Runterschalten und durchstarten

Noch sei er ganz entspannt, sagt er. Ein ruhiges Weihnachtsfest mit der Familie im Odenwald, eine spontane kleine Silvesterfeier; bloß keine Hektik aufkommen lassen. Dabei, das weiß Timo Glock nur zu gut, startet die Formel-1- Saison 2005 bereits in acht Wochen. Und die Zahl der noch zu vergebenden Cockpits läßt sich an einer Hand abzählen. Kann einer da tatsächlich gelassen bleiben?

Nur zur Erinnerung: Timo Glock (22) ist längst ein echter Formel-1-Pilot. Hat eine komplette Saison als Test- und Ersatzfahrer bei Jordan hinter sich. Hat viermal an einem Grand Prix teilgenommen. Hat bei seinem ersten Rennen in Kanada gleich zwei WM-Punkte abgestaubt. Hat Aufsehen erregt, Schlagzeilen gemacht, Hoffnungen geweckt.

Und trotzdem hat sein Manager Hans-Bernd Kamps keine Probleme damit, bei der Karriere seines Schützlings einen Gang runterzuschalten: "Der Junge muß sich noch entwickeln. Er braucht noch ein, zwei Jahre." Deshalb sei es wichtiger, einen Platz zu finden, wo Timo lernen könne, statt um jeden Preis in der Formel 1 Rennen zu fahren. "Die Starts in der vergangenen Saison waren toll, aber die Weiterentwicklung ist wichtiger." Also bloß nichts überstürzen! "Wo lernt Timo mehr?", fragt Kamps, "bei einem Test-Tag mit einem finanzstarkenTeam? Oder wenn er in einem Rennen sechsmal von Michael Schumacher überrundet wird? Sehen Sie!"

"Wir gucken uns das Beste raus"

Um Glock bei einem Team wie Minardi als zweiten Fahrer unterzubringen, genüge ein Anruf, sagt Kamps überspitzt. "Aber das Kaufen von Startplätzen mit Sponsorengeldern kommt für uns nicht in Frage." Das ist auch nicht die Philosophie von Glocks Partner "Speed Academy", der Motorsportförderung der Deutschen Post AG. Timo Glock sieht das genauso, "auch wenn ich froh wäre, wenn ich schon einen Vertrag unterschrieben hätte". So hält er sich mit Konditions- und Krafttraining fit, war zwei Tage in Italien zum Kartfahren und hofft, noch im Januar eine Chance auf eine Testfahrt zu bekommen.

Doch derzeit heißt es: Talentiert, erfolgreich, jung, sucht... "Wir gucken uns das Beste raus", sagt Kamps. Noch ist nicht klar, wie es bei Jordan weitergeht. Zwar liefert Toyota in diesem Jahr die Motoren für das zweitschlechteste Formel-1-Team. Doch die Finanzierung (Jahresetat 2004: 40 Millionen Euro) steht ebensowenig wie die Cockpitbesetzung. Kamps ist mit Teamchef Eddie Jordan in Kontakt. Man mag sich. Was in der Formel 1 abgehe, sei eher emotional als rational, sagt Glocks Manager. Wichtig sei es, 2005 einen fairen Partner zu haben. "Und Jordan war vergangenes Jahr sehr fair zu uns."

US-ChampCar-Serie als Alternative?

Aber auch bei einer behutsamen Karriereplanung muß es 2005 einen Schritt vorwärts gehen. Wie schwer es ist, sich in der "Randsportart" Formel 1 dauerhaft zu halten, belegt das Beispiel Nick Heidfeld. Daß schon Glocks erfahrener Jordan- Teamkollege in diesem Winter lange um den Verbleib in der Serie kämpfen mußte, zeigt die ganze Härte dieses Verdrängungswettbewerbs.

Eine Alternative könnte sich in Amerika auftun. In einem der dort fahrenden Champ Cars fuhr Timo Glock Ende 2003 schon mal zur Probe. "Hochprofessionell" waren laut Kamps diese beiden Testtage beim Walker-Racing-Team. Die Zukunft der amerikanischen Formel-Serie ist jedoch ungewiß, zuletzt wanderten Teams in die konkurrierende IRL-Serie ab. Hans-Bernd Kamps hält ChampCar "ausbildungstechnisch für okay". "Sollte in diesem Jahr eine ordentlich organisierte Serie stattfinden, könnte Timo da mehr lernen als in schlechtfinanzierten Formel-1-Rennställen."

Die Karriere des Timo Glock

• Glock sammelt im Alter von vier Jahren erste Erfahrungen beim Motocross mit einer 50-cm3-Kawasaki

• Im Jahre 2000 steigt Glock in den Formel-BMW-ADAC-Junior-Cup ein, wird Meister. 2001 wiederholt er den Erfolg in der Formel BMW ADAC

• 2002 wird Glock als Debütant Dritter in der Deutschen Formel-3-Meisterschaft

• In der Internationalen Formel-3-Euroserie landet der gelernte Gerüstbauer aus Wersau 2003 auf Platz fünf

• 2004 ist Glock Formel-1-Testfahrer bei Jordan und kommt als Ersatzfahrer bei vier Rennen zum Einsatz