Die Klasse der Vans hatte zwei Wegbereiter: den Chrysler Voyager aus den USA und als ersten europäischen Vertreter den Renault Espace. Fortan lagen die ebenso variablen wie komfortablen Familienvans bei den Kunden hoch im Kurs. Der Familienvater hatte endlich ein Auto, in das für den Urlaub alles reinpasste. Daher stiegen viele von den einst so beliebten Kombis um.
Vans im Abseits
Der Renault Espace leitete in den Achtzigern die Erfolgsgeschichte der europäischen Vans ein.
Die Asiaten erkannten den Trend schneller als die meisten europäischen Hersteller. Kurz darauf zogen jedoch die gewohnt familienfreundlichen Franzosen nach. Peugeot 806 / 807, Citroën Evasion und C8 oder auch die Scenic-Familie von Renault stachen die Konkurrenz spätestens zur Jahrtausendwende aus. Erst mit Verzögerung kamen auch die deutschen Hersteller auf den Geschmack. Der VW Sharan mit seinen beiden Zwillingsbrüdern Seat Alhambra und Ford Galaxy wurde Mitte der 90er zu einem Bestseller, der sich mehr als zehn Jahre in den Verkaufsbestenlisten halten konnte.

Vans können beim Image nicht punkten

Vans im Abseits
Der BMW 2er Gran Tourer passte nicht wirklich zum sportlichen Markenimage.
Eine Klasse darunter konnte sich Opel mit seinem kleineren Zafira in Szene setzen. Bei kompakten Abmessungen bot die erste Generation Platz für bis zu sieben Personen. Weder Volkswagen noch Ford hatten in dieser Klasse etwas Adäquates zu bieten und mussten mit Touran und Focus C-Max ebenso nachlegen wie später die Premiumhersteller BMW oder Mercedes mit Active Tourer oder B-Klasse. Doch die Familienvans hatten auch ihre Schattenseiten. Im Freundeskreis konnte man mit einem Familienvan bei fast niemandem punkten. Ein unsportlicheres Auto war nämlich kaum vorstellbar. Einige Hersteller verloren durch sie teilweise sogar ihr Gesicht. Gerade Mercedes mit seiner B-Klasse und BMW mit dem familiären Doppelpack aus Active Tourer und Gran Tourer beschädigten mit den seniorentauglichen Familienmodellen nachdrücklich das sportliche Premiumimage.

Der Nachfolger des Zafira steht für den Niedergang des Segments

Vans im Abseits
Aufgrund der sinkenden Nachfrage nach kompakten Vans hat PSA aus dem Opel Zafira einen großen Familientransporter gemacht.
Doch nun ist die Zeit der Familienvans vorbei, denn alle strömen mittlerweile in die allgegenwärtigen SUV-Segmente. In nicht einmal fünf Jahren verlor die Klasse in Europa mehr als die Hälfte ihrer Kunden. Nach der Übernahme durch den PSA-Konzern wurde der einst betont variabel und sogar sportlich angehauchte Zafira beispielsweise zum Großraumvan gemacht, der gegen VW T6 Transporter und Mercedes V-Klasse antreten soll. Der je nach Version bis zu 5,30 Meter lange Zwilling der PSA-Modelle Peugeot Traveller und Citroën Spacetourer hat mit seinen kompakten Vorgängern nichts mehr gemein. Der Zafira Life genannte Nachfolger soll stattdessen Gewerbetreibende, Shuttledienste und Großfamilien ansprechen. Ähnlich oder schlimmer geht es fast allen Vertretern des Segments. Viele wurden bereits eingestellt, einige warten auf das jähe Ende und andere stehen sich die Reifen in den Verkaufsräumen platt. BMW verabschiedet sich bald von seinem 2er Gran Tourer, Fiat strich seinen Ulysse und Chrysler seinen Voyager, während Ford B-Max und C-Max zurückgezogen hat und überlegt, wie es mit den größeren Vans vom Typ S-Max und Galaxy weitergehen soll. Der Espace von Renault ist längst kein Van mehr, sondern ein Crossover und selbst Mercedes könnte seinen Rentnertraum B-Klasse wohl problemlos mit dem neuen GLB ersetzen.

Die Zulassungszahlen der SUVs haben sich verdoppelt

Vans im Abseits
Die modischen SUVs und Crossover haben die klassischen Vans in der Kundenbeliebtheit längst überholt.
Nach Berechnungen der Analysten von Jato Dynamics ist in Europa mittlerweile jedes dritte neu zugelassene Fahrzeug ein SUV. Die meisten Autohersteller gehen davon aus, dass sich die Zahl schon bald auf die Hälfte oder mehr erhöhen wird. Die SUVs graben dabei bei Limousinen oder Kombis üppig ab; am meisten verlieren jedoch Familienvans oder Großraumlimousinen. Wurden 2013 hierzulande noch fast 419.000 Vans und Minivans verkauft, so fanden im vergangenen Jahr nur noch 346.000 Einheiten einen Käufer. Zeitgleich sah das bei den SUVs völlig anders aus. Zwischen 2013 und 2018 hat sich deren Absatz in Deutschland von rund 363.000 auf 817.000 Fahrzeuge mehr als verdoppelt. Außerdem gibt es noch ein weiteres Segment, das den MPVs die Kunden streitig macht: die leichten Nutzfahrzeuge für den Personenverkehr. Modelle wie VW T6 Multivan oder auch die Mercedes V-Klasse kommen in puncto Vielseitigkeit und Innenraum den MPVs am nächsten. Allein der Absatz der als Personenwagen und nicht als Nutzfahrzeug zugelassenen Transporter stieg im deutschsprachigen Raum von knapp 30.000 in 2013 auf mehr als 50.000 Einheiten im Jahr 2018. Der Trend dürfte sich weiter fortsetzen.

Von

Stefan Grundhoff