Bislang hatten die Japaner in der Oberklasse nichts zu melden. Das soll jetzt anders werden. Der neue Honda Legend nimmt den Audi A6 ins Visier – mit viel Luxus, Leistung und Allrad.
Preise, Ausstattungen und Fahrleistungen
Der eine ist bereits legendär, der andere ist es bislang nur dem Namen nach. Seit über 25 Jahren baut Audi sehr erfolgreich den Allradantriebquattro. Honda fertigt seinen Legend auch schon seit 19 Jahren. Mit wenig Erfolg in Deutschland. Kein Wunder bei der starken Konkurrenz von Audi, BMW und Mercedes. Die sind Honda um Längen voraus. Technisch nicht unbedingt, ganz sicher aber bei den Zulassungszahlen. Nur etwa 3500 Legend verkaufte Honda seit 1988 bei uns. Doppelt so viele A6 setzt Audi in einem Monat ab. Jetzt also ein neuer Versuch, zu den Deutschen aufzuschließen.
Mit einem ganz neuen Auto, viel Leistung und mit der Kraft eines modernen Allradantriebs. Eines besonderen, intelligenten Systems, das besser funktionieren soll als alle anderen. Auch als Audis legendärer quattro. SH-AWD heißt das System in Kurzform. In ganzer Länge: Super Handling Allwheel Drive. Quattro klingt da prägnanter. Man muss schon etwas ausholen, um SH-AWD zu erklären. Es besteht aus drei Lamellenkupplungen allein an der Hinterachse, drei Planetengetrieben, aufgeteilt auf Kardanwelle und die beiden hinteren Antriebswellen. Mit einem ähnlichen System punktet Mitsubishi im Rallye-Sport. Aha, daher weht der Wind. Hondas sportliche Fraktion soll bedient werden. Dazu passt die einzig verfügbare Motorisierung, die mit Leistung protzt: 295 PS. Da staunt der Stammtisch. Ebenso beim Preis. Der fällt mit 56.012 Euro ganz schön selbstbewusst aus.
Dafür liest sich die Ausstattungsliste lang wie Brockhaus-Bände: DVD-Navigationsgerät, Fußraumbeleuchtung, Rückfahrkamera – alles, was es gibt, ist Serie im Legend. Audis vergleichbarer A6 quattro kommt auf 255 PS, kostet mit 47.050 Euro aber auch gleich 15 Prozent weniger. Vergleichsweise nackt steht der Audi dann da, was in der Oberklasse besonders wehtut. Mit ähnlicher Technik und gleichem Luxus an Bord zahlt der A6-Kunde letztlich sogar 9000 Euro mehr. So viel zur Statistik.
Das Gefühl sagt etwas anderes, es tendiert zum Audi. Was für ein edler Innenraum, der setzt immer noch Maßstäbe. Und ist weniger eng geschnitten als im Legend, alles ist leicht zu bedienen. Der Legend blendet mit seiner silbernen Mittelkonsole, zu viele Knöpfe sind im Lenkrad integriert. Links daneben sitzen weitere drei Knöpfe, einer davon ist der CMBS-Schalter. Klingt nach einem innovativen Hustenlöser, soll aber Leben retten. CMBS (Collision Mitigation Brake System) ist ein automatisches Bremssystem, das Unfälle verhindern soll. Und das funktioniert so: Ein Radarauge beobachtet den Vordermann. Wird der Abstand zu gering, und der Fahrer reagiert nicht, bremst der Legend automatisch ab. Zuvor hat er warnend gepiept und mittels Elektromotor auffordernd am Sicherheitsgurt gezupft.
Hört sich gut an, funktioniert aber noch nicht perfekt. In der Betriebsanleitung stehen nämlich diverse Ausnahmefälle, wann, wieso, weshalb der Fahrer im Stich gelassen wird – zum Beispiel bei starkem Regen. Es gibt also noch viele Fragezeichen. Keine Frage ist: Der Honda Legend macht viel Spaß beim Kurvenfahren. Kaum zu glauben, wie leichtfüßig der 1,9-Tonner Biegungen aller Art durcheilt. Dabei hilft ihm sein innovativer Allradantrieb. Der funktioniert mutig wie ein umgekehrtes ESP. Statt das durchdrehende Hinterrad abzubremsen, gibt der Computer noch mehr Kraft zu dem Reifen auf der anderen Seite der Hinterachse. Der Wagen wird so stabilisiert und drückt sich dynamisch durch die Kurve. Beim Audi wird dagegen zwischen den Rädern einer Achse nur mit dem elektronischen Stabilitäts-Programm (ESP) gebremst.
Fazit, Bewertung und Ihre Meinung
Mit dem Super-Handling auf trockener Straße endet aber bereits die Überlegenheit des Honda. Wird es nass, reagiert der Legend weniger souverän. Dann kann das Heck beim Bremsen in schnellen Kurven unruhig werden. Ebenfalls nicht ganz überzeugend verhält sich der Honda beim Thema Komfort. Das Fahrwerk fühlt sich steif an, stuckert über Bodenwellen – Oberklasse ist das nicht. Dagegen schwebt der Audi über Kopfsteinpflaster, der aufpreispflichtigen Luftfederung sei Dank. Erst in Sportstellung ähnelt der Audi dem Legend. Dafür schlägt die Honda-Lenkung weich ein, nur wer will das? Die Amis! Sie lieben den Legend, mit seiner lässig-bequemen Art. In den Staaten feiert der Wagen unter dem Emblem der Edelmarke Acura seine größten Erfolge.
Edel, keine Frage, das ist er. Vor allem seine Ledersitze, die füllig sind wie Chefsessel. Die im Audi schenken allerdings mehr Seitenhalt. Auch der V6-Motor des Legend besitzt Führungsqualitäten, er läuft ruhig, fast wie ein Reihenmotor. Schade nur, dass die veraltete Automatik verzögert durch fünf Gänge schaltet. Der Audi reagiert schneller. Er wechselt automatisch die Gänge, als würde der Fahrer selbst schalten. Auch auf Gasbefehle springt der A6 schneller an. Obwohl ihm 40 PS fehlen, wirkt die Limousine dynamischer, was sich auch in den Messwerten niederschlägt. In zwölf Sekunden ist der quattro auf Tempo 130, der Legend braucht 0,7 Sekunden länger. Da hilft Honda auch der legendäre Allradantrieb nicht.
Fazit von AUTO BILD-Redakteurin Margret Hucko:
Ein innovativer Allradantrieb allein macht noch keinen Sieger. Der Honda Legend verliert diesen Vergleich, weil er bei den alltäglichen Dingen des Lebens schlechter abschneidet als der Audi A6. Zum Beispiel beim Spritverbrauch, Fahrkomfort, bei der Kofferraumgröße, den Versicherungskosten. Beim Vergleich auf der Teststrecke ist der Legend dem Audi gewachsen, in manchen Punkten sogar überlegen. Unterm Strich aber bleibt die Erkenntnis: Legendär ist bei diesem Honda nur der Name.