Ausgerechnet sein Traumwagen bereitet Thomas Schneider aus Alt Ruppin (Brandenburg) große Sorgen. 27.000 Euro bezahlte er 2017 für den gebrauchten T5 mit nur 70.000 Kilometern auf der Uhr. Ein ganz bestimmtes Bauteil würde er allerdings gern so schnell wie möglich loswerden: den Kühler der Abgasrückführung (AGR-Kühler). Denn "der ist eine tickende Zeitbombe", sagt Schneider. Das gab zuletzt sogar VW zu: Bei 140.000 zwischen September 2009 und Mai 2015 produzierten T5 mit 2,0-Liter-Biturbodiesel (132 kW, Motorkennbuchstabe CFCA) sind allein dem Hersteller 11.800 Motorschäden bekannt. Hinzu kommt eine nicht zu ermittelnde Anzahl an Reparaturen in freien Werkstätten. Die Ursache: Partikel korrodierter Kühlrippen im AGR-Kühler gelangen in die Brennräume und verschleißen Zylinderlaufbahnen und Kolbenringe. Bemerkbar macht sich das durch einen stark erhöhten Ölverbrauch bei Laufleistungen weit unter 100.000 Kilometern.

Motorschäden: T5 bekommen keine Präventivmaßnahmen

Wir fahren eine Zeitbombe
Thomas Schneider würde die Kosten für den Kühler mit VW teilen. Auch darauf lässt sich der Hersteller nicht ein.
So einen Ölverbrauch hat Schneiders T5 nicht. Noch nicht. Damit das auch so bleibt, will er den Kühler tauschen lassen, um die Ursache allen drohenden Übels los zu sein. Er schlägt VW vor, die dafür fälligen rund 1550 Euro fifty-fifty zu teilen. Sein einleuchtendes Argument: Anstatt auf den bis zu 9000 Euro teuren Motordefekt zu warten, soll das Schaden verursachende Bauteil durch ein intaktes ersetzt werden. Zu jenem wesentlich niedrigeren Preis, bei dem sowohl er als auch VW sparten. Doch damit blitzt er – wie viele weitere Betroffene mit vergleichbaren Anliegen – bei VW ab: "Sofern kein Schaden festgestellt werden kann, besteht auch keine Möglichkeit einer Kulanzbeteiligung", antwortet VW dem Kunden. Und weiter: "Präventivmaßnahmen können wir leider nicht unterstützen." Wohlgemerkt obwohl VW zugibt, dass alle Kühler, deren Teilenummer nicht den Index "D" am Ende trägt und immerhin 140.000-fach in Neufahrzeugen steckte, eines Tages den Motor killen könnten.
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So eine Absage erhielt auch Maik Lori aus Ulm (Baden-Württemberg), dessen T5 ebenso unter die Kategorie "Zeitbombe" fällt: Ohne erhöhten Ölverbrauch, also Motorschaden, keine Kulanz. Für Lori unbegreiflich: "So ein Schaden bedeutet doch für beide Seiten viel höhere Kosten. Ich bin über die Vorgehensweise von Volkswagen entsetzt." Weil er nichts riskieren will, lässt er den Kühler im August auf eigene Kosten für 2000 Euro tauschen. VW begründet dieses Vorgehen damit, dass Schäden eben nur unter ganz bestimmten Nutzungsbedingungen aufträten: "Zum einen muss ein ständiger Wechsel zwischen einer schwachlastigen und einer dynamischen Fahrweise unter hohen Lasten vorliegen." Zudem müsse all das bei kalten Außenbedingungen passieren, die VW nicht weiter spezifiziert. Daher sei ein vorsorglicher Tausch nicht sinnvoll.

Die Kunden sind VW auf Gedeih und Verderb  ausgeliefert

Wir fahren eine Zeitbombe
Gerd Kaufmann: Trotz bereits erhöhten Ölverbrauchs wurde im Juli 2019 nur der Kühler getauscht.
Glück also für Schneider und Lori, die ihre Autos – zumindest derzeit – tatsächlich nur im Sommer nutzen? VWs Angaben sind schlicht unüberprüfbar. Die Kunden sind auf Gedeih und Verderb VW ausgeliefert, das noch immer von Einzelfällen spricht und seine angebliche Kulanzregelung für sich behält. Doch nicht nur der Kühler, auch die Kommunikation zwischen Hersteller und Werkstätten ist – gelinde gesagt – verbesserungswürdig. Das bekam Gerd Kaufmann aus Kirchenthumbach (Bayern) zu spüren. Nur durch Zufall erfährt er durch den ersten AUTO BILD-Artikel vor zwei Monaten überhaupt von der AGR-Problematik. Dabei teilte er bereits im März 2019 seiner Werkstatt mit, sein 2015 neu erworbener T5 leide unter steigendem Ölverbrauch – bei weniger als 70.000 Kilometern. Doch der Betrieb zeigt sich rat- und ahnungslos und tauscht bei der Inspektion im Juli 2019 zwar den Kühler, unternimmt aber nichts gegen den bereits eingetretenen Motorschaden. "Wieso hat man nicht im Herbst 2015, als man den falsch konstruierten Kühler als Fehlerquelle identifizierte, den Kunden einen Tausch angeboten?", fragt sich nicht nur Kaufmann. Während er nun hoffen muss, dass VW sich an den Reparaturkosten beteiligt, will Schneider den Kühler nötigenfalls auf eigene Kosten tauschen. Weil er nur wenig und nur im Sommer fahre, plane er das für Anfang 2020. Es ist also noch nicht zu spät für VW, auf die verzweifelten Kunden zuzugehen und die Zeitbomben zu entschärfen.
Fazit von Roland Kontny: Was würden sich andere Hersteller über so treue Fans freuen, wie es Bulli-Kunden sind. Doch was macht VW mit ihnen? Strapaziert deren Nerven und Geldbeutel. Das ist nicht nachvollziehbar.