BIKE BILD testet regelmäßig Pedelecs für Sie – vom E-Trekking-Rad bis zum E-Cargobike. Jedes E-Bike hat seine Stärken und Schwächen. Der Motor lässt sich teilweise sogar unterschiedlich programmieren. Soll er mehr Reichweite oder mehr Power haben? Beides? Ohne einen größeren Akku ist das schwierig. Kann ich eine 20-prozentige Steigung bewältigen, ohne dass der Motor schlapp macht? Wie stark werde ich in der Ebene und am Berg unterstützt? Diese und viele Fragen mehr lassen sich am besten auf dem Prüfstand beantworten. Zusammen mit unserem Partner Velotech untersuchen wir, wo die einzelnen Bikes glänzen oder schwächeln.
Velotech simuliert für unsere E-Bike-Tests eine Fahrermasse von 75 Kilogramm. Die Räder werden auf den maximal zulässigen Reifendruck aufgepumpt. Alle E-Bikes werden nach den hier genannten Prinzipien getestet. Sollte es Abweichungen geben, wie beispielsweise bei Lastenrädern, wo die Zuladung erhöht wird, werden wir dies im Text erwähnen.

Der Unterstützungsfaktor (U-Faktor)

Pedelecs reagieren auf das Tretverhalten des Fahrers. Tritt man in die Pedale, unterstützt der Motor. Wie stark diese Unterstützung ist, misst Velotech auf dem Prüfstand.
Als erstes muss sich das Bike auf einer sechsprozentigen Steigung bei maximaler Unterstützungsstufe beweisen. Es wird eine Fahrerleistung von 100 Watt eingeleitet. Das ist der Kraftaufwand, mit dem der Radfahrer in die Pedale tritt. Die Gangschaltung wird so eingestellt, dass eine Trittfrequenz von etwa 60 Umdrehungen pro Minute erreicht wird. Zwanzig Minuten "fährt" das Rad so auf dem Prüfstand, während Velotech misst, wie viel Watt insgesamt herauskommen: Fahrerleistung plus Motorleistung.
Der letztendlich angegeben U-Faktor beschreibt den Faktor der menschlichen Antriebsleistung durch den Motor, der auf das Hinterrad übertragen wird. Antriebs- und Rollwiderstands-Verluste gehen in die Ermittlung ein. Beispiel: Tritt der Fahrer beispielsweise mit 100 Watt in die Pedale und es kommen auf der Trommel durchschnittlich 400 gemessene Watt an, so beträgt der U-Faktor 3,0.
Dieser Test wird außerdem in der Ebene mit maximaler sowie minimaler Unterstützung simuliert. Einziger Unterschied: Die Fahrerleistung beträgt nur noch 70 Watt. Im Flachen gibt der typische Radfahrer schließlich weniger Kraft auf die Pedale.

Die maximale Motorleistung

Folgendes Szenario: Der Radfahrer tritt besonders kräftig in die Pedale. Auf dem Prüfstand werden 250 Watt simuliert. Die Frage lautet: Wie viel kann der Motor höchstens an Kraft addieren? Velotech untersucht dies.
Dabei wird das Fahrrad mit einer Achslast von 50 Kilogramm auf eine Rolle gedrückt. Anschließend werden auf höchster Unterstützungsstufe drei unterschiedliche Trittfrequenzen eingeleitet: 40, 60 und 80 Umdrehungen pro Minute. Je nach Frequenz können sich die Werte stark unterscheiden. So kommen beispielsweise beim Victoria eUrban 11.9 bei der 40er-Frequenz insgesamt 476 Watt heraus, bei der 80er sogar 714.
Velotech-Testleiter Carsten Bielmeier befestigt das Fahrrad auf einem der Prüfstande.
Bild: S. Heinrichs

Reichweite

Wie lange der Motor Energie bereitstellt, hängt von vielen Faktoren ab: Antrieb, Reifen, Trittfrequenz, Gewicht, Akkugröße und vieles mehr. Velotech misst zum einen die tatsächliche Akku-Kapazität. Danach wird das Bike auf den Prüfstand gestellt.
Getestet werden folgende Bedingungen: eine aufrechte Sitzposition (Strömungswiderstandskoeffizient 1), eine Fahrermasse von 75 Kilogramm, Windstille und sommerliche Bedingungen. Jedes Rad wird zunächst circa 20 Minuten ohne Unterstützung betrieben, sodass sich die Reifen, Lager und der Antriebsstrang warmlaufen können. Die Motoren werden durch Ventilatoren angeströmt, um den Fahrtwind zu simulieren.
Anschließend wird das Rad auf maximaler Unterstützungsstufe für 15 bis 20 Minuten bei einer simulierten Steigung von 6 Prozent, einer Fahrerleistung von 100 Watt, bei einer Trittfrequenz von möglichst 60 Umdrehungen pro Minute betrieben. Danach wird die Ebene in maximaler sowie minimaler Unterstützung betrachtet, einziger Unterschied: Fahrerleistung nur noch 70 Watt (siehe hierzu auch U-Faktor). Velotech mittelt einen Wert für eine realistische Strecke, die sowohl Hügel als auch Ebene enthält.

Fahren ohne Unterstützung

Um das Fahren ohne Motor zu bewerten, wird ein Fahrer simuliert, der 250 Watt leistet bei einer Trittfrequenz von 60 Umdrehungen pro Minute. Es werden die Watt-Verluste durch den Motor und Antrieb gemessen. Je größer diese sind, desto schlechter schneidet das Bike in diesem Bewertungspunkt ab. Bei den Einsteigerbikes aus Heft 1/2019 hatte das in dieser Kategorie schlechteste Bike 29 Watt mehr Verlust als das beste. Radsportler wissen: Das ist sehr großer Unterschied.

Der Motor-Stresstest

Velotech bringt den Motor in eine Extremsituation: eine 20- oder 10-prozentige Steigung wird zwanzig Minuten lang, im kleinsten Gang, bei einer Fahrerleistung von 110 Watt simuliert. Dabei sind kleine Gänge, ein starker Unterstützungsfaktor und eine gute Standfestigkeit des Motors gefragt. Ist der Motor nicht standfest, bedeutet dies, dass er nach und nach immer weniger unterstützt, dann führt dies zur Verringerung der Drehzahl. Das hat zur Folge, dass er in einen ungünstigeren Wirkungsgrad gelangt. Im schlechtesten Fall wird der Motor abgewürgt und muss neu gestartet werden.
Unsere Test-Bewertung gibt an, wie viel schwächer der Motor am Versuchsende verglichen mit der Ausgangsleistung ist. Bleibt er gleichstark oder wird gar stärker: volle Punktzahl.

Höchstgeschwindigkeit, Abschaltrampe und Abschaltweg

Pedelecs dürfen bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde (plus 10 Prozent Toleranzbereich) unterstützen. Die Motoren setzen meist nicht plötzlich aus, sondern regeln langsam runter. Hierbei sprechen wir von einer Abschaltrampe. Je größer diese ist, umso natürlicher fühlt sich das Fahrgefühl an. Ein linearer Leistungsabfall über drei Kilometer pro Stunde wird meist als angenehm empfunden. Der Nachteil daran: Es geht ein wenig Geschwindigkeit verloren.
Gesetzlich vorgeschrieben ist außerdem ein Abschaltweg: Wenn die Pedalbewegung gestoppt wird, muss der Motor nach zwei Metern aufhören zu unterstützen.
Velotech kontrolliert all dies auf ihren Prüfständen.

Bremsfunktion

Zuerst werden die Räder auf dem Prüfstand eingebremst. Velotech testet die Bremsfunktion mehrfach mit unterschiedlichen Handkraftstufen: 60, 80 und 100 Newton. Untersucht wird die Bremsleistung am Vorder- und Hinterrad, bei Trockenheit aber auch Nässe.
Zusätzlich zum Test auf dem Prüfstand wird eine kurze Außenbremsung mit einem geübten und einem ungeübten Testfahrer gemacht, um das sichere und gleichmäßige Anhalten bewerten zu können.

Flatterneigung

Wie laufruhig ist das Bike? Velotech lässt einen geübten Radfahrer freihändig auf dem Bike fahren. Flattert es? Ja oder nein? Bei vernünftigen Bikes sollten hier keine Probleme auftreten.