Die spanische Polizeibehörde Guardia Civil überprüft zurzeit mit einem speziellen Messgerät die Emissionen von Lkw mit Euro-5-Dieseln. Nach aktuellem Stand stießen 15 Prozent der Fahrzeuge deutlich mehr NOx aus als erlaubt, berichtet die Polizeibehörde laut Recherchen von AUTO BILD Spanien. Grund: Die Lkw seien mit ausgeschaltetem Katalysator unterwegs. Das erzeuge einen zusätzlichen NOx-Ausstoß pro Lkw und Jahr – und zwar in Höhe zwischen einer halben und einer ganzen Tonne, so die Polizisten. 120.000 bis 240.000 Lkw mit Euro-5-Dieseln könnten betroffen sein, möglicherweise sind es sogar mehr. Schon eine einzige im Rahmen der Tests aufgeflogene Spedition aus Madrid habe mit 30 Trucks vermutlich eine Mehrbelastung von bis zu 90 Tonnen Stickoxid verursacht. Lkw mit Euro-4- und Euro-6-Dieseln schließt diese Rechnung noch nicht ein.

Ermittlungen über Spanien hinaus

Weil nicht alle getesteten Lkw in Spanien zugelassen waren, ermittelt Europol europaweit. Die Fahnder sehen sich zunächst in Spanien, Frankreich und Großbritannien um. Eine Ausweitung auf weitere Länder ist aber nicht ausgeschlossen. Forscher der Universität Heidelberg gehen sogar davon aus, dass bis zu 20 Prozent aller in Europa fahrenden Lkw mit manipulierten Katalysatoren unterwegs sein könnten. Das würde unentdeckte illegale Emissionen bedeuten, die um ein Vielfaches höher wären als die, die den VW-Abgasskandal ins Rollen gebracht haben.

Manipulierte Lkw aus Osteuropa

Für das ZDF-Magazin "Frontal 21" und den Verband der Transportbranche Camion Pro e.V. haben Professor Denis Pöhler von der Uni Heidelberg und sein Team auf deutschen Autobahnen die Emissionen von Lkw untersucht. Dabei fielen vor allem osteuropäische Laster mit erhöhten Abgaswerten auf. Geht man von geschätzten 1,6 Milliarden Kilometern Laufleistung aus, die solche Lkw pro Jahr auf deutschen Straßen zurücklegen, könnte die Manipulation gewaltige Ausmaße annehmen. Die Umwelt würde mit 14.000 Tonnen Stickoxiden im Jahr mehr belastet! Und ganz nebenbei gingen dem Staat Einnahmen von knapp 110 Millionen Euro flöten, weil die Lkw in einer günstigen Mautklasse fahren, in die sie nicht gehören. Vom Wettbewerbsnachteil für Spediteure und Trucker, die sich an die geltenden Vorschriften halten, gar nicht zu reden.  

SCR-Kats teuer in der Wartung

Motiv für die Diesel-Manipulation ist Kostenersparnis. Die seit 2008 bei Lkw mit Euro 5 und Euro 6 vorgeschriebenen SCR-Kats kosten rund 1000 Euro pro Jahr in der Wartung. Dazu kommen 1000 bis 2000 Euro für AdBlue, abhängig von der Kilometer-Laufleistung. Die stehen ca. 6000 Euro an Gewinn entgegen, die je nach Land mit einem Lkw pro Jahr erwirtschaftet werden können, hat AUTO BILD Spanien errechnet. Muss der SCR-Kat eines Lkw repariert werden, kann das enorm teuer werden. Konkret seien 3000 Euro für den Filter und 1500 Euro für den Rest des Systems zu veranschlagen, so der Sprecher einer spanischen Vereinigung mittelständischer und kleiner Transportunternehmer. Manche der Systeme benötigen alle 150.000 Kilometer umfangreiche Reparaturen. Dem entgegen stehen 60 Euro bis 80 Euro für einen Emulator, der dem Lkw vorgaukelt, mit AdBlue zu fahren. Inklusive Einbau kostet die Manipulation zwischen 100 und 300 Euro. Werkstätten, die den Umbau durchführen, sollen ähnlich leicht zu finden sein wie die Emulatoren selbst. Wird ein Trucker erwischt, muss er je nach Land rund 200 Euro Strafe zahlen.

Leichter Betrug und fehlende Kontrolle

Entwickelt wurden die Diesel-Emulatoren zunächst zu legalen Zwecken. Sie sollen es möglich machen, Lkw mit Euro-Norm in Ländern zu fahren, in denen es kein AdBlue gibt. Der Einbau ist in kurzer Zeit erledigt und bleibt meist unentdeckt. Zumindest in Deutschland – die Kontrolleure des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) konzentrieren sich laut ZDF-Recherchen aktuell auf die Lenkzeiten der Trucker. Ganz anders in Polen: Dort greift die Polizei durch und schraubt etwa bei verdächtigen Füllstandswerten des AdBlue-Tanks oder fehlenden Rechnungen die Steuereinheit des Lkw auf. Wird ein Emulator gefunden, schneiden die Beamten das Gerät im Notfall per Messer aus dem Fahrzeug, und der Lkw muss dann mit stark verminderter Leistung in die nächste Werkstatt fahren. AUTO BILD bleibt dran!