Sein Lack schimmert matt. Mattes Grau, das jeden Lichtreflex schluckt und den Concept GTC dastehen lässt wie ein Raumschiff, das von einer Reise in die Zukunft zurückgekehrt ist. Stimmt ja auch. Als meine Finger neugierig über Kanten wie Muskelstränge streichen, über das lange, geduckte Dach, wird die doppelte Mission der Studie greifbar: Opel zeigt sein Design von morgen und verkündet die Rückkehr zu großer Klasse – so könnte 2009 ein luxuriöses Coupé unterm Blitz aussehen.Seltsam, aber passender als in Mattgrau könnte der GTC – steht für Gran Turismo Coupé – kaum auftreten. Vertraute Marken-Zeichen wie der Blitz, den Opel in neuer, erhabener Form vorstellt, oder der lächelnde Trapezgrill treten glänzend hervor.
Die Karosserie darunter verschmilzt zu einer geschlossenen, kraftstrotzenden Skulptur. Auf 4,83 Meter Länge vollzieht Opel eine Designwende. Gerade Flächen und kühle Distanz wie beim aktuellen Vectra sind passé, der Nachfolger soll ab 2008 vor Power und selbstbewusster Lebensfreude strotzen. Und zwar ziemlich genau so, wie der GTC auftritt. Denken wir uns mal das übliche Showcar-Lametta weg: die vertikalen Lufteinlässe und Endrohre, 20-Zoll-Räder und viele matte Alurähmchen. Wiedersehen werden wir auf jeden Fall das Design der Haube, die zarte Bügelfalte vorn wie hinten und den scharfen Schnitt in der Flanke. "Wir nennen es Klinge", so Designer Frank Leopold. Ein Merkmal, das künftig alle Opel tragen sollen.

4,83 Meter gestreckte Eleganz: Der Concept GTC ist größer als ein Passat.
Derzeit sind die Designer stolz auf die strömungsgünstige Form (cw-Wert 0,25), die ohne Heckspoiler auskommt. Aber sollte die CO2-Diskussion wie bisher weiterbrodeln, "dann könnte es eine Rolle spielen, auf diese stille Weise Sprit zu sparen", meint Leopold. Sparen beginnt beim Verbrauch. In der Studie röhrt noch ziemlich ungeniert ein neuer 2,8-Liter-V6, der es mit Turbo und Direkteinspritzung auf 300 PS bringt. Der neue 2,9-Liter-Diesel aus dem Cadillac passt auch unter die Haube, wurde aber im letzten Moment verworfen – und kommt erst im Serienauto. Warum wir da so sicher sind? Unterm Blech des GTC steckt der fertige Vectra-Nachfolger: mit 2,74 Meter Radstand bei der Limousine (plus 37 Millimeter) und Allradantrieb, der die Antriebskraft stufenlos zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt.

Der größte fühlbare Fortschritt gelingt Opel im Innenraum. Wie haben wir noch geklagt über den kantigen und lieblos gestylten Armaturenträger im Vectra. Stattdessen schmiegt sich im GTC Concept ein sanft geschwungenes Cockpit um die Insassen, die Mittelkonsole wölbt sich regelrecht der Hand entgegen. Zwei Rundinstrumente prunken wie schwere Chronometer in ihren Höhlen, die rote Beleuchtung soll in allen Opel-Typen das bisherige Orange ablösen.

Sportlich Reisen 1967: Im Diplomat V8 Coupé ist hinten noch richtig Platz.
Doch im Fond des GTC scheint für Erwachsene der Himmel einzustürzen – genau wie im neuen Audi A5. Heutige Coupés wollen immer sportlicher werden, aber wo bleibt der gelassene Komfort, der einen Vorgänger wie das Diplomat V8 Coupé ausgezeichnet hat? Um wie viel entspannter reist es sich im Fond des 40 Jahre alten Opel-Flaggschiffs: mit erhobenem Haupt, auf blauem Leder thronend, bei Bedarf angestrahlt von einer kleinen Leseleuchte in der Dachsäule. Der Diplomat war ein deutscher Straßenkreuzer, der mit amerikanischer Größe noch einmal am Mercedes-Stern kratzen sollte: endlose 4,95 Meter lang, als Coupé atemberaubende 25.500 Mark teuer, mit prestigeträchtigem V8-Motor von Chevrolet unter der riesigen Haube. Mit 5,4 Liter Hubraum und 230 PS schnaubt er beim Gasgeben erst einmal los, die Beschleunigung folgt mit Verzögerung – die behäbige Zweistufen- Automatik lässt sich einen Augenblick Zeit. Damals war unter Deutschlands Limousinen nur ein Mercedes 600 schneller.

Angetrieben vom 230 PS starken V8 soll der Diplomat 206 km/h schaffen.
Heute ist es schwer vorstellbar, wie die Erstbesitzer mit der schwammigen Lenkung, den schmalen 185er-Reifen und heillos überforderten Bremsen die versprochenen 206+ km/h Spitze angepeilt haben. Vielleicht genossen sie doch eher den grummelnden Motorklang oder die weichen Ledersitze. Oder sie spielten mit den vier elektrischen Fensterhebern, damals ein Hightech-Detail. Klimaanlage? Zukunftsmusik. Für Erfrischung sorgten kleine Dreieckfenster und ein paar Spritzer Kölnisch Wasser. Es war halt eine andere Zeit. Die Betriebsanleitung lieferte Lebensweisheiten wie diese: "Das äußere Aussehen Ihres Wagens ist Ihre Visitenkarte. Durchaus möglich, dass Sie aus reinem Hobby von Zeit zu Zeit die Wagenpflege einmal selbst vornehmen oder Ihrem Fahrer übertragen wollen." Aus, vorbei. Opel zog sich nach und nach aus der Luxusklasse zurück. Nur einmal wagten sich die Entwickler noch an ein großes Coupé: Aber mehr als ein Achtungserfolg war der Monza mit seiner großen Heckklappe nicht.

Mit einem Coupé zurück zu alter Klasse?

Immerhin, der Concept GTC ist elf Zentimeter länger als das 70er-Jahre-"Kombi-Coupé". So weit wächst der Vectra-Nachfolger in die Oberklasse. Beschlossen sind ein Viertürer und ein Caravan, der Signum wackelt. Aber wie wäre es mit einem Coupé, das Opel zu alter Klasse verhilft?

Von

Joachim Staat