Karosserie und Konservierung

Eigentlich sollten wir uns bei Renault bedanken. So innovativ die Deutschen in Sachen Technik auch sind, die Konzepte französischer Karosserien haben einfach mehr Pfiff als die heimische Blechmode. Bestes Beispiel: Renault Kangoo. Ein Dialog von Lieferwagen und Familien-Frachter mit tageslichttauglichem Aussehen – so würde uns ein Koch diesen Renault auftischen.

Der Empfehlung wird gern gefolgt: Seit 1998 wurden bis Ende 2004 in Deutschland 122.500 Kangoo-Pkw verkauft. Einer davon, ein 1.9 dTi mit 80 PS, spulte 100.000 Kilometer bei AUTO BILD ab. Fazit: Ein charmanter Kasten mit ausgeprägten Schwachstellen. Kein Einzelfall, wie unsere Leser mitteilen, sämtliche Leiden sind auch ihnen bekannt. Etwa Rost: Beim TÜV werden nur Durchrostungen in der Statistik berücksichtigt. So weit ist der Kangoo noch nicht. Kantenrost, so ziemlich das häßlichste Indiz für schlampige Verarbeitung, findet sich allerdings besorgniserregend häufig.

Wenn Sie einen Gebrauchtwagen ansehen, prüfen Sie vor allem die Blech-Schnittkanten im Motorraum, an den Türen und – wenn möglich – auch am Unterboden. Schwerer ist es, den Rost in Hohlräumen zu erkennen. Unser Dauertester hatte bereits nach etwa zwei Jahren einen angerosteten Längsträger. Bis der Rost es vom Hohlraum an das Tageslicht schafft, ist die Durchrostungsgarantie zu Ende, und Sie bleiben auf den Reparaturkosten sitzen.

Technik und Motor

Es ist nicht nur Rost, der Kangoonauten das Leben erschwert. Vielmehr sind es die vielen Kleinigkeiten wie abfallende Dichtgummis an den Türen, durchgerittene Sitze, knarzende Kunststoffe. Lästig, doch mit etwas Mühe in Eigenregie behebbar. Teurer wird es, wenn Radlager in der Kurve klackern oder die Pumpe der Servolenkung aufgibt. Heimwerker sind mit gutem Willen und noch besserem Werkzeug überfordert und auf den Renault-Mechaniker angewiesen.

Der kann dann auch gleich die Dichtung der Ölwanne prüfen. Hier leckt es regelmäßig, was weder Umwelt noch den Schmierstoff-Pegel im Motor erfreut. Meistens ist gar keine neue Dichtung fällig, ein unkompliziertes Nachziehen aller Befestigungsschrauben wirkt oft Wunder. Keine Wunder sind hingegen vom Zahnriemen zu erwarten: Wird er nicht wie vorgeschrieben regelmäßig geprüft und getauscht, ist der Motorschaden komplett. Ein Kangoo-Fahrer war erstaunt, daß die Renault-Markenwerkstatt bei seinem 1.9 dTi den Zahnriemenwechsel für 464 Euro erledigte und damit eine bekannte Discounter-Kette um heiße sechs Euro unterbieten konnte.

Reparaturkosten sind ein Thema, das beim Gebrauchtwagenkauf ganz oben steht; vor allem bei einem Renault aus zweiter Hand. Steht der Wagen auf der Hebebühne, verstärkt sich der Verdacht, daß sämtliche Verschleißteile auf das notwendige Minimum dimensioniert sind. So gut wie notwendig, so billig wie möglich – ob so das Unternehmensleitbild der Franzosen ausschaut? Wer wirklich rechnen muß, sollte nicht in erster Linie auf die Marke neuer Ersatzteile achten, lieber auf den Preis.

Bleibt noch die Frage nach dem Ideal-Kangoo zu klären. Ein Benziner oder ein Diesel? Der Diesel ist zwar drehmomentfreudig, sparsam und macht wirklich Freude, doch die billige Schallisolierung verschont die Passagiere nicht vor Lärm. Deshalb möchten wir vor allem den Wenigfahrern unter unseren Lesern den Benziner ans Herz legen. Ausstattung? Geschmacksache, nur auf die Klimaanlage sollte keiner verzichten. Denn der große Glaskasten kann im Sommer warm wie ein Gewächshaus werden. Doch bevor Sie einen Gebrauchtwagen wählen, kalkulieren Sie erst einen Neuwagen. Leasing kommt vielleicht billiger als ständige Reparaturen.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 5/98 Neueinführung des Renault Kangoo als Nachfolger des Rapid: zwei Benziner mit 59 und 75 PS, Diesel mit 55 und 65 PS. Zwei Ausstattungen (RN und RT). Serienmäßig eine Schiebetür rechts 1/99 Das Sondermodell Freeworld mit 45 mm erhöhter Bodenfreiheit ergänzt das Kangoo-Angebot 1/00 Der Kangoo bekommt eine zweite Schiebetür. Neuer Motor: 1.9 dTi (80 PS), Automatikgetriebe für den 1.4i. 9/01 Einführung des Allradmodells mit 95 PS 1/02 1.5 dCi ersetzt 1.9 D

Extra Manche Autos geraten einfach zu schnell in Vergessenheit. Etwa der Renault Rapid, der viele Teile mit dem Renault 5 gemeinsam hat. Es gab ihn ab 1986 als Transporter und Kombi. Wobei er einen wesentlichen Nachteil hatte: keine Fondtüren. Beim Motor gab es die Wahl zwischen zwei Benzinern (37 und 59 PS) und einem Diesel. Produktionsstopp 1998.

Schwachstellen Kantenrost ist eine unschöne Sache und plagt den Kangoo ganz schön oft. Wer schon einen Renault hat, sollte vorsorgen; wer auf Gebrauchtwagensuche ist, vor allem die Schnittkanten am Unterboden und im Motorraum prüfen. Das Reserverad führt am Unterboden ein Schattendasein, Kontrolle hilft hier vor bösen Überraschungen. Eher mäßig gelungen ist die Verarbeitung der Kunststoff- Teile im Innenraum, an kalten Tagen knarzt hier alles. Leckende Dichtungen an der Ölwanne, verschlissene Wellendichtringe an den Antriebswellen und Ölverlust am Getriebe sind typische Kangoo-Leiden. Die Bremsanlage sorgt für häufige Reparaturen, Klötze und Scheiben der Vorderachse gelten als nicht besonders haltbar.

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Renault Kangoo 1.4, 55 kW/75 PS, Baujahr 1999. Wer sagt, daß eine Markenwerkstatt teuer sein muß? Uns kommen die Preise für den Renault Kangoo jedenfalls ziemlich volkstümlich vor.

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Schon bei der ersten Hauptuntersuchung wird Ölverlust viermal so häufig beanstandet wie beim Durchschnitt aller geprüften Fahrzeuge dieser Altersklasse. Ein breites Mängelspektrum bietet die Beleuchtungsanlage des Kangoo. Die Wirkung der Fußbremse läßt überdurchschnittlich oft zu wünschen übrig, dazu kommen noch sehr oft verschlissene Bremsscheiben. Die Noten für das Kraftstoffsystem liegen nur auf durchschnittlichem Niveau." Klaus Lesczinsky, Gutachter TÜV Rheinland-Group

Modellempfehlung Renault Kangoo 1.4 (55 kW/75 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 94,50 Euro im Jahr/D3 Testverbrauch: Werksangabe 7,5 Liter, gemessen 8,3 Liter (Super) Versicherung: Vollkasko (15/500 Euro SB): 645 Euro. Teilkasko (24/150 Euro SB): 156 Euro. Haftpflicht (14): 806 Euro (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 20.000 Kilometer, etwa 200 bis 300 Euro Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 35 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 900 Euro Verlust