Das hat der Nissan Patrol zehn Jahre nach seinem Aus noch zu bieten
—
Vor zehn Jahren wurden die letzten Nissan Patrol als Neuwagen zugelassen. Der Bestand an gebrauchten Patrol schrumpft und schrumpft. Jetzt noch schnell einen sichern?
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
In den guten Jahren verkaufte Nissan immer etwa 3000 Patrol – allein in Deutschland. Doch ab Mitte der 2000er-Jahre wollten die Leute mehr Komfort, als der schraubengefederte Starrachser bieten konnte. Und sie wollten schneller fahren als die maximal 162 km/h, zu denen sich der Patrol unter klagendem Gebrumm seines Dieselmotors aufraffen konnte. Und sie wollten an der Tankstelle weniger zahlen als für die 11,5 Liter Dieselöl, die der 2,5-Tonner regelmäßig verputzt. Die Nachfrage sank und sank. 2008 konnte Nissan den Patrol noch problemlos liefern, aber ganze 68 Liebhaber erwärmten sich für den dicken Japaner. Das endgültige Aus in Europa war für den Patrol gekommen.
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).
Der Patrol ist nicht ganz so robust wie sein Ruf
Und heute? Angesichts von Elektronikkapriolen, Steuerkettenrissen und defekten Luftfederungen schwärmen viele von den alten Zeiten, als die Autos noch robust und langlebig waren. Doch waren sie das wirklich? Nehmen wir den guten Patrol.
Achsbruch? Nein, so sieht ein Starrachs-Geländewagen mit richtig guter Verschränkung aus.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Ja, Elektronikpannen gibt es tatsächlich höchst selten. Ab und zu erwischt es das Steuergerät für die elektronische Dieseleinspritzung. Aber das ist auch das einzige echte Steuergerät im Patrol. Die restliche Elektrik ist klassisch aufgebaut und deshalb bei Störungen problemlos und ohne Diagnosecomputer reparierbar. Dass der Patrol nicht ganz so robust ist wie sein Ruf, liegt vor allem an zwei Großbaustellen. Die erste ist der Rost. Der Fortschritt des Verfalls ist aber gerade beim Patrol für Laien gut zu prüfen. Denn zum einen hat er von Haus aus so viel Bodenfreiheit, dass man ohne Hebebühne die kritischen Stellen wie die Anlenkungen der Achsführungen am Leiterrahmen oder die Bodenbleche der Karosserie am Übergang zu den Seitenschwellern begutachten kann. In den Radhäusern ist so viel Platz, dass man den ganzen Kopf reinstecken kann, um die kritischen Radläufe von innen nach außen zu prüfen. Und auch die oft wegfaulende Hecktraverse des Rahmens lässt sich problemlos von unten inspizieren. Auch bei dick aufgetragenem Unterbodenschutz sollte man eher einen Rückzieher machen. Noch gibt es gute, weil rostfreie Patrol. Einen solchen sollte man allerdings schnellstmöglich nachträglich mit kriechfähiger Hohlraumversiegelung schützen, denn die werkseitige Vorsorge war nie ausreichend und gut schon gar nicht.
Der Fünfgangschalter ist für flotte Fahrten zu kurz übersetzt
Zweite Problemzone: der Turbodieselmotor. In den ersten beiden Baujahren des Patrol GR II überlebte noch der 2,8-Liter-Reihensechser aus dem Vorgänger (Y60) – ein zwar tatendurstig klingender Wirbelkammer-Diesel mit tiefem Turboloch unterhalb von 1800 Touren, aber mit chronisch erhöhter Öltemperatur bei schneller Autobahnfahrt oder Anhängerbetrieb. Folge: durchgebrannte Zylinderkopfdichtungen, gerissene oder verzogene Zylinderköpfe. Dem Motor hilft ein nachgerüsteter Ölkühler und hochwertiges Motoröl.
3.0-Vierzylinder und 2.8-Sechszylinder brauchen hochwertiges Motoröl, am besten einen nachgerüsteten Ölkühler und ein Ölthermometer.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Der seit 2000 verwendete 3.0-Vierzylinder mit Direkteinspritzung und seinem traktorartig tuckernden Leerlauf samt biestiger Kraft aus dem Drehzahlkeller ist leider kaum weniger empfindlich. Der Großkolben-Diesel verabscheut hohe Dauerdrehzahlen.Hoch bedeutet bei diesem Motor: alles oberhalb von 3000 Touren. Leider ist der Patrol aber speziell als Fünfgangschalter zu kurz übersetzt für flotte Fahrten auf deutschen Autobahnen. Beim Automatik-Patrol sieht es da besser aus, weil die vierte Stufe der Automatik kurioserweise deutlich länger übersetzt ist als der fünfte Gang der Handschaltung. Deshalb haben mehr Automatik-Patrol überlebt, obwohl weniger verkauft wurden. Bei Überlastung oder schlechtem, zu heißem Öl reagiert auch dieser Motor mit defektem Zylinderkopf. Doch mit konsequent unter 115 Grad Celsius gehaltenem Öl (nicht Wasser!) von guter Qualität sind auch 300.000 und mehr Kilometer drin, wie etliche Patrol aus sorgfältiger Liebhaberhand beweisen.
Besitzer bemängeln, dass bei den Nissan-Werkstätten immer weniger Patrol-Kenner arbeiten, die sich mit der etwas eigentümlichen Einspritzpumpe auskennen. Da fehlt es nicht selten an langjährigen Mitarbeitern. Die Wahl des nächsten Autos ist für Patrol-Besitzer schwierig. Nicht wenige suchen nach einem besseren Exemplar, der Rest steigt um auf Toyota Land Cruiser. Denn den gibt es ja auch in Europa noch als Neuwagen.
AUTO BILD Gebrauchtwagenmarkt
67.980 €
Toyota Land Cruiser 2.8 Executive 7-sitzer & Schiebed.
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).
Fazit: Der traktorartige Motorlauf verführt zu der Annahme, dass auch die Lebensdauer traktorartig ist. Aber der Dieselmotor ist nicht vollgasfest, und der Rost nagt an der Karosserie. Ein behüteter Patrol macht dafür nur selten Ärger.
Bildergalerie
Gebrauchtwagen-Test Nissan Patrol
Von
Martin Braun
Gebrauchtwagen-Test Nissan Patrol
1/15
Ab Mitte der 2000er-Jahre wurde es schwer für den Nissan Patrol. 2008 erwärmten sich nur noch ganze 68 Liebhaber für den dicken Japaner. Das endgültige Aus in Europa war gekommen. Seither schrumpft der Bestand gebrauchter Exemplare. Sollte man sich noch schnell einen sichern?
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
2/15
Unser Testwagen aus dem Jahr 2010 hat eine Laufleistung von 180.000 km auf dem Buckel. Preis: ab 5000 Euro. Elektronikpannen gibt es beim Patrol selten. Ab und zu erwischt es das Steuergerät für die elektronische Dieseleinspritzung. Die restliche Elektrik ist klassisch aufgebaut und deshalb bei Störungen problemlos reparierbar.
Dass der Patrol nicht ganz so robust ist wie sein Ruf, liegt vor allem an zwei Großbaustellen. Die erste ist der Rost. Noch gibt es gute, weil rostfreie Patrol. Einen solchen sollte man allerdings schnellstmöglich nachträglich schützen.
Zweite Problemzone: der Turbodieselmotor. In den ersten beiden Baujahren des Patrol GR II überlebte noch der 2,8-Liter-Reihensechser aus dem Vorgänger (Y60) – ein zwar tatendurstig klingender Wirbelkammer-Diesel mit tiefem Turboloch unterhalb von 1800 Touren, ...
... aber mit chronisch erhöhter Öltemperatur bei schneller Autobahnfahrt oder Anhängerbetrieb. Folge: durchgebrannte Zylinderkopfdichtungen, gerissene oder verzogene Zylinderköpfe.
Der seit 2000 verwendete 3.0-Vierzylinder mit Direkteinspritzung und seinem traktorartig tuckernden Leerlauf samt biestiger Kraft aus dem Drehzahlkeller ist leider kaum weniger empfindlich. Der Großkolben-Diesel verabscheut hohe Dauerdrehzahlen. Hoch bedeutet bei diesem Motor: alles oberhalb von 3000 Touren.
Leider ist der Patrol aber speziell als Fünfgangschalter zu kurz übersetzt für flotte Fahrten auf Autobahnen. Beim Automatik sieht es da besser aus, weil die vierte Stufe der Automatik deutlich länger übersetzt ist als der fünfte Gang der Handschaltung. Deshalb haben mehr Automatik-Patrol überlebt, obwohl weniger verkauft wurden.
Bei Überlastung oder schlechtem, zu heißem Öl reagiert auch dieser Motor mit defektem Zylinderkopf. Doch mit konsequent unter 115 Grad Celsius gehaltenem Öl (nicht Wasser!) von guter Qualität sind auch 300.000 und mehr Kilometer drin, wie etliche Patrol aus sorgfältiger Liebhaberhand beweisen.
Allrad darf man bis 40 km/h während der Fahrt zuschalten. Kratzt und knirscht es aber beim Zuschalten selbst dann, wenn man das 40er-Limit einhält, ist die Synchronisierung im Verteilergetriebe hin.
Besitzer bemängeln, dass bei den Nissan-Werkstätten immer weniger Patrol-Kenner arbeiten, die sich mit der eigentümlichen Einspritzpumpe auskennen. Die Wahl des nächsten Autos ist für Patrol-Besitzer schwierig. Nicht wenige suchen nach einem besseren Exemplar, der Rest steigt um auf Toyota Land Cruiser.
Bild: Christian Bittmann
12/15
Fazit: Der traktorartige Motorlauf verführt zu der Annahme, dass auch die Lebensdauer traktorartig ist. Aber der Dieselmotor ist nicht vollgasfest, und der Rost nagt an der Karosserie. Ein behüteter Patrol macht dafür nur selten Ärger.
Eine gebrauchte Alternative zum Nissan Patrol kann der Land Rover Discovery sein. Für einen 3.0 TDV6 von 2012 muss man mindestens 15.000 Euro investieren.