Tracktest KTM X-Bow GT4
Giftiges GT-Biest

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Er ist klein und gemein, der KTM X-Bow, und er lehrt als GT4-Version den ausgewachsenen Sportwagen das Fürchten. 2009 gibt es das Biest auch für Kunden, die Rennen fahren.
Bild: Werk
Ein kurzer Schlag. Das war die Bodenwelle. Jetzt rechts die Einmündung zur kleinen Rettungsstraße – mein Bremspunkt. Fuß vom Gas, rüber aufs Bremspedal. Richtig giftig beißen die Klötze auf die Scheiben. ABS-Sensoren, die für mich fühlen, wann die Blockiergrenze der Vorderräder erreicht ist? Fehlanzeige! Noch ein Stückchen mehr das Pedal nach unten treten, und ich rutsche mit stehenden Reifen am Einlenkpunkt vorbei. Bei jedem Runterschalten heult der 2,0-Liter-Motor hinter mir kurz auf, jedes Einkuppeln lässt die Hinterreifen kurz und herzhaft aufschreien. Einlenken. Mit dem Lenkrad dreht sich meine rechte Hand nach oben, bis über den Cockpitrand. Ich spüre, wie der Fahrtwind jetzt durch jede einzelne Masche des feuerfesten Nomex-Stoffs des Rennhandschuhs pfeift. Meine Finger abkühlt, die das Steuer fest umkrallen. Schnurstracks biegt der offene Renner ab.
Im Lenkrad und Hintern spüre ich den hohen Kerb, über den das linke Vorderrad hinwegfegt. Vor mir sehe ich parallel durch eine Öffnung in der Verkleidung, wie die Schubstange zwischen Radaufhängung und Federbein nach oben schnellt, die liegende Feder wie ein Akkordeon zusammendrückt. Mitte der Schikane. Umlenken. Das Heck schwänzelt leicht. Ich gehe schon wieder sachte aufs Gas, damit die Schaufelräder des Turboladers in Schwung bleiben, sein Ladedruck sofort ansteht. Scheitelpunkt der Ausgangskurve: Lenkeinschlag zurücknehmen, das Gas voll runter. Wie von der Tarantel gestochen springt das Auto vorwärts. Ich bin schneller am kurvenäußeren Kerb, als ich gucken kann. Die Windgeräusche am Helm werden lauter. Hochschalten und raus beschleunigen auf die nächste Gerade.
Das Leichtgewicht macht mächtig Dampf
Herrlich, wie viel Saft in dieser flachen Orange steckt! Aber halt: Genau gesagt sind es nicht mehr und nicht weniger als 240 PS Leistung und 310 Newtonmeter maximales Drehmoment. Aber in der Rennversion des KTM X-BOW (gesprochen Cross-BOW) hat der für Konsorten wie Audi TT (1395 Kilo) und Golf GTI (1336 Kilo) entwickelte 2,0-Liter-Direkteinspritzer mit gerade einmal 825 Kilo Lebendgewicht zu kämpfen. Und damit ist der offene Zweisitzer im Renntrimm – man höre und staune – 35 Kilo schwerer als sein Straßenpendant. "Die Veränderungen für die GT4-Rennversion des X-Bow beschränken sich im Wesentlichen auf zusätzliches Sicherheits-Equipment, das von der FIA vorgeschrieben ist", erklärt Toni Stöcklmeier. Als Produktmanager bei KTM ist er einer der Väter des ersten Autos des Motorrad-Herstellers aus Österreich.
Alles drumrum gebaut
Wobei Auto wohl nicht der treffendste Begriff für den X-BOW ist. Fahrmaschine passt schon eher. Und das erklärt auch, warum bei der Rennversion auf- statt abgespeckt werden musste: Schon das Straßenmodell ist voll auf Sportlichkeit getrimmt. Null Komfort, also auch nichts zum Rauswerfen und Abmagern. Allein die Bauweise ist schon näher an einem Formel-Rennwagen als an einem Sportwagen. Das Kohlefaser-Monocoque dient Pilot und Beifahrer als Innenraum, ist die tragende Struktur des X-Bow. Motor, Getriebe, Achsen – alles ist drumherum gebaut. Bei normalen Autos ist üblicherweise die Blech-Karosse so konstruiert, dass sie die "Innereien" zusammenhält und den beim Fahren wirkenden Kräften standhält, das Auto "trägt". Doch das war den KTM-Ingenieuren zu viel Masse, zu schwer. Sie wollten ein minimalistisches Leichtgewicht, das stärkeren Sportwagen mächtig einheizt. Und deshalb erweckt der X-Bow den Eindruck, halb nackig zu sein. Nur an den Stellen, wo eine glatte Außenhaut aus aerodynamischen Gründen oder Sicherheitsaspekten nötig ist, trägt er minimale Verkleidungsteile.
Schwerer aber schneller

Fazit von AUTO BILD MOTORSPORT-Testfahrer Martin Westerhoff
Die GT4-Version des X-Bow überzeugt mit Fahrleistungen, die GT-Rennwagen mit rund 500 PS in nichts nachstehen. Vor allem die hohen Kurvengeschwindigkeiten erinnern an Prototypen à la Le Mans. Gas geben, bremsen, lenken – davon geht allerdings immer nur eines. Sonst zickt das Biest, ein Dreher folgt schnell.
KTM X-Bow GT4 "Race" im Motorsport

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