Porsche 9ff GT9 (2008): Rekord, 409 km/h, Topspeed, Instagram
Auf eigener Achse zum Rekord: 409 km/h im 9ff GT9

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Im Jahr 2008 fuhr der Porsche 9ff GT9 unglaubliche 409 km/h. Viele Jahre später erinnert sich 9ff-Chef Jan Fatthauer zurück und spricht über kuriose Details!
Bild: Christian Bittmann
Mit 412 km/h ist der Rimac Nevera das schnellste Elektroauto der Welt. Ein Porsche-Tuner aus Dortmund erreichte fast dieselbe Geschwindigkeit – bereits vor über 14 Jahren! Im April 2008 fuhr 9ff-Chef Jan Fatthauer auf dem Highspeed-Oval des ATP Papenburg mit dem brutalen GT9 unglaubliche 409 km/h.
In einem auf Instagram veröffentlichten Reel erinnert sich Fatthauer zurück und plaudert aus dem Nähkästchen. Damals sei er auf Achse nach Papenburg gefahren, habe den Rekord geschafft – und dann ging es auf den gleichen Reifen wieder nach Hause. Keine Spezialreifen, kein riesiges Team, kein großes Tamtam. Damals mit dabei: AUTO BILD!
Die irre Rekordfahrt im Rückblick
Ben Arnold in AUTO BILD SPORTSCARS 6/2008:
"Hallo Papa. Nicht lange fackeln heute, Gas geben. Fahr 410 km/h!" Diese Anweisung seines 9-jährigen Sohnes Jannes erreicht Jan Fatthauer auf dem Weg nach Papenburg. Dass Kindermund in der Tat Wahrheit kundtut, können wir an dieser Stelle noch nicht absehen. Ich sitze neben dem 9ff-Chef auf dem Beifahrersitz des GT9.
Vor einer Stunde sind wir vom Firmensitz in Dortmund aufgebrochen. Vor dem Start hat mir Jan die jüngsten Kampfspuren vorgeführt. Der GT9 trägt sie so selbstbewusst und würdevoll zur Schau wie ein Boxer die platt gehauene Nase und Blumenkohlohren. Die großflächige Unterbodenverkleidung aus Holz und Carbon weist am vorderen Ende Abschürfungen auf. Zu Beginn hatten wir bei 350 km/h so viel Abtrieb, dass die Front den Asphalt küsste."

Die Basis des GT9 ist ein 997 GT3, der allerdings um zwölf Zentimeter gechoppt und deutlich verlängert wurde.
Bild: A. Perkovic
Anschließend zeigt er uns hinten links Spuren eines behobenen Lackschadens: "Die exorbitante Leistung führte dazu, dass uns bei einer Messung auf dem Rollenprüfstand unbemerkt die Hinterräder durchdrehten. Dadurch überhitzte ein Reifen und platzte. Karosserie und Motor wurden von der sich ablösenden Lauffläche schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Reparatur warf uns ganz schön zurück."
Die Höhle des Löwen ist verblüffend bequem
Heute, am 10. April 2008, soll sich die ganze Schinderei endlich auszahlen. Die Papenburg-Karawane besteht aus Jan und mir im GT9, seine beiden Werkstattmeister und AUTO BILD SPORTSCARS-Fotograf Christian Bittmann teilen sich zwei weitere Porsche.
Anfangs ist das Verhältnis zwischen dem GT9 und mir noch distanziert. Er scheint zu spüren, dass ich einst an ihm gezweifelt habe. Mir fällt der Einstieg schwer. Als ich begriffen habe, dass man die gen A-Säule hin abfallende Überrollkäfigstrebe als Rutschbahn nutzen muss, um zäpfchengleich in den Innenraum zu flutschen, bricht das Eis.
Die Höhle des Löwen fällt verblüffend bequem aus: Die Beinfreiheit genügt, die Breite der Sitzschalen ebenfalls, und auch zwischen Haupthaar und Dachhimmel verbleibt noch ausreichend Platz. Dabei kauert der GT9 so flach auf der Straße, dass man schon beim bloßen Anblick den Kopf einzieht. Um 12 Zentimeter hat 9ff die Porsche-GT3-Basis gechoppt.
Die lawinengleiche Kraftentfaltung imponiert
Rund 200 Kilometer liegen vor uns. Tut sich im dichten Verkehr auf der linken Autobahnspur eine Lücke auf, drückt Jan spontan das Gaspedal durch. Liefern die beiden gewaltigen Lader bei rund 4500 Umdrehungen vollen Druck, fühlt es sich an, als würde man von einer Lawine mitgerissen. Der Motor brüllt – laut, zornig, kraftvoll. Die Wastegate-Ventile der beiden Lader pfeifen ihr Lied dazu – ein Song mit Hitparaden-Potenzial.

Geschafft! Das Garmin-GPS (rechts) und die parallel installierte Driftbox sind sich einig: 409 km/h!
Bild: A. Perkovic
Jan Fatthauer verrät mir sein Highspeed-Patentrezept: "Man kombiniere einen ausreichend starken Motor mit einer Wasser-Ladeluftkühlung. Deren Einsatz hat eine äußerst stabile Thermik zur Folge." Von dieser Lösung profitiert auch die Aerodynamik: Der GT9 kommt mit einer einzigen mittigen Kühlluftöffnung in der Front aus.
Auf den letzten Kilometern lasse ich mich vom Boxer-Grollen des GT9 einlullen und wage ein Nickerchen. Das Städtchen Papenburg im Emsland empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein und Windstille. An der Strecke erwartet uns eine Abordnung von Continental. Ralf Rossenbach und Holger Berkmann wollen miterleben, wie sich ihr SportContact Vmax zu Höchstleistungen aufschwingt.
Die Nervosität von Entwickler Berkmann hält sich in Grenzen: "In Anbetracht des niedrigen Gewichts von 1,4 Tonnen sollte der offiziell bis 360 km/h freigegebene Reifen problemlos funktionieren." Nur in der Steilkurve muss sich der Fahrer zügeln: "Aufgrund der hohen Zentrifugalbeschleunigung darf er 310 km/h keinesfalls überschreiten."
Aus Aberglaube blieben Service-Truck und Rennoverall zu Hause
Alle Weichen für die Rekordfahrt scheinen gestellt. Gegen 14 Uhr wird es ernst. Jan Fatthauer verkündet, er sei ein bisschen nervös. Viel merkt man davon nicht. Der sympathische 40-Jährige setzt sich ins Auto und legt den Dreipunktgurt an.
Er verzichtet auf jeglichen Zinnober: Seine Füße stecken in normalen braunen Lederschuhen, der Kopf bleibt helmfrei. "Aus Aberglaube. Immer wenn wir uns zu perfekt vorbereitet haben, ging etwas schief. Ließ ich es locker angehen, lief hingegen alles rund. Deshalb habe ich den Service-Truck zu Hause gelassen und fahre in ganz gewöhnlichen Straßenklamotten."

Zentrum der Macht: Die 987 PS starke Mega-Monster-Maschine auf Basis des 911-Turbo-Motors.
Bild: A. Perkovic
Auf dem Beifahrersitz nimmt Werkstattleiter Markus Schrader Platz. Der kontrolliert während der Fahrt Zündzeitpunkt, Lambda und Verbrennung. "So können wir alle Parameter im Auge behalten und sofort reagieren."
Nach zehn Minuten ist der Rekord in trockenen Tüchern
Das Auto rollt unter der Schranke durch, die es zu passieren gilt, um auf das Testgelände zu kommen. Keine zehn Minuten vergehen, und der GT9 kommt wieder. Jan Fatthauer hält mit unbewegter Miene an und zückt das Handmessgerät.
Als wir mit großen Augen auf die im Display blinkende 409 starren, verzieht sich sein Mund zu einem breiten Grinsen. Tief beeindruckt gratulieren wir ihm. Und ziehen unseren Hut. Steht vor uns doch ein Mann, der konsequent sein Ding durchgezogen und seinen Traum verwirklicht hat.
Nur fürs Protokoll: Eine weitere Ausbaustufe, der 1400 PS starke GT9 Vmax, schaffte einige Jahre später sogar unglaubliche 437 km/h Topspeed. Weil 409 km/h einfach noch nicht ausgereicht haben!
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