Clou inside? Was ist denn damit gemeint? Der Niesmann+Bischoff-Werbeslogan klingt, als hielten die Wohnmobile der Nobelmarke aus der Erwin Hymer Group irgendwelche Überraschungen parat. Stimmt – einige technische Lösungen sind wirklich ungewöhnlich. Aber er ist auch eine Reverenz an frühere N+B-Modellreihen: Der "Clou" war ab 1981 Kern des in Polch am Rhein ansässigen Unternehmens und hat, zunächst als Alkoven, dessen guten Ruf maßgeblich geformt. Komfortausstattungen am oberen Ende des technisch seinerzeit Machbaren wie eine Warmwasserheizung und hohe Langlebigkeit dank holzfreiem Alu-Sandwich-Aufbau gehörten dabei zu den Hauptmerkmalen. Nicht verwunderlich also, dass mittlerweile zu Oldtimern gereifte Clous auch heute noch recht häufig im ganz normalen Reiseeinsatz zu sehen sind – gern in zeittypischen Gold- und Champagnertönen. Gute Gene hat er also schon mal, unser Arto. Schauen wir mal, wie viel Clou in ihm steckt.

Der Arto kann problemlos ein kleines Apartment ersetzen

Niesmann+Bischoff Arto 79 R
Gediegen: Der Arto ist das "Mittelklasse"-Modell von Niesmann+Bischoff. Noch größer kommt der Flair auf Iveco-Basis.
Das ist er: Ein groß gewachsener Gentleman. Auf drei Achsen sind seine acht Meter verteilt – und schick eingekleidet. Fangen wir vorne an: Unter der weit heruntergezogenen Windschutzscheibe (serienmäßig mit Grünkeil) grüßt uns ein bestimmt wirkender Kühlergrill in schwarzem Glanzlack. Nach unten wird er abgeschlossen von einem dezenten, matt champagnerfarben (da ist es wieder) folierten Spoiler. Dieser Folienstreifen wird an den Seiten fortgeführt, was den Aufbau zusammen mit der umlaufenden Alu-Seitenbeplankung gestreckt und somit weniger wuchtig wirken lässt. Das einteilige Heck schließlich wirkt mit seiner Abrundung nach oben und der integrierten Windabrisskante formschlüssig. Sehr clean insgesamt, dieses Design. Dazu passen Details wie die aus dem N+B-Emblem ausfahrende Rückfahrkamera (so bleibt nebenbei ihre Linse länger sauber) und das Fehlen angeschraubter Feststeller für die Bordklappen. Fahrerseitig ist eine davon der bequemen Entleerung der Wassertanks und Leitungen vorbehalten. Hier finden sich auch ein Wasserfilter und ein quer am Unterboden clever in einem Rohr verstauter Abwasserschlauch zum Aufstecken. Das Fach ist beheizt, so wie der komplette 29 Zentimeter hohe Zwischenboden. Er beherbergt Frisch- und Abwassertank (Reinigungsöffnungen unter Fußbodenklappen) sowie leider nur von innen erreichbare Staufächer. Auch die Aufbaubatterien sind hier installiert.
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Niesmann+Bischoff Arto 79 R
Der luftige Grundriss lädt zum Verweilen ein. Option: Dachschränke statt des serienmäßigen Hubbetts erhöhen das Raumgefühl zusätzlich.
Im 1,26 Meter hohen, 2,17 Meter breiten und 1,40 Meter langen Heckstauraum ist zentral und gut erreichbar der Rest der Bordelektrik untergebracht. Ein Zurrschienensystem mit verschiebbaren Ösen sorgt dafür, dass nichts verrutscht. LED-beleuchtet und mit Nadelfilz ausgeschlagen, wäre das schon fast ein Extra-Zimmerchen – und eine nette Mitbewohnerin auch gleich dabei: die Toilette. Zumindest temporär, denn wird sie drinnen gebraucht, schwenkt sie mitsamt Papierhalter und Bürste mit einem Handgriff in den Duschraum. Eine elegante Lösung, denn so steht sie nirgends im Weg und lässt mehr Platz für Wellness. Damit hat's der Arto sowieso: Seine dicken Matratzen dürfte kaum jemand morgens unerholt verlassen. Genauso bequem, weil dreilagig gepolstert und an den Lehnen ergonomisch ausgeformt, ist die Sitzgruppe. Ihr Bezug steht in 54 Farb- und Materialkombinationen zur Wahl. Egal, auf welche die Wahl fällt: Die lange Couch vor der Küche ist hier der Lieblingsplatz. Bei umgeklappten Fahrerhaus-Sitzlehnen ist der Panoramablick durch die vielen Scheiben besser als großes Kino.

Die Aufpreisliste ist voller Verlockungen

Das hat er: Einen durchgehend ebenen Boden, ein Schuhfach und einen lederummantelten Griff am Eingang, stoffbezogene Wände und Decken – lauter Schönes, das den Aufenthalt an Bord angenehm macht. Allerdings ist auch die Aufpreisliste lang: 2990 Euro kostet das Linerpaket (Frontscheibenrollo, Komfortsitze, Fahrer- und Beifahrerfenster isoliert etc.), 1050 Euro das Panorama-Kurbeldach überm Bett, 2770 Euro die Warmwasserheizung, 5690 Euro sogar das Multimediapaket (Navi mit Rückfahrkamera, High-End-Lautsprecher mit Subwoofer, 22-Zoll-LED-TV, Sat-Anlage). Und, ach ja, die Toilettenbürste 29 Euro. Serienmäßig sind hingegen eine klasse Verarbeitung und das sich automatisch einstellende Raumfahrer-Gefühl, das nur Liner mit ihren üppigen Platzverhältnissen und großen Scheiben vermitteln.

Der kräftige 177-PS-Diesel ist ein sinnvolles Extra

Niesmann+Bischoff Arto 79 R
Von außen wirkt der Arto eher kleiner, als er ist. Beim Fahren übrigens auch – zum Glück.
So fährt er: Angenehm! Gut gedämmt und mit automatisiertem Sechsganggetriebe (2260 Euro) zeigt sich die Ducato-Maxi-Basis des Modelljahres 2019 von ihrer besten Seite. Demnächst wird's dann mit Neunstufen-Wandlerautomatik noch komfortabler. Zum Fahrspaß trägt auch der kräftige 177-PS-Diesel bei – ein sinnvolles Extra (4390 Euro) für den Fünf-Tonnen-Brummer. Und der Aufbau? Gibt sich geräuscharm und steif: Das AL-KO-Breitspur-Tiefrahmenchassis wird bei N+B durch ein verschraubtes Gerippe verstärkt. Die Übersichtlichkeit nach vorn und zur Seite (große Spiegel, niedrige Fensterlinie) ist ordentlich – auch dank der in Höhe und Neigung anpassbaren Sitze, in denen sich leicht die sicherste Sitzposition findet. Spitze!

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Wohnmobil-Test Niesmann+Bischoff Arto 79 R
Wohnmobil-Test Niesmann+Bischoff Arto 79 R
Wohnmobil-Test Niesmann+Bischoff Arto 79 R
Kamera
Wohnmobil-Test Niesmann+Bischoff Arto 79 R
Fazit von Alex Failing: Gentle heißt auf Deutsch sanftmütig. Das trifft den Kern dieser reisemobilen Sänfte auf den Punkt. Die einfache Bedienung, das stilsichere Interieur und der hohe Wohnkomfort erfüllen gekonnt die Verheißungen der Liner-Klasse. Urteil: 4,5 von fünf Punkten.