Es gibt Dinge, die sich von ihrer ursprünglichen Bestimmung immer weiter distanzieren. Nehmen Sie zum Beispiel ein iPhone. Es mobilisiert das Internet, mailt, facebookt dein Leben, findet Blitzer, navigiert drum rum und sagt dir sogar, ob du heute eine Mütze brauchst. Ein Telefon, von dem es nun mal abstammt, ist es jedenfalls nur noch nebenberuflich. Warum wir Ihnen das erzählen? Weil es sich mit dem Porsche Speedster fast genauso verhält. Ein paar Details wie die verkürzte Frontscheibe, das fummelige Notverdeck und das intensive Open-Air-Erlebnis hat er sich zwar bewahrt. Der preiswerte Purist, als der er vor 58 Jahren geboren wurde, ist inzwischen jedoch relativ blickdicht unter Lack, Leder und Luxus verschlickt.
Porsche 356 A Carrera GT Speedster
Nichts an ihm ist überflüssig, und das wenige, was da ist, wirkt ausgemergelt.
Doch die Speedster-Idee stammt aus einer Zeit, als Apple noch Obst ist. Und von einem Mann, der damals das hat, was man heute ein "richtiges Näschen" nennen würde. Max E. Hoffman hat sich als US-Importeur für Sportwagen bereits einen Namen gemacht, als er Mitte der Fünfziger um eine – in jeglicher Hinsicht – reduzierte Fassung des offenen 356ers bittet. Ferry Porsche erfüllt die Wünsche aus Übersee zunächst in Gestalt des handverlesenen American Roadster und im Anschluss mit dessen konsequenter Fortsetzung, die das, was sie bis heute verspricht, fortan auch im Namen trägt. Selbst damals, in einer Zeit, als man Autos noch nicht nach der Serienmäßigkeit von Klimaanlagen bemisst, ist der Speedster kaum mehr als ein Hauch von nichts.
Porsche 911 Speedster G-Modell
Aus dem Volksracer ist ein Exot geworden, ein rund 112.000 Mark teures Spekulationsobjekt.
Der Amerikaner Peter W. Schutz reanimiert 1981 zunächst das Vollcabrio, sieben Jahre später, kurz bevor das G-Modell des Neun-Elf in Pension gehen wird, schließlich dessen Extrem. Details wie der hagere Komfort und beachtliche 70 Kilo Gewichtseinsparung erinnern zwar noch an die Urfassung, prinzipiell jedoch driftet Speedster Nummer zwei völlig ab. Aus dem Volksracer ist ein Exot geworden, ein rund 112.000 Mark teures Spekulationsobjekt, das man in Sammlergaragen sperrt, statt es das einlösen zu lassen, womit es sich früher einen Namen machte. Wer den G-Speedster deshalb aber einen Softie schimpft, hat ihn nie erlebt. Gelenkt wird muskulär statt servounterstützt, Wind und Wetter fallen weitgehend ungehemmt über einen her, die Fenster wollen gekurbelt, am Verdeck muss gebastelt, der Motor gedreht und die Kupplung noch wirklich getreten werden.
Porsche 911 Speedster 997
Manchmal kommt der perverse Gedanke auf, ob der 997 die 200.000 Euro vielleicht doch wert sein könnte.
Der 997 ist der, der die Speed-Komponente seines Namens am eindrucksvollsten offenbart, nur ein Speedster ist er nicht. Denn obwohl er sich die kleinere Scheibe des Boxter borgt, sich Haube und Türen aus Alu pressen lässt, Fuchs-Repliken in die aufgesäumten Radhäuser zwängt und sie es bei der Exclusive-Abteilung tatsächlich geschafft haben, das Notverdeck noch weiter zu verkomplizieren, trägt er sich einfach zu wollig, um tatsächlich dazuzugehören. Der Armaturenträger ist bis in die Rippen der Ausströmer mit Leder ummantelt, die Sitze sind ebenso elektrisch wie beheizt, statt mit Faltplan navigiert man via GPS, die sieben Gänge doppelkupplern von allein durch, das Klima ist automatisiert und alles zusammen sogar schwerer als ein werksleistungsgesteigertes Carrera S Cabrio, auf dem er technisch basiert. Die passenden Bilder aus drei Porsche-Epochen und weitere Details gibt es oben in der Bildergalerie. Mehr zum Thema Porsche 997 Tuning.

Fazit

von

Stefan Helmreich
In den USA der 50er beginnt der Speedster als günstiger Purist, heute ist er das genaue Gegenteil. Alle erfüllen den Wunsch intensivsten Offenfahrens, alle gehören zu den Schnellsten ihrer Zeit, und alle wirken gewollt kapriziös. Der einzig wahre aber wird immer der erste sein.

Von

Stefan Helmreich