Test BMW M6
—Die bayerische Zugnummer
Fast unanständig potent
Denn seit ein paar Stunden hat meine Seele ein großes, schwarzes Loch. Nein, eigentlich sogar zehn Löcher. Jedes 75,2 Millimeter tief, jedes mit einem Durchmesser von 92 Millimetern. Mathematisch betrachtet, ergeben die zehn Löcher ein Volumen von fünf Litern – und stehen sich paarweise gegenüber. So wie in einem V10-Motor, so wie im neuen M6. BMW versucht mich mit dieser bärenstarken Zugnummer auf die dunkle Seite der Straße zu locken. Mit 507 teuflischen PS, mit 250 km/h Spitze und mit einem äußerst provokanten Auftritt will der M6 meinen Sinn für Verkehrsrecht vernebeln.
Das stärkste Stück 6er ist ein pralles Bündel Technik-Faszination. Vier armdicke Auspuffendrohre ragen über den verwegen geformten Diffusor-Stoßfänger hinaus. Riesige Räder quetschen sich satt in die Radhäuser, und als Krönung spannt sich ein Carbon-Dach über die vier Sitzplätze. Dieser High-Tech-Deckel sieht nicht nur unerhört exklusiv aus, er macht auch Sinn. Das superleichte Material spart Gewicht – und im Dachbereich eingesetzt, senkt es zudem den Schwerpunkt.
Wie ein reinrassiger Rennwagen
Per Farbbalken im Tourenzähler verschiebt die Elektronik den roten Bereich immer weiter nach oben – je nachdem, wie warm der Motor bereits ist. So wird der Fahrer erzogen, das empfindliche Triebwerk bedächtig anzuheizen. Zudem sorgt das Motormanagement für ein akustisches Kaltstart-Spektakel erster Güte: Im Gemisch angefettet, die Zündung auf spät gestellt, wettert der M6 an kalten Tagen los wie ein reinrassiger Rennwagen. Sägend im Leerlauf, vibrationsreich und bellend wärmt er seine Katalysatoren vor.
Schade, daß der kleine Anfall bereits nach wenigen Sekunden vorüber ist. Doch auch danach kann sich das Klangkonzert noch hören lassen. Verhalten gefordert, reagiert der 6er mit dumpfem Donnern. Bis an die 8000er-Marke getrieben, hämmert er seine Kraftausdrücke nahezu unanständig heraus.
Kosten und Ausstattungen
Werksangaben und Testwerte
Die AUTO BILD-Wertung
Sauber in der Linie, stabil auf Wellen: In unseren Fahrdynamik-Tests gab sich das Coupé dann auch keine Blöße. Abgesehen vom hohen Gewicht. Für einen reinrassigen Sportwagen hat der BMW mit fast 1,8 Tonnen schlicht zuviel Fett auf den Federn.
In engen Kehren schiebt er über die Vorderräder, zudem wirkt die Lenkung künstlich und stufig, sie reagiert nicht so direkt, wie ich es mir wünschen würde. Dennoch bleibt der M6 ein absoluter Vollblut-Racer. Ein Auto, das neben starken finanziellen Mitteln (Grundpreis: 106.500 Euro) auch einen starken Charakter verlangt. Schon wegen der StVO – und des Punktekontos in Flensburg.