Das tragische Ereignis, das bisherige Leben von Florian Hinrichs (39) aus den Angeln hob, dauerte nur wenige Sekunden. 2007 wurde der Bundeswehr-Kampfhubschrauberpilot in den USA in einen schweren Autounfall verwickelt. Die Diagnose "hohe Querschnittlähmung" bremste die Karriere des jungen Berufssoldaten, der zuvor mit Mercedes SLK und Kawasaki Ninja unterwegs war, jäh aus. Dass sich Hinrichs nach seinem Unfall wieder hinters Steuer setzen könnte, glaubten die wenigsten. Hinrichs benötigte zunächst ein Gutachten zur Aufrechterhaltung der Fahrerlaubnis durch einen spezialisierten Arzt und ein technisches Gutachten, in dem die notwendigen Fahrzeuganpassungen beschrieben sind. Dass er heute wieder selbstständig rund 17.000 Kilometer pro Jahr abspulen kann, ist Umbauern zu verdanken, die sich Individuallösungen für Menschen mit Handicap verschrieben haben.

Computergesteuerte Fahrhilfen übertragen die Signale

Lancia Voyager Spezialumbau
Smartphone und -watch von Florian Hinrichs sind mit dem Auto verbunden.
Bei unserem Termin im Hamburger Süden zeigten uns Hinrichs und Umbauprofi Marco Pforr anhand seines Lancia Voyager von Paravan, welche komplexen Umbaulösungen für die rund 70.000 Rollstuhlfahrer existieren, die in Deutschland als Auto-Selbstfahrer aktiv sind. Neben einer individuell abgestimmten Ergonomie sind besonders die Bedienkräfte entscheidend: Hinrichs' Controller-Lösung hat wenig mit traditionellen Umrüstungen wie Lenkradknauf oder dem klassischen mechanischen Handgerät für Bremse und Gas zu tun. Computergesteuerte Fahrhilfen übertragen in seinem Voyager die Signale an Servomotoren für Bremse, Gas und Lenkung. Sprachsteuerung und App-Vernetzung sind ebenfalls ein integraler Bestandteil. Via Fernbedienung lassen sich Schiebe- und Hecktür öffnen und die seitlich in Richtung Fußweg ausfahrende Unterflurrampe steuern. Theoretisch könnte man Hinrichs’ umgebauten Voyager sogar fernsteuern, doch an diesem Punkt spielt der TÜV noch nicht mit.

Oftmals ist das Budget der limitierende Umbaufaktor

Klar ist auch, dass so viel hilfreiche Technik einen hohen Preis hat, der ohne Kostenträger kaum aufzubringen ist: Hinrichs' Voyager-Umbau kostete 2015 gut 95.000 Euro, plus 36.000 Euro für das Basisfahrzeug. Bis die Umbauarbeiten an dem Lancia-Van in der Werkstatt beginnen konnten, musste der Niedersachse einen eineinhalb Jahre andauernden Bürokratiemarathon absolvieren. Anspruch auf ein Auto besteht grundsätzlich, wenn eine hundertprozentige Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und Erwerbsfähigkeit in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis vorliegen. Je nach Lebensabschnitt und Beruf sind unterschiedliche Kostenträger zuständig. Um die Anschaffung eines neuen Autos zu erleichtern, geben viele Hersteller und Importeure Menschen mit Schwerbehinderung maximale Rabatte zwischen 15 Prozent (z.B. Audi, BMW, MB, Seat, Skoda und VW) und 23 Prozent (Peugeot). Darüber hinaus bieten zahlreiche Hersteller inzwischen auch gängige Umbauten und Fahrhilfen bereits ab Werk gegen Aufpreis an.
Ob für den Halter eine Reduzierung oder sogar eine Befreiung von der Kfz-Steuer infrage kommt, ist von der Art der eingetragenen Behinderung abhängig. Als Interessenvertretung für Autofahrer mit Handicap hat sich 1994 der Bund behinderter AutoBesitzer e.V. (BbAB, www.bbab.de) gegründet: Er berät zu den Themen Führerschein, Fahrzeug, Zusatzausstattungen, Förderungs- und Zuschussmöglichkeiten.
Die heutigen technischen Möglichkeiten für Umbauten sind beeindruckend. Noch wichtiger sind jedoch eine präzise Bedarfsanalyse vorab sowie die eindeutige Klärung der Frage, wer für die oftmals hohen Umbaukosten am Ende aufkommt.