Kleine Brüder haben es selten leicht. Sie stehen im Schatten der Großen, müssen sich erst beweisen. Und wenn es dann mal klappt, sich ein bisschen in den Mittelpunkt zu stellen, ist auch schon wieder Ärger programmiert. Eine Geschichte, die auch der "VW-Porsche Roadster Typ 914" erleben durfte, der als kleiner Bruder des Porsche 911 erst gar nicht ernst genommen wurde und dann nach sieben Produktionsjahren dem neuen kleinen Elfer-Bruder 924 Platz machen musste. Dabei stand das Projekt 914 von Beginn an nicht gerade unter dem glücklichsten aller Sterne. Doch der Reihe nach.1969 machten sowohl Porsche als auch Volkswagen Bedarf an einem neuen, bezahlbaren Sportwagen aus. VW suchte nach einem Nachfolger für den Karmann-Ghia, Porsche wollte seine Marktpräsenz mit einem unterhalb des 911 adelten Modell ausbauen. Zur gemeinsamen Umsetzung dieses Vorhabens gründeten beide Unternehmen die "VW-Porsche-Vertriebsgesellschaft mbH" und statteten sie mit einem Grundkapital von fünf Millionen D-Mark aus. Ziel der Kooperation: Porsche sollte einen preiswerten Mittelmotorsportler entwickeln, der dann mit Vierzylindern als VW, mit Sechszylindermotoren unter dem Label Porsche angeboten werden sollte.Doch es kam etwas anders. Ein überraschender Wechsel im VW-Vorstand machte das Vorhaben in der geplanten Form zunichte und erzwang einen Kompromiss: Fortan wurde der Wagen unter dem Namen VW-Porsche vermarktet. Mit einer Ausnahme: In den USA ließ man den VW-Zusatz im Namen weg und verkaufte dort mit Abstand die meisten 914.
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Video: VW Porsche 914

Beziehungskisten: Der wilde Siebziger

Bild: AUTO BILD
VW-Porsche 914-6
Ein Porsche ist ausschließlich ein Elfer, und ein 914 mit dem VW-Zusatz gefühlt niemals ein echter Porsche. Dass der schlichte 914 mit Targadach zudem als "Volksporsche" tituliert wurde, erhöhte die Akzeptanz unter Porsche-Fahrern nicht gerade. Dennoch fürchtete man, der 914-6 mit Sechszylinder-Boxer aus dem 911 T könne dem Elfer gefährlich werden. Schließlich war der zu Anfang für rund 16.000 Mark angekündigte 914-6 ähnlich schnell wie ein 911 T, im Sprint auf 100 km/h sogar rund eine Sekunde schneller. Also erhöhte man den Preis kurzerhand auf 19.980 Mark, rund 1000 Mark unter dem Preis des 911 T. Die Rechnung ging auf und verhinderte einen größeren Erfolg des frühen kleinen Elfer-Bruders 914-6, der schon 1971 wieder beerdigt wurde – fünf Jahre bevor auch der vierzylindrige VW-Porsche aufs Altenteil abgeschoben wurde.
Porsche Cayman GTS blau Seitenansicht
Die schwarzen, eigenständig gestalteten Lufteinlässe sind ein GTS-Merkmal.
Porsche Cayman GTS Ähnliche Sorgen hat der Porsche Cayman nicht, doch während manche Skeptiker auch ihn nicht als echten Porsche akzeptieren wollen, kommt der kleine Bruder der Ikone 911 leistungsmäßig immer näher: 340 PS im aktuellen Topmodell GTS, Mittelmotor und eine betont sportliche Grundauslegung knabbern zumindest an der Legende 911, die über die Jahre zwar nicht langsamer, aber alltagstauglicher und emotionsärmer geworden ist. Der Cayman rückt also immer mehr dorthin, wo früher der 911 allein auf weiter Flur war.

Fazit

Über 40 Jahre liegen zwischen den 914-6 und Cayman GTS – es sind gefühlte Welten. Doch während der Cayman ein perfektes Sportgerät ist, bezieht der 914-6 seinen Reiz gerade aus seiner Unvollkommenheit – aus heutiger Sicht betrachtet. Endlich erntet der erste kleine Elfer-Bruder die Anerkennung, die er verdient. Ein wunderbares Auto, das zu Recht geschätzt wird.