Motor und Antrieb

Irgendwie ist Opels Schema der Modellbezeichnungen etwas unglücklich: Vectra B – hört sich das nicht schon an wie zweite Wahl? Für die erstproduzierten Modelle trifft das zum Teil sicher zu, hier mussten via Rückrufaktion erst mal der Beifahrerairbag und die Verschraubung der Gurtbefestigung überprüft werden. 1997 dann der nächste Aufruf: Der Zahnriemen konnte überspringen und den Motor ruinieren. Alle 1,6- und 1,8-Liter-Sechzehnventiler bekamen neue Riemen und Spannrollen, das Wechselintervall wurde auf 60.000 Kilometer herabgesetzt.

Dabei ist der Vectra der so genannten Premiumklasse in den wesentlichen Punkten durchaus gewachsen. Vor allem beim Fahrwerk. Vorne McPherson, Mehrlenker* hinten – das federt so geschmeidig und führt so spurtreu wie bei viel teureren Fahrzeugen. Mit den Spurstangen hat jedoch auch der Vectra Probleme, genau wie sein Hauptkonkurrent VW Passat. Bis Juli 97 konnte auch die Handbremse nach dem Lösen blockieren, was Opel mit geänderten Bremssätteln und leichtgängigeren Seilen behob.

Genauso ärgerlich sind Rumpelgeräusche von ungleichmäßig verschlissenen Reifen. Opel änderte in der Serie mehrfach die Einstellwerte für die Vorderachse, empfahl für leisen Lauf den Conti Super Contact. Wenn trotzdem keine rechte Ruhe einkehren will, kann es auch an den unüberhörbaren Motorgeräuschen liegen – oder am Klappern. Der Vectra B beherbergt diverse Poltergeister in seinem Armaturenbrett. Selbst neue 2000er-Modelle lassen es manchmal knacken.

Verarbeitung und Fahrwerk

Davon abgesehen sind die Motoren jedoch so langlebig, wie es für die Marke Opel früher typisch war. Allerdings zeigen die Triebwerke große Fertigungsschwankungen - manche verbrauchen kaum Öl, andere nehmen den Schmierstoff literweise. Da klingt der Hinweis des Opel-Werkskundendiensts einem Leser gegenüber wie eine schlechte Ausrede: "Bis zu 1,5 Liter pro 1000 Kilometer sind normal, andere Marken benötigen noch mehr." Das lassen wir hier nicht gelten – mehr als 0,2 Liter entsprechen heute nicht mehr dem Stand der Technik.

Der Kraftstoffkonsum der Opel-Vierzylinder dagegen schon. In ihrer Leistungsklasse gehören sie jeweils zu den sparsamsten überhaupt. Wer es nicht zu eilig hat, ist schon mit 75 PS gut bedient. Allerdings wurde dieser Motor im Caravan nie angeboten. Dort ist der 1.6 16V die Basis und stellt mit rund 42 Prozent den größten Anteil. Trotzdem möchten wir ihn nicht uneingeschränkt empfehlen – Laufkultur und Leistung erfüllen kaum höhere Ansprüche.

Deshalb findet sich der 1,8-Liter in der Modellempfehlung. Er ist kaum durstiger, zieht aber deutlich besser durch – vor allem in Verbindung mit dem ab 97 wahlweise ohne Aufpreis angebotenen Fünfgang-Sportgetriebe. Die stärkeren Maschinen dagegen erscheinen verzichtbar – ihr Potenzial lässt sich nur selten nutzen, weil kein BMW-Fahrer wegen eines Vectra im Rückspiegel seinen Stammplatz auf der linken Spur räumt.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 6/88 Einführung der Modellreihe als Ablösung des Ascona 8/95 Wechsel auf den Vectra B, zwei Karosserieversionen mit vier (Stufenheck) und fünf Türen (Fließheck), Motoren von 82 Diesel-PS bis zum 170-PS-V6 9/96 Einführung Vectra Caravan und 2.0 DI 16V, dritte Bremsleuchte serienmäßig 9/97 Seitenairbags und Lenkrad-Höhenverstellung Serie, neuer 2.0-DTI-16V-Motor mit 100 PS 9/99 Facelift, Xenonscheinwerfer gegen Aufpreis 2/02 neues Modell Vectra C 10/03 Einführung des neuen Vectra C Caravan

Schwachstellen • Lenkgetriebe war bis Ende 96 die Achillesferse des Vectra B. Es neigt zum Klappern beim Einschlagen und kann erhöhtes Spiel bekommen • Ölundichtigkeiten sind selbst bei unserem Foto-Wagen von 97 noch nicht vom Tisch • Zahnriemen war 95/96 Ursache zahlreicher Motorschäden, ehe eine Rückrufaktion neue Spannrollen und damit Besserung brachte. Bei Fahrzeugen aus jenen Jahren dokumentiert ein Aufkleber am Zahnriemengehäuse die Teilnahme daran • Detailverarbeitung lässt stellenweise zu wünschen übrig. Da können schon mal Spiegelgehäuse abfallen oder Gummidichtungen zerbröseln

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Opel Vectra B Caravan, 85 kW/115 PS, Bj. 97. Auch der Vectra zeigt die sprichwörtliche Preiswürdigkeit der Marke Opel, nur das Fünfganggetriebe verursacht im Schadensfall Schluckbeschwerden.

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Insgesamt zeigt der Vectra B gegenüber seinen Vorgängern eine deutlich verbesserte Qualität. Im Bereich der Lenkung jedoch schwächelt er: Das Lenkgetriebe macht mit Knackgeräuschen und Ölverlust auf sich aufmerksam, die Spurstangenköpfe – einst die starke Seite des Vectra - verschleißen recht schnell. Dafür scheint die einseitige Wirkung der Handbremse nun behoben zu sein, lediglich der Betätigungsmechanismus kann mit der Zeit korrodieren." Klaus Lesczensky, Gutachter TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg

Modellempfehlung Opel Vectra B Caravan (85 kW/115 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 180 Mark im Jahr/Euro 3 Testverbrauch: Werksangabe 8,6 Liter, gemessen 8,8 Liter (Super) Versicherung: Vollkasko (18/1000 Mark SB): 1908 Mark. Teilkasko (26/300 Mark SB): 393 Mark. Haftpflicht (14): 1370 Mark (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 15.000 Kilometer, etwa 200 bis 600 Mark Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 50 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 1800 Mark Verlust
*) In einer früheren Version des Artikels schrieben wir, der Opel Vectra B habe eine Verbundlenker-Hinterachse. Tatsächlich handelt es sich um eine Mehrlenker-Hinterachse.