Watt? 200.000 Kilometer in sechs Jahren? Im Elektro-Mini Renault Zoe? Unfassbar! AUTO BILD zieht Bilanz mit Besitzer Kai von Häfen.
Alles eine Frage der Perspektive. So ein alter Opel Zafira zum Beispiel dürfte für Elektro-Enthusiasten automobile Steinzeit repräsentieren. Während Benzinblüter in ihm einen wahren Freund entdecken, dafür aber bei einem Straßenbahn-ähnlich surrenden Renault Zoe spontan Ausschlag bekommen. Und manchmal wechselt jemand einfach die Perspektive. So wie Kai von Häfen. Früher Verbrenner, heute Elektromobil. Und auch wenn sein Renault Zoe unbeholfen und dünnwandig über die fiesen Platten der schmalen Deichstraße humpelt, brennt er für den kleinen Stromer. Und zwar lichterloh.
Gebrauchtwagen mit Garantie
9.840 €
Renault Zoe Life 22kwh Batteriemiete, Kaufoption möglich, Jahr 2015, Elektro
Der linke Zoe ist nur geleast. Er hat inzwischen einem neuen Tesla Model 3 Platz gemacht.
Seit sechs Jahren hat von Häfen eben kein Benzin mehr im Blut, sondern nur noch Strom. Damals kaufte er sich sein erstes Elektroauto. Für ihn der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Drei Jahre später besuchten wir den Norddeutschen und seinen Renault Zoe. Der Tacho zeigte mittlerweile 100.000 Kilometer. Zusammengestromert auf unzähligen Wegen und Straßen kreuz und quer durch die Wesermarsch. Mehr als 30.000 Kilometer im Jahr. Unter Berücksichtigung der geringen Reichweite von maximal 140 Kilometern eine beachtliche logistische Leistung. Derselbe Ort, August 2019. Vor Kurzem hat das unermüdliche Wägelchen die 200.000er-Marke geknackt. Unauffällig wie immer. Der unterm Carport parkende Zoe strahlt neben dem im Wind baumelnden Stecker der Wallbox Ruhe und Gelassenheit aus. Oder war es der andere Zoe, der direkt daneben parkt? "Wir waren so überzeugt, dass wir den Zafira gegen einen zweiten Zoe getauscht haben", ruft Kai von Häfen, während er aus dem Haus stürmt. "Ein Kurzzeitleasing, jederzeit kündbar."
Keine Verringerung der Reichweite infolge der alternden Akkus
Etwas Rumpeln und Klappern gehören beim Zoe zum Handwerk. Wichtiger ist, dass die Langzeitqualität stimmt.
Beim Studieren des akribisch geführten und dennoch dünnen Rechnungsordners sowie des Autos selbst verblüfft uns einmal mehr die Langzeitqualität des Franzosen. Außer ein paar Achsgelenken und der normalen 12-Volt-Batterie gab es über die gesamten 200.000 Kilometer keinerlei Probleme. Selbst eine Verringerung der Reichweite infolge der alternden Akkus kann von Häfen nicht feststellen. Nur im direkten Vergleich zum Neuen machen sich ein paar Klappergeister bemerkbar, fühlt sich die Karosserie etwas weicher an, überzeugt das ohnehin spartanische Gestühl noch weniger. Mit gebrochenem Schaumstoff und reichlich Flecken sind die Sitzchen nicht gerade die Schokoladenseite des Zoe. Von Häfen setzt auf Schonbezüge. Wobei die nur noch die Augen der Betrachter schonen.
Die Angst, mit leerem Akku liegenzubleiben, ist unbegründet
Was hat sich sonst verändert, Herr von Häfen? "Ich", lautet die knappe Antwort. "Früher machte man sich schon ab und zu Sorgen, man könnte mit leerem Akku liegen bleiben. Das ist bei der heutigen Dichte von Ladestationen vorbei." Selbst 900 Kilometer nach Erfurt und zurück bewältigte er mit seinem Zoe an nur einem Tag. Entspanntes Bummeln auf der rechten Spur vorausgesetzt. Während wir leise die Deichstraßen entlangsummen, wird der Zoe in unseren Köpfen zu einer Art Renault 4 der Neuzeit. Er ist klein, aber alles ist dran. Bezahlbar und vollwertig. Nicht zu schwer und herrlich einfach im Konzept. Alte Verbrennerwelt und neue Elektro- Ära liegen also gar nicht so weit auseinander. Das ist doch mal eine Perspektive.