Timo Scheider als Motorrad-Fahrer – läuft hier was verkehrt? Nein! Denn als AUTO BILD MOTORSPORT mich fragte, ob ich Lust hätte auf einen Supermoto-Tracktest, hab' ich gleich zugesagt. Schließlich ist dieser Sport mein großes Hobby. Und die KTM-Wettbewerbsmaschine des zweifachen Weltmeisters Bernd Hiemer (26) fahren zu dürfen, ein echter Hammer. Auf geht's. Während Bernd die Heizdecken von den geschnittenen Slick-Reifen pellt, ziehe ich meinen Cross-Helm auf, streife die Protektoren-Handschuhe über. "Ich brauche dir ja nicht viel erklären", ruft mir Bernd zu, während ich aufsitze. "Gewöhn' dich nur erstmal dran."

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Supermoto Scheider
Redakteur Martin Westerhoff (rechts) im Gespräch mit Tracktester Timo Scheider.
Mit der linken Hand den Kupplungshebel gezogen, mit dem linken Fuß den Schalthebel runterdrücken. Den Gasgriff rechts nach unten drehen und Kupplung kommen lassen. Ganz wie bei meiner Maschine, einer leicht modifizierten 450er KTM. Bis ich das erste Mal bremse. Die Klötze beißen derart heftig in die vordere 305-Millimeter-Scheibe, dass das Hinterrad bei den ersten fünf Versuchen hoch in die Luft steigt. Wahnsinn! Am Hebel brauche ich nur mit etwa einem Drittel der Kraft zu ziehen, wie ich es gewohnt bin. Eine große Hilfe, sobald ich mich einmal daran gewöhnt habe. Denn die Kurventechnik ist beim Supermotofahren eine ganz andere als bei Straßenmaschinen. Beim Bremsen verlagert sich das Gewicht nach vorne. Das entlastet den Hinterreifen. Einlenken. Zack! Der Hinterreifen rutscht weg.

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Supermoto Scheider
Erfolgsduo: In seinem Audi A4 DTM holte Hobby-Motorradfahrer Scheider 2009 zwei Siege und seinen zweiten DTM-Titel in Folge.
Der Fahrer hält die Maschine bis zum Scheitelpunkt der Kurve absichtlich im Drift. Den kurveninneren Fuß lässt man dicht über der Fahrbahn schweben, um sich notfalls abzustützen, falls der Drift zu arg wird. Am Scheitelpunkt steht das Motorrad dann quer, ich muss diese Bewegung nicht mehr durchs Lenken in der Kurve machen. Dann löst man die Bremse, geht ans Gas – und beschleunigt auf einer geraden Linie hinaus auf die nächste Gerade. Durch Verlagern des Körpergewichts auf die linke oder rechte Fußraste kann der Fahrer dabei gezielt Grip auf den Hinterreifen bringe. Bernds 450er KTM hat durch superweiche Dunlop-Slicks davon so viel, dass mir fast schlecht wird. Das Limit verlagert sich hier in viel höhere Geschwindigkeitsregionen. Doch im Gegensatz zu einer für jeden käuflichen Standard-Supermoto-Maschine ist dieser weiterentwickelte Prototyp viel agiler und präziser zu kontrollieren. Die Maschine kippt mit nur wenig Kraftaufwand in die Kurven ein, gibt ein sehr direktes Lenkgefühl.

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Kein Wunder – ob steifere Hinterradschwinge, Zusatzstreben im Rahmen, unterschiedliche Feder-Dämpfer-Kombinationen oder der extra auf Bernd angepasste Lenkradwinkel: KTM überlässt nichts dem Zufall, wenn es darum geht, Bernds dritten WM-Titel zu sichern. Doch damit ist die 450 SMRF nicht nur in Kurven verdammt schnell. Die extreme Beschleunigung schiebt mich jedes Mal auf der Sitzbank von vorn nach hinten. 3,4 Sekunden zeigt das Messgerät bei unserem Tracktest nach dem Sprint auf 100 km/h. Das ist nur etwa eine halbe Sekunde langsamer als bei meinem 470 PS starken Audi A4 DTM! Damit das Vorderrad beim Start nicht nur in der Luft schwebt, kann man die vordere Federgabel dazu herunterdrücken und eine Sperre einrasten lassen. Was Supermoto fahren schwierig macht, ist der Übergang vom Offroad-Teil auf den Asphalt. Da kleben die heißen Slicks voller Staub. Und der Fahrer muss spüren, wie viel Gas er geben kann. Da lasse ich am meisten Zeit auf einen Vollprofi wie Bernd liegen. Aber der soll das mal mit einem DTM-Auto ausprobieren.

Fazit

von

Martin Westerhoff
Der Tracktest mit Bernd Hiemers Motorrad zeigt, dass auch im Supermoto-Sport viel Entwicklungsarbeit geleistet wird. Der steifere und in seiner Geometrie geänderte Rahmen macht das Handling super präzise. Die Bremse und der Grip der Reifen sind spitze.

Von

Martin Westerhoff