu rufen. Die braune Sitzbank angenehm niedrig, der orangefarbene Tank aufreizend leuchtend, Lenker und Rasten dort, wo sie hingehören. Die CL500 betont das Beiläufige an der Scrambler-Idee. Der Zweizylinder schüttelt seine 47 PS gelassen aus dem Ärmel, die Schaltung rastet so exakt wie jeder Bedienknopf.

Honda CL500: Niedrige Sitzhöhe und entspanntes Bedienen machen die Honda so einsteigerfreundlich. Aufspringen und los!
Bild: Olaf Tamm
Typisch Honda eben. Da bleibt Zeit, um die Details der Maschine zu inspizieren: Die schicken Räder oder den modischen LED-Scheinwerfer, während Faltenbälge und hochgezogener Auspuff eine Prise Offroad in den Stilmix geben. Die CL wandert zwischen den Modewelten.
Technische Daten Motor: Zweizylinder, flüssigkeitsgekühlt • Hubraum: 471 ccm • Leistung: 34 kW (47 PS) bei 8500/min • max. Drehmoment: 43 Nm bei 6000/min • Antrieb: Kette/Sechsganggetriebe • Gewicht: 191 kg • Tankinhalt: 12 l • Sitzhöhe: 790 mm • Reifen v/h: 110/80-19 / 150/70-17 • Verbrauch: 3,8 l/100 km • Preis: ab 6990 Euro
Schauspieler Steve McQueen (1930-1980) war bekannt dafür, gefährliche Stunts in den Filmszenen selbst zu machen – so auf vier Rädern bei der legendären Verfolgungsjagd mit dem Ford Mustang in "Bullit" oder auf zwei Rädern beim Sprung mit der Triumph in "Gesprengte Ketten".

Auto- und Motorradliebhaber Steve McQueen.
Bild: All mauritius images
Auch privat hatte der "King of Cool" eine Leidenschaft für schnelle Autos und Motorräder. Er nahm an Offroad-Motorradrennen in den USA und Europa teil und besaß viele Maschinen. Sein Favorit, eine 1971er Husqvarna 400 Cross, wurde 2022 für 186.500 Dollar versteigert.
Fazit
Die Hüfte zwickt? Das Haar wird lichter? Dann können Sie jammern, zum Arzt gehen – oder sich als Jungbrunnen einen Scrambler zulegen. Auf den lässigen Maschinen ist jeder ein Steve McQueen. Man muss ja nicht den Helm abnehmen ...
Service-Links