Erneutes Rekordjahr: Mit 546 Rückrufaktionen vermeldete das Kraftfahrt-Bundesamt, kurz KBA, für 2018 einen neuen Höchstwert. Allein Mercedes rief Kun­den 38-mal außerplanmäßig zur Mängelbeseitigung in die Werkstatt. Neun Jahre zuvor registrierte das KBA nur 193 Aktionen. Seitdem hat sich die An­zahl mehr als verdoppelt. "Man muss kein Prophet sein, um aufgrund immer komplexerer Fahrzeugtechnik weitere Rückruf-Rekorde vorauszusagen", so Niko Ganzer vom Blog www.kfz-rueck­rufe.de. Der Experte weiter: "Es ist sicherlich kein Zufall, dass das KBA 2018 die Baugruppe Assistenzsysteme neu in die Kategorisierung aufgenom­men hat." Warum Autobesitzer so häu­fig von den Herstellern angeschrieben werden und wie so ein Rückruf abläuft, erklären wir Ihnen hier.

Wie unterscheidet sich ein Rückruf von einer Service-Aktion?

Mercedes E-Klasse
Das KBA in Flensburg ordnet alle offiziellen, sicherheitsrelevanten Kfz-Rückrufe an.
Grundsätzlich wird zwischen Rückruf und Serviceaktion unterschieden. Wenn von einem Mangel am Auto eine Gefahr ausgehen kann, wird ein offizieller Rückruf eingeleitet. Grundlage ist das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG). Das KBA überwacht die Einhaltung. Die Fahrzeugbesitzer werden angeschrieben und zum Besuch in einer Vertragswerkstatt aufgefordert. Bei einer Serviceaktion, auch stiller Rückruf genannt, beheben die Werkstätten Mängel im Rahmen eines planmäßigen Werkstattbesuchs, zum Beispiel bei einer Inspektion. Der Fahrzeugbesitzer erfährt oft nicht, dass etwa eine neue Software aufgespielt wurde.

Wer übernimmt die Kosten für den Werkstattaufenthalt?

Muss der Wagen außerplanmäßig für einen Rückruf in die Werkstatt, übernimmt der Hersteller nur in der Gewährleistungszeit die Kosten für die Reparatur. Danach ist der Autofahrer auf die Kulanz des Herstellers angewiesen. In der Regel zahlen Autobauer die Kosten aber ohne viel Aufhebens, um Imageschäden für ihre Marke abzuwenden. Einen grundsätzlichen Anspruch auf einen Ersatzwagen hat man während der Reparatur nicht.

War mein Gebrauchtwagen von einem Rückruf betroffen?

Wer ein Gebrauchtfahrzeug gekauft hat und wissen möchte, ob es für den Wagen eine Rückrufaktion gab, findet die Angaben im Internet, zum Beispiel bei autobild.de, adac.de oder auf der Seite des Kraftfahrt-Bundesamts (www.kba-online.de) sowie kfz-rueckrufe.de und autoservicepraxis.de. Je nach Hersteller gibt es unterschiedliche Methoden, wie die erfolgreich durchgeführte Reparatur am Fahrzeug gekennzeichnet wird. Das kann beispielsweise ein Farbklecks an der Fahrgestellnummer oder ein Eintrag im Serviceheft sein.

Erkennt die Werkstatt, ob es eine Service-Aktion gab?

Die Vertragswerkstätten besitzen in der Regel einen Zugang zu einer internen Fahrzeug-Datenbank. Hier lässt sich feststellen, ob es für ein Fahrzeugmodell Rückruf- oder Serviceaktionen gab. Mechaniker erkennen anhand der Fahrgestellnummer, ob die Arbeiten am Gebrauchtwagen tatsächlich erledigt wurden.

Unterschied zwischen einer Reparatur auf Kulanz und Garantie?

In den ersten zwei Jahren gibt es die gesetzlich vorgeschriebene Sachmängelhaftung, in der Regel von den Autobauern erweitert auf eine allgemeine Fahrzeuggarantie. In dieser Zeit werden die Kosten für die meisten unplanmäßigen Werkstattaufenthalte übernommen. Ist die Garantie abgelaufen, muss der Autobauer bei Mängeln nicht mehr zahlen. Beteiligt er sich trotzdem freiwillig, spricht man von Kulanz. Das gilt auch für die Kostenübernahme bei einem Rückruf.

Was ist, wenn ich beim Rückruf nicht mitmache?

Das kommt auf das Gefährdungspotenzial des defekten Bauteils an. Handelt es sich um einen schweren Mangel, wird der Autofahrer wiederholt schriftlich aufgefordert, zur Behebung in die Vertragswerkstatt zu fahren. Ignoriert der Fahrzeugbesitzer die Schreiben, lässt das Kraftfahrt-Bundesamt den Wagen über die örtliche Zulassungsbehörde aus dem Verkehr ziehen.
Bendix Krohn

Fazit

Ein funktionierendes Qualitätsmanagement ist gut. 1,5 Rückrufe pro Tag sind aber zu viel. Es kann nicht sein, dass uns die Autohersteller als Testfahrer missbrauchen.