Schlamm und Steine

Tatort Kiesgrube bei Limburg. An einem Ort, an dem normalerweise große Bagger jede Menge Sand und Schotter abtragen und verladen, zieht ein schwarzer Pkw leichtfüßig seine Bahnen: Es ist ein BMW der Modellreihe E30. Beim noch genaueren Hinsehen fallen Startnummer und Rallye-Zubehör auf. Es ist ein Cup-Fahrzeug aus dem 318is-Cup. Auf dem Gelände trainiert normalerweise Ex-Opel-Werksfahrer Christoph Schleimer (Corsa Super 1600) für Schotter-Rallyes. Heute darf ein Journalist ans Steuer seines Cup-Renners. Die Rede ist von mir, AUTOTUNING-Tracktester Guido.

Der Kies ist zwar ziemlich naß, weich und tief, aber Heckantrieb und 145 PS werden das schon richten. Nach einem kurzen Briefing kann es losgehen. Ich sehe mich um: Außer dem Käfig und den Schalensitzen ist alles Serie. Der erste Gang ist eingelegt, und ich gebe Gas. Oha, der 318is ist nicht gerade der Hammer in Sachen Beschleunigung. Trotzdem, wie in einem echten Rallyeauto kommt nach wenigen Metern das gewisse Feeling auf. Die Sportauspuffanlage brüllt lautstark, Steine knallen in die Radkästen – Gänsehaut beim Piloten!

Im Rückspiegel sieht man reichlich durch die Luft fliegenden Schlamm. Eine kurze Gerade und das serienmäßige Fünfgang-Getriebe erlauben, die zweite und dritte Fahrstufe einzulegen und Schwung für die anstehende Links-Rechts-Kurvenkombination zu holen. Runter in den zweiten Gang, kurz aufs Gas, Lenkrad etwas verreißen und den BMW sauber anstellen. Wie von Geisterhand schiebt das schwarze Gefährt im besten Driftwinkel durch die Kurven. Mit einem Mitsubishi Evo geht das nicht viel besser!

Großer Fahrspaß, kleines Geld

Haben Fahrer, Gaspedal und Auto sich erst einmal angefreundet, gibt es nur noch eins: Fahrspaß ohne Ende. Das ist auch das Motto des seit 2003 bestehenden BMW 318is-Cup. Ein Cup, der aus einer Laune diverser bekannter deutscher Rallye-Größen entstand. Rallye-Cracks wie Schleimer, Gerst (ehemals Skoda Kit Car), Kleinwächter und Hasselbach (beide ehemals BMW M3) wollten etwas auf die Beine stellen, was zum einen wenig Kohle kostet und zum anderen jede Menge Fun bietet.

Den Fahrspaß erreicht man im Rallyesport eigentlich nur auf zwei Wegen: Zum einen mit einem echten Werksauto, einem WRC, wo man, ohne aufs Geld zu schauen, Gas geben und nach jeder Prüfung neue Reifen, neues Getriebe usw. montieren kann. Zum anderen ist Rallye-Fahrspaß mit einem Hecktriebler zu haben. Nicht umsonst sind Opel Manta, C-Coupé, Toyota Corolla AE 86 und BMW M3 die absoluten Zuschauer-Lieblinge bei den Rallyes. Jeder Abzweig, jede Kurve – einfach quer! Es geht nicht anders. Auch wenn man dabei etwas Zeit gegenüber der vierradangetriebenen Konkurrenz verliert – die Zuschauer freut’s.

Und schließlich fahren die 318is-Treter nicht um einen Gesamtsieg, auch nicht um einen Werksvertrag mit BMW, sondern um jede Menge Fahrspaß zu haben. Und trotzdem wird gekämpft. Wie in der Rallye-WM geht es dabei um Sekunden, ja sogar und Zehntel. Bei einer Veranstaltung im letzten Jahr trennten den Zweit- und Drittplazierten nur 0,9 Sekunden.

Das Konzept geht einfach auf. Den BMW 318is bekommt man bei ebay oder im Autohandel bereits ab circa 1000 Euro. Mit dem ganzen erlaubten Zubehör wie Schalensitze, Käfig, Lenkrad, Schrick-Sportnockenwellen, modifizierter Kettenspanner, E-Lüfter, vorgeschriebener Chip, Fahrwerk, Unterbodenschutz, Auspuffanlage und den Vredestein Quatrac 2 in 195/65 R 15 kommt man bei einem Top-Fahrzeug auf ungefähr 6500 Euro. Damit ist der BMW einsatzbereit. Bei einem WRC oder einem Evo der Gruppe N bekommt man dafür gerade mal einen Satz Räder oder eine Auspuffanlage.

Schlußrunde und Facts

Zurück zur Kiesgrube. Weiter hinten im Gelände entdecken wir eine lange Passage mit einigen schnellen Kurven. Der schwarze 318is ist gerade richtig auf Temperatur. Die Vredestein-Winterreifen beißen sich gut durch. Noch einmal werden die Gänge sortiert. Mit knapp 100 km/h geht es in die erste Kurve. Wieder kurz vorher ein beherzter Dreh am Lenkrad und ein kräftiger Tritt aufs Gaspedal – und schon geht’s quer durch die Kurve. Den Schwung gleich für die nächste Biegung mitnehmen, es paßt! Einfach Wahnsinn.

Das Procedere wiederholt sich unzählige Male. Erst als Besitzer Christoph Schleimer hektisch winkt, stoppen wir den 318is. "Ich wollte nur nicht, das dir das Benzin ausgeht, ich hatte den Tank nur halb vollgemacht", so Schleimer. Doch wahrscheinlich werde ich in dem schwarzen BMW 318is bald wieder Spaß haben. Denn derzeit bastelt die Redaktion eifrig an einem AUTOTUNING-RACE-TEAM für den 318is-Cup 2005!

Die Rallye-Regeln

"Rallyesport ist teuer, sehr teuer. Wenn man da nicht einen dicken Sponsor oder einen Hersteller im Rücken hat, fährt man immer hinterher. Man konzentriert sich darauf, das Autos nicht arg zu strapazieren und es ganz zu lassen. Das bedeutet aber auch weniger Fahrspaß. Deshalb haben wir uns den 318is-Cup ausgedacht. Mit wenig finanziellem und materiellem Aufwand jede Menge Rallyespaß haben!", so Mitbegründer und Teilnehmer Andreas Gerst.

Der 31jährige fuhr vor ein paar Jahren noch erfolgreich mit einem Skoda Octavia Kit Car in der Deutschen Rallyemeisterschaft. Doch irgendwann ging auch ihm das nötige Kleingeld für größere Taten aus. Genauso wie seinen Kollegen der "Pedal to the Metal"-Fraktion Thomas Kleinwächter und Sven Hasselbach. Die drei trafen sich Ende 2002 bei einer Rallye und machten den Cup klar. "Erst wollten wir Volvo oder Opel nehmen. Doch uns ging es darum, die Fahrzeuge immer mit guten Teilen zu versorgen. Durch die "Mobile Tradition" von BMW ist das möglich. BMW sichert uns für die nächsten zehn Jahre Teile für den 318is E30 zu", so Thomas Kleinwächter, der Technik-Guru des Cups.

Auch beim Reglement sollte es eher spaßig statt ernst zugehen. So entstand ein Regelwerk, wovon sich die FIA durchaus in manchen Punkten eine Scheibe abschneiden könnte. Hier einige Auszüge: • Einheitsreifen Vredestein Quatrac 2, Größe 195/65 R 15 95T in Reinforced ist für alle Veranstaltungen vorgeschrieben. Jeglicher andere Reifen ist verboten. • Jedes Fahrzeug darf bei einem Verdacht jederzeit ohne Protestkosten kontrolliert werden. • Jeder verpflichtet sich ohne große Worte, jedem anderen Teilnehmer auf Wunsch seinen Autoschlüssel zu übergeben, um eine Kontrolle an dem verdächtigen Fahrzeug durchführen zu lassen. Auch mit Probefahrt. • Es sollen keine offiziellen Proteste im Rahmen der Veranstaltung (über die Sportkommissare/DMSB) untereinander erlaubt sein.

Das klingt alles sehr gut! Der bei den Zuschauern seit 2003 sehr beliebte 318is-Cup geht weiter! 2005 sind die über 20 Quertreiber in ihren tollen Kisten bei sechs Schotter-Rallyes in Deutschland zu sehen. Mehr Infos dazu unter www.ig318is.de.