Urlaub mit DB Autozug
Lorenz krabbelt nach Tirol

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Wir wagten den Selbstversuch: Mit Sack und Pack und Kleinkind auf dem Doppelstrang nach Tirol. Ein Mega-Koffer auf Rädern war übrigens auch dabei.
Weinprobe im Schlafabteil
Als Lorenz (zwölf Monate alt) den knapp 30 Meter langen Schlafwagenkorridor fröhlich zur Krabbel-Piste erklärt, dämmert es uns. Vielleicht doch keine schlechte Wahl! Draußen dämmert's auch. Dem Morgen graut, aber wir nicht am Steuer. Und: gleich da! Der Reihe nach: Eine Testtour mit dem DB Autozug ist für Vertreter der Generation Golf, die eher Autofahren lernten als laufen, eine Herausforderung. Was da alles schiefgehen kann!? Das fängt an mit endloser Suche nach dem Verladebahnhof und hört so bald nicht auf. Was etwa, wenn mein Auto zu dick ist für den Zug? Oder wenn ich nicht rechtzeitig aussteige und bis Innsbruck im Wagen sitzen bleiben muß? Oder wenn ich mich auf dem Autozug verfahre? Phantasierte ich panisch. Aber alles kam anders.
Erst mal kommt jetzt der Kellner im Speisewagen mit dem Frühstück. Krabbelkönig Lorenz kriegt seinen Bananenbrei, aufgewärmt in der Speisewagen-Mikrowelle. Alles ganz harmonisch, und soeben teilt eine Lautsprecherstimme mit, Innsbruck liegt noch eine halbe Stunde entfernt.
So harmonisch sah das gestern Abend noch nicht aus: Durch Schnee und Eis zum Verladebahnhof Hamburg-Altona. Als alter Hanseat weiß ich ja, wo das ist – aber die Autozug-Piktogramme leuchten schon ab der Autobahnabfahrt Othmarschen hell durch die Nacht. Während Lorenz quakend nach seinem Nachtmahl verlangt, erreichen wir die Station. Einchecken, bitte links einordnen (rechts geht's nach München). Bei minus zehn Grad warten wir auf die Verladung. Dann mal los: Langsam rollt die Autoschlange ins Bahnhofsgebäude. Unter aufmunternden Zurufen der plastikbehelmten Autozug-Ladeleute steuere ich in die schwarze Hölle. Nix für Klaustrophobe, diese Enge ohne Beschilderung. Immer den roten Bremsleuchten des Vordermanns nach. Quietschend knutscht mein Vorderreifen die zentimeterhohe Bordwand. Stop! Sehr gerne. Jetzt nur noch abschließen, sich aus dem Doppelstockwagen winden und den Weg zum Abteil finden.
Dort empfängt uns mit Küchenchef-Lächeln und zwei Minifläschchen Rotwein unser Schaffner. Kein Traum? Während der Zug langsam aufdreht, machen wir das Gleiche: Prost auf die Reise mit Auto und Zug! Genüßlich auf der Koje ausgestreckt, lästert meine Freundin Uta, der leckere Rebensaft diene wohl als Schlummertrunk, damit wir den Lärm wenigstens halbwegs überstehen. Doch weit gefehlt: Die Waggons sind neu konstruiert, Fahrgeräusche halten sich in engen Grenzen. Das findet sogar Lorenz, der seinen zarten Baby-Schlaf nur zweimal unterbricht diese Nacht.
Der Tag beginnt gemütlich mit Morgentau-Tee und frisch aufgebackenen Rundstücken. Draußen fliegen Eis und Schnee vorüber und auch so manche zugestaute Straße. Hinter München werden die Winterimpressionen pittoresk, die Berge himmelhoch, der Himmel bayerisch-blau. Dann ist Innsbruck erreicht: Alles aussteigen! Wir wandern ohne Hast zum Verladebahnhof und steuern vor einer grandiosen Alpenkulisse unsere Autos vom Zug. Keine Kontrollen, kein Theater, los geht's!
Erst mal kommt jetzt der Kellner im Speisewagen mit dem Frühstück. Krabbelkönig Lorenz kriegt seinen Bananenbrei, aufgewärmt in der Speisewagen-Mikrowelle. Alles ganz harmonisch, und soeben teilt eine Lautsprecherstimme mit, Innsbruck liegt noch eine halbe Stunde entfernt.
So harmonisch sah das gestern Abend noch nicht aus: Durch Schnee und Eis zum Verladebahnhof Hamburg-Altona. Als alter Hanseat weiß ich ja, wo das ist – aber die Autozug-Piktogramme leuchten schon ab der Autobahnabfahrt Othmarschen hell durch die Nacht. Während Lorenz quakend nach seinem Nachtmahl verlangt, erreichen wir die Station. Einchecken, bitte links einordnen (rechts geht's nach München). Bei minus zehn Grad warten wir auf die Verladung. Dann mal los: Langsam rollt die Autoschlange ins Bahnhofsgebäude. Unter aufmunternden Zurufen der plastikbehelmten Autozug-Ladeleute steuere ich in die schwarze Hölle. Nix für Klaustrophobe, diese Enge ohne Beschilderung. Immer den roten Bremsleuchten des Vordermanns nach. Quietschend knutscht mein Vorderreifen die zentimeterhohe Bordwand. Stop! Sehr gerne. Jetzt nur noch abschließen, sich aus dem Doppelstockwagen winden und den Weg zum Abteil finden.
Dort empfängt uns mit Küchenchef-Lächeln und zwei Minifläschchen Rotwein unser Schaffner. Kein Traum? Während der Zug langsam aufdreht, machen wir das Gleiche: Prost auf die Reise mit Auto und Zug! Genüßlich auf der Koje ausgestreckt, lästert meine Freundin Uta, der leckere Rebensaft diene wohl als Schlummertrunk, damit wir den Lärm wenigstens halbwegs überstehen. Doch weit gefehlt: Die Waggons sind neu konstruiert, Fahrgeräusche halten sich in engen Grenzen. Das findet sogar Lorenz, der seinen zarten Baby-Schlaf nur zweimal unterbricht diese Nacht.
Der Tag beginnt gemütlich mit Morgentau-Tee und frisch aufgebackenen Rundstücken. Draußen fliegen Eis und Schnee vorüber und auch so manche zugestaute Straße. Hinter München werden die Winterimpressionen pittoresk, die Berge himmelhoch, der Himmel bayerisch-blau. Dann ist Innsbruck erreicht: Alles aussteigen! Wir wandern ohne Hast zum Verladebahnhof und steuern vor einer grandiosen Alpenkulisse unsere Autos vom Zug. Keine Kontrollen, kein Theater, los geht's!
Urlaub unter der Autobahn
Nachdem das Abladen noch entspannter vor sich ging als das Aufladen (was auf die südländische Gelassenheit der Tiroler zurückzuführen sein mag), freuen wir uns über die kurze Reststrecke: 30 Kilometer liegen nur noch vor uns! Das Reiseziel lautet Matrei im Wipptal – eine für uns unbekannte Größe. Zumal wir es schon längst kennen; aber nur von der – gelegentlichen – Durchreise. Denn das Wipptal ist eines der meist frequentierten Täler Österreichs. Wer jetzt an kilometerlange Schlangen vorm Lift und überfüllte Kneipen denkt, irrt. Durchs Wipptal führt nämlich die Brennerautobahn. Effekt: Alles rast vorbei, 18 Millionen Fahrzeuge pro Jahr, aber für die Schönheiten am Rande hat natürlich keiner ein Auge. Dabei haben es vor allem die Seitentäler in sich: Hier ist vom Autobahn-Lindwurm, der sich auf Stelzen wie eine Riesen-Murmelbahn am Hang entlang windet, weder was zu sehen noch zu hören.
Matrei selbst liegt an der alten Paß-Straße, die seit der Eröffnung der Autobahn in den 60ern wieder ganz schön ruhig geworden ist. "Seitdem können wir ruhige Zimmer tatsächlich auch wieder als 'ruhig' vermarkten", sagt Florian Obojes lachend. Der 26jährige führt das Parkhotel, größtes Haus Matreis und insbesondere kulinarisch eine empfehlenswerte Adresse. Bei Schlutzkrapfen, Spinatknödeln und Kasnocken, serviert unter den kunstvollen Schnitzereien der Ladiner Stube, vor Augen ein massiger Bauern-Kachelofen, stellt sich Tiroler Gemütlichkeit ein. Draußen liegt ein halber Meter Schnee, von der Sonne beschienen, darüber zackige Gipfel und tiefblauer Himmel. Urlaubswetter! Franz Obojes, Vater des Jung-Hoteliers und Tourismus-Aktivist, empfiehlt uns als Ausflugsziel das Kloster Maria Waldrast. Es liegt auf 1600 Meter, betreibt eine "Jausenstation" und ist Ausgangspunkt einer 3,6 Kilometer langen Rodelpiste. Die Schlitten dazu gibt's im Hotel.
Schnee – im Hamburger Tiefland ist das ja nur eine vorübergehende meteorologische Belästigung, ein kurzes Ärgernis. Kaum da, ist er schon wieder weggeschmolzen und hinterläßt nur Matsch und gelegentlich Blechschaden. Im Gebirge dagegen ist Schnee ein Zustand, mit man leben muß – und kann, wie man den Bewohnern ansieht. Ein Lebensgefühl wie Sommerwiese oder Blumenbalkon. Wo es monatelang liegen bleibt, kann man mit dem wüsten Weiß erst wirklich etwas anfangen. Zum Beispiel: Rodeln. Doch vor dem Ab- kommt der Aufstieg: Schneeketten anlegen, für mich Flachländer ein Erlebnis wie Schnee für Elefanten. Es fängt bereits mit dem Aufziehen an: Wo kann denn bei der Häkelei das Ende sein? Nach unendlichem Gepuzzel habe ich unserem Skoda Superb das rasselnde Schuhwerk auch richtig angezogen und hoffe auf die Gnade des Glücks. Es knirscht, es knackt, und wir setzen uns tatsächlich in Bewegung!
Maria Waldrast ist der höchste Wallfahrtsort Europas, schon auf der Strecke weisen mehrere hübsche Kapellen darauf hin. Oben lehnen die bunten Schlitten an dicken Mauern, die Menschen hängen auf der Terrasse bei Kaiserschmarrn und Jagertee und räkeln sich in der Sonne! Nur ungern verlassen wir diese Idylle mitten im Tiefschnee wieder, doch Lorenz fängt an zu meckern. Babys Laune rettet man in unserem Fall am besten mit Tempo. Also rauf auf den Rodel und zu Tal. So eine Tiroler Schlittensause (übrigens dank Beleuchtung auch nachts befahrbar) hat sich gewaschen – vor allem nach ein paar Wochen abwechselndem Tau- und Frostwetter. Zwischendurch reicht's beinahe zum Crashtest ohne Airbag, doch wir kommen an. Und Baby ist wieder zufrieden. So vergeht die Zeit mit Rodeln, Wandern, Saunen und Autoausflügen in die stillen Seitentäler recht schnell; der Tag der Abreise naht.
Matrei selbst liegt an der alten Paß-Straße, die seit der Eröffnung der Autobahn in den 60ern wieder ganz schön ruhig geworden ist. "Seitdem können wir ruhige Zimmer tatsächlich auch wieder als 'ruhig' vermarkten", sagt Florian Obojes lachend. Der 26jährige führt das Parkhotel, größtes Haus Matreis und insbesondere kulinarisch eine empfehlenswerte Adresse. Bei Schlutzkrapfen, Spinatknödeln und Kasnocken, serviert unter den kunstvollen Schnitzereien der Ladiner Stube, vor Augen ein massiger Bauern-Kachelofen, stellt sich Tiroler Gemütlichkeit ein. Draußen liegt ein halber Meter Schnee, von der Sonne beschienen, darüber zackige Gipfel und tiefblauer Himmel. Urlaubswetter! Franz Obojes, Vater des Jung-Hoteliers und Tourismus-Aktivist, empfiehlt uns als Ausflugsziel das Kloster Maria Waldrast. Es liegt auf 1600 Meter, betreibt eine "Jausenstation" und ist Ausgangspunkt einer 3,6 Kilometer langen Rodelpiste. Die Schlitten dazu gibt's im Hotel.
Schnee – im Hamburger Tiefland ist das ja nur eine vorübergehende meteorologische Belästigung, ein kurzes Ärgernis. Kaum da, ist er schon wieder weggeschmolzen und hinterläßt nur Matsch und gelegentlich Blechschaden. Im Gebirge dagegen ist Schnee ein Zustand, mit man leben muß – und kann, wie man den Bewohnern ansieht. Ein Lebensgefühl wie Sommerwiese oder Blumenbalkon. Wo es monatelang liegen bleibt, kann man mit dem wüsten Weiß erst wirklich etwas anfangen. Zum Beispiel: Rodeln. Doch vor dem Ab- kommt der Aufstieg: Schneeketten anlegen, für mich Flachländer ein Erlebnis wie Schnee für Elefanten. Es fängt bereits mit dem Aufziehen an: Wo kann denn bei der Häkelei das Ende sein? Nach unendlichem Gepuzzel habe ich unserem Skoda Superb das rasselnde Schuhwerk auch richtig angezogen und hoffe auf die Gnade des Glücks. Es knirscht, es knackt, und wir setzen uns tatsächlich in Bewegung!
Maria Waldrast ist der höchste Wallfahrtsort Europas, schon auf der Strecke weisen mehrere hübsche Kapellen darauf hin. Oben lehnen die bunten Schlitten an dicken Mauern, die Menschen hängen auf der Terrasse bei Kaiserschmarrn und Jagertee und räkeln sich in der Sonne! Nur ungern verlassen wir diese Idylle mitten im Tiefschnee wieder, doch Lorenz fängt an zu meckern. Babys Laune rettet man in unserem Fall am besten mit Tempo. Also rauf auf den Rodel und zu Tal. So eine Tiroler Schlittensause (übrigens dank Beleuchtung auch nachts befahrbar) hat sich gewaschen – vor allem nach ein paar Wochen abwechselndem Tau- und Frostwetter. Zwischendurch reicht's beinahe zum Crashtest ohne Airbag, doch wir kommen an. Und Baby ist wieder zufrieden. So vergeht die Zeit mit Rodeln, Wandern, Saunen und Autoausflügen in die stillen Seitentäler recht schnell; der Tag der Abreise naht.
Mitropa-Service mit Babyphon
Zurück zum DB Autozug-Terminal nach Innsbruck, aufladen, einsteigen, abfahren, ankommen. Klingt einfach. Doch vor die Einkehr im Mitropa-Speisewagen haben die Götter das Verirren gesetzt. Matrei verlassen wir bei Sonnenschein, das Wipptal hinab nach Innsbruck. Um die 30 Kilometer, wie gehabt. Das Zentrum mit Hofburg und barocker Altstadt ist auch einen Besuch wert, sodaß wir erst bei Dunkelheit das labyrinthische Parkhaus unter dem Stadttheater wieder verlassen. Wo ist jetzt der Bahnhof? Beim Einchecken in Hamburg hat man mir noch einen Handzettel überreicht, auf den rückseitig eine Anfahrskizze zur Verladestation in Österreich gedruckt war. Wie das auf Reisen so eine Gesetzmäßigkeit ist, liegt die Skizze an unterster Stelle ganz hinten im Kofferraum. Auch die niedlichen Piktogramme sind im Feierabend-Rush bei funzeliger Straßenbeleuchtung nicht auszumachen. Eine nette Tankwartsfrau führt uns völlig in die Irre, erst ein deutscher (!) Autofahrer kennt den Weg.
Am Terminal Totentanz. Kein Zug, keine Autos, Menschen schon gar nicht. Auweia, alles verpaßt? Doch die 1000 Kilometer "von Hand" zurückfahren? Leidenschaftlicher Autofahrer sonst, ertappe ich mich dabei, wie mir bei dem Gedanken gar nicht wohl ist. Doch da rappelt's auf einem abgestellten Doppelstockwagen, ein Playmobilmännchen in leuchtorange tappt auf mich zu. "Geht's hier nach Hamburg?" Der Mann weist auf einen fast leeren Wagen – heute nicht so viel los. Das Aufladen erledige ich routiniert mit links, dann schleppen wir uns mit Baby und tonnenweise Gepäck zum Personenbahnsteig. Kofferkulis Fehlanzeige – würden auch kaum nützen, denn wir müssen durch eine enge Unterführung ohne Rolltreppen. Einziger Moment der Reise, wo mangelnder Komfort stört. Als wir dann auf dem Bahnsteig stehen und uns "unser" Schaffner im Schlafwagen begrüßt (natürlich wieder mit Rotwein!), ist das bereits vergessen.
Lorenz erweist sich als echter Reiseprofi, er schläft sofort nach Abfahrt ein und läßt sich bis morgens um halb acht nicht mehr stören. Wir können derweil ins benachbarte Mitropa-Coupé abtauchen – das heißt, mit Unterbrechungen: Leider funktioniert das Babyphon nur bis zum Ende des Abteils, durch die Metall-Hülle des Waggons dringen die schwächlichen Funkwellen nicht durch. Also muß ich mein Mahl alle fünf Minuten unterbrechen, mich durch die Sssssscht!-Automatiktür schwingen und zum Funkgerät greifen: alles ruhig!
Während kühles Bier serviert wird, haben wir Zeit zum Resümieren: Auf der Reise von Hamburg-Altona nach Hamburg-Altona hat unser Skoda V6 ganze 300 Kilometer auf dem Tacho gesammelt. Davon waren – wir erinnern uns – keine 70 Kilometer vom Bahnhof zum Hotel und retour. Macht also 230 Kilometer, die wir in Wipptal und Umgebung aus purem Jux herumgesaust sind. Hätten wir das nicht auch mit dem Skibus – den Hotelgäste übrigens kostenlos benutzen dürfen – machen können? Wohl kaum; denn mit Baby, Wickeltasche, Provianttasche, Fläschchenwärmer und eigenem Gepäck im Winter auf den ÖPNV zu bauen, das ist keine gute Idee. Man schleppt sich routiniert zu Tode, hat keine mobile Wärmestube, kann nichts auskramen etc. Das Auto ist eben doch – entgegen der herrschenden Meinung vieler Mobilitätsforscher – mehr als nur ein Transportmittel.
Es ist die eigenen vier Wände, die Kramkiste auf Rädern, die mobile Heimat, die Entspannung hinter Blech und Glas (und auf heizbaren Sitzen). Und so ergibt die Reise mit DB Autozug Sinn. Die Alternative Mietwagen wäre uns entschieden kostspieliger gekommen. Und auch hier das ewige Problem: Ausräumen – einräumen – umräumen – hin- und herräumen. Mit dem eigenen Auto unterbleibt das. Als wir wie die Veteranen am nächsten Morgen in Altona vom Zug rollen (fehlt nur noch, daß die Menge der Reisenden uns Blumen und Hüte zuwirft), steht für uns fest: Auch Generation Golf profitiert vom Bahn-Reisen. Solange das Lieblings-Blech immer in Rufweite ist.
Am Terminal Totentanz. Kein Zug, keine Autos, Menschen schon gar nicht. Auweia, alles verpaßt? Doch die 1000 Kilometer "von Hand" zurückfahren? Leidenschaftlicher Autofahrer sonst, ertappe ich mich dabei, wie mir bei dem Gedanken gar nicht wohl ist. Doch da rappelt's auf einem abgestellten Doppelstockwagen, ein Playmobilmännchen in leuchtorange tappt auf mich zu. "Geht's hier nach Hamburg?" Der Mann weist auf einen fast leeren Wagen – heute nicht so viel los. Das Aufladen erledige ich routiniert mit links, dann schleppen wir uns mit Baby und tonnenweise Gepäck zum Personenbahnsteig. Kofferkulis Fehlanzeige – würden auch kaum nützen, denn wir müssen durch eine enge Unterführung ohne Rolltreppen. Einziger Moment der Reise, wo mangelnder Komfort stört. Als wir dann auf dem Bahnsteig stehen und uns "unser" Schaffner im Schlafwagen begrüßt (natürlich wieder mit Rotwein!), ist das bereits vergessen.
Lorenz erweist sich als echter Reiseprofi, er schläft sofort nach Abfahrt ein und läßt sich bis morgens um halb acht nicht mehr stören. Wir können derweil ins benachbarte Mitropa-Coupé abtauchen – das heißt, mit Unterbrechungen: Leider funktioniert das Babyphon nur bis zum Ende des Abteils, durch die Metall-Hülle des Waggons dringen die schwächlichen Funkwellen nicht durch. Also muß ich mein Mahl alle fünf Minuten unterbrechen, mich durch die Sssssscht!-Automatiktür schwingen und zum Funkgerät greifen: alles ruhig!
Während kühles Bier serviert wird, haben wir Zeit zum Resümieren: Auf der Reise von Hamburg-Altona nach Hamburg-Altona hat unser Skoda V6 ganze 300 Kilometer auf dem Tacho gesammelt. Davon waren – wir erinnern uns – keine 70 Kilometer vom Bahnhof zum Hotel und retour. Macht also 230 Kilometer, die wir in Wipptal und Umgebung aus purem Jux herumgesaust sind. Hätten wir das nicht auch mit dem Skibus – den Hotelgäste übrigens kostenlos benutzen dürfen – machen können? Wohl kaum; denn mit Baby, Wickeltasche, Provianttasche, Fläschchenwärmer und eigenem Gepäck im Winter auf den ÖPNV zu bauen, das ist keine gute Idee. Man schleppt sich routiniert zu Tode, hat keine mobile Wärmestube, kann nichts auskramen etc. Das Auto ist eben doch – entgegen der herrschenden Meinung vieler Mobilitätsforscher – mehr als nur ein Transportmittel.
Es ist die eigenen vier Wände, die Kramkiste auf Rädern, die mobile Heimat, die Entspannung hinter Blech und Glas (und auf heizbaren Sitzen). Und so ergibt die Reise mit DB Autozug Sinn. Die Alternative Mietwagen wäre uns entschieden kostspieliger gekommen. Und auch hier das ewige Problem: Ausräumen – einräumen – umräumen – hin- und herräumen. Mit dem eigenen Auto unterbleibt das. Als wir wie die Veteranen am nächsten Morgen in Altona vom Zug rollen (fehlt nur noch, daß die Menge der Reisenden uns Blumen und Hüte zuwirft), steht für uns fest: Auch Generation Golf profitiert vom Bahn-Reisen. Solange das Lieblings-Blech immer in Rufweite ist.
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