Panzerkreuzer voraus! Hier kommen zwei dicke Brocken. Zweimal rund 2,4 Tonnen feinste Technik, zweimal das Versprechen: Wir können auch Sport! Na dann … Auf der Seite des Herausforderers: Porsche-Killer in spe, der BMW X6 xDrive 50i, ein massiger Kämpfer mit coupéhafter Dachlinie, hochbeinig, allradbewehrt und mit einem potenten V8-Biturbo gesegnet, der satte 407 PS aus knapp 4,4 Liter Hubraum schöpft. Nicht weniger stattlich: Der Porsche Cayenne GTS, auch er  ein veritables Dickschiff, das unter Aufbietung höchster Ingenieurskunst auf Kurvenwiesel getrimmt wurde. Sein für einen Geländewagen extrem sportliches Auf- und Antreten hat er bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Der BMW X6 wirkt riesig, irgendwie aufgeblasen

Das hat der X6 noch vor sich, tönt aber schon mal selbstbewusst: Überlegene Fahrdynamik will er bieten und mit seinen Coupé-Proportionen auch das Auge erfreuen. Sports Activity Coupé nennt BMW seine Schöpfung. Coupé? Sind das nicht überwiegend elegante Zweitürer mit einer weich abfallenden Dachlinie, die in ein wohlgeformtes Hinterteil übergeht? Die sanft nach unten gezogene Dachpartie ist zwar da. Aber der ganze X6 wirkt so riesig, irgendwie aufgeblasen - aber das ist Geschmacksache. Dennoch: Nutzbare Vorteile bietet die Form nicht. Die Ladekante ist sehr hoch, das Platzangebot innen zwar üppig, aber auch nur für vier Personen tauglich. Da ist man zunächst schon etwas verblüfft. Als eher konventionelles SUV kommt der Cayenne GTS daher. Wuchtig auch er, mit großen 21- Zoll-Rädern bestückt und verglichen mit dem Cayenne S 20 Millimeter tiefer (mit Luftfederung) und mit jeweils 14 Millimeter breiteren Radläufen versehen. Spätestens der mächtige Doppelflügelspoiler an der Heckklappe lässt keine Zweifel: Der kann auch schnell: Gemessene 263 km/h rennt der Porsche maximal, den X6 bremst bei 252 km/h die Elektronik ein.

Legionen von Sensoren und Steuergeräten sorgen für Sportlichkeit

Stichwort Elektronik. Damit beide Dickschiffe trotz widriger Dimensionen, hohem Schwerpunkt und schierer Masse ein sportliches Verhalten an den Tag legen, feuern Legionen von Sensoren in Sekundenbruchteilen gewaltige Mengen Informationen an Steuergeräte, werden Zustände erfasst und blitzschnell an Regelsysteme weitergeleitet. Im X6 besteht die Elektronikarmada unter anderem aus dem serienmäßigen Allradantrieb xDrive, der das Antriebsmoment via Lamellenkupplung zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt, sowie der damit kombinierten Dynamic Performance Control (DPC), die die optimale Kraftverteilung zwischen den beiden Hinterrädern regelt. Das optionale Adaptive Drive steuert Stabilisatoren und Ventile der Stoßdämpfer. Damit werden Seiten- und Wankneigung reguliert und die Dämpfung situativ angepasst. Im Cayenne GTS sorgt ebenfalls eine elektronisch gesteuerte Lammellenkupplung für die Kraftverteilung zwischen vorn und hinten. In seiner sportlichsten Kombination geht der Porsche mit (optionaler) Luftfederung inklusive aktivem Dämpfungssystem PASM und der (optionalen) aktiven Stabilisatorenregelung PDCC (Porsche Dynamic Chassis Control) an den Start. Vorwählbar sind drei Fahrwerkseinstellungen: Comfort, Normal und Sport. Wobei es zwei Sport-Tasten gibt: eine serienmäßige, die auf die Gaspedalkennlinie wirkt und für ein bissigeres Ansprechverhalten des Motors sorgt. Sport-Taste zwei gehört zum Lieferumfang PASM und strafft die Dämpfer.

Der Porsche ist agiler

Während der Porsche auch im Comfort-Modus noch betont straff abgestimmt ist, bietet der BMW den ausgeprägteren Federungskomfort. Ähnlich unterscheiden sich die beiden Kontrahenten im Lenkgefühl: Das kleinere BMW-Lenkrad erfordert etwas mehr Kraftaufwand beim Lenken, die Lenkung ist indirekter übersetzt als die des Porsche, die mehr Gefühl vermittelt. Obwohl auch der X6 erstaunlich handlich zu fahren ist, legt der Porsche bei der Fahrdynamik noch eine Schaufel Sportlichkeit drauf. Schon bei zügiger Fahrt durch enge Landstraßenkurven wirkt der Cayenne GTS erstaunlich agil und wendig, eine famose Leistung bei 2,4 Tonnen Lebendgewicht. Den BMW unterschätzt man zunächst, weil er hochbeiniger wirkt und die Lenkung mehr Gewicht spüren lässt. Doch Wanken oder Karosserieneigungen werden auch bei ihm eindrucksvoll unterdrückt - insgesamt eine sehr respektable Vorstellung, die der BMW X6 xDrive50i hier abliefert. Und die er noch steigert, sobald man dem von zwei im Zylinder-V sitzenden Turboladern zwangsbeatmeten Direkteinspritzer die Sporen gibt. Ansatzlos und bei jeder Drehzahl äußerst bissig auf Gasbefehle reagierend, verbindet dieses feine Aggregat einen sehr guten Antritt aus dem Drehzahlkeller mit leichtfüßiger Drehfreude.

Beim Sprint auf 100 km/h scheitert der Cayenne an der Werksangabe

BMW X6 50i gegen Porsche Cayenne GTS
Gerade aus niedrigen Drehzahlen hat der Cayenne hier das Nachsehen, da sein Saugmotor erst bei höheren Drehzahlen richtig lebendig wird. Dennoch überrascht der Cayenne bei den Messungen der Fahrleistungen: Nicht nur dass der X6 den GTS deutlich stehen lässt; dieser Cayenne scheint nicht annähernd so gut im Futter zu stehen wie das im Mai-Heft gemessene Exemplar, das die Werksangabe von 6,1 Sekunden ohne Mühhe erreichte. Zwar waren die Messbedingungen des zweiten Tests bei etwa 20 Grad Außentemperatur nicht optimal. Aber damit hatten beide Kontrahenten gleichermaßen zu kämpfen. Doch damit versprach die finale Messung der beiden Panzerkreuzer auf der Nordschleife nur noch spannender zu werden: Kann der X6 seine überlegene Motorpower nutzen, um dem mit dem sportlicheren Fahrwerk gesegneten Cayenne auf der Rennstrecke Paroli zu bieten? Hat er gar das Zeug zum Porsche-Killer?

Der X6 ist zu hochbeinig und zu stark untersteuernd ausgelegt

BMW X6 50i gegen Porsche Cayenne GTS
Zunächst erscheint der BMW unterlegen. SPORTSCARS-Testfahrer Dierk Möller-Sonntag hadert mit der Automatik des Bayern: "Beim Herunterschalten vor der Bergaufpassage Exmühle arbeitet sie nicht schnell genug, im Bereich Brünnchen scheint sie unentschlossen, wechselt hektisch die Gänge." Auch die elektronischen Helferlein vermögen auf der schwierigen Nordschleife nicht völlig zu überzeugen: "Im Bereich Pflanzgarten wird der X6 trotz Wankausgleich und DPC unruhig und untersteuert sehr stark", erklärt Dierk. Nur einmal geht der X6 ins Übersteuern: "Beim Zwischenbremsen in der Hatzenbach-Bergabpassage kommt leicht das Heck." Doch während der X6 in jeder Kurve ein paar Zehntel verliert, holt er den Rückstand durch seinen sehr forschen Antritt wieder rein. "Der V8 ist eine Wucht, drehfreudig, viel Kraft von unten, schnell im Antritt, guter Sound. Doch ist der X6 zu hochbeinig und zu stark untersteuernd ausgelegt, um auf der Nordschleife wirklich Spaß zu machen."

BMW schlägt Porsche

Der Cayenne GTS überzeugt auf der Nordschleife dagegen sofort: "Wie neutral der GTS durch die Kurven geht, ist für einen derartigen Koloss bislang unerreicht. Ab Hatzenbach hatte ich nur noch ein breites Grinsen im Gesicht. Ob Wippermann, Brünnchen oder Eschbach – so neutral wie der GTS gehen nicht viele da durch", schwärmt Dierk. Zudem liegt er tiefer und vermittelt ein besseres Gefühl als der X6. "Vor allem auf den schnellen Passagen Quiddelbacher Höhe und Flugplatz fühlt man sich im Porsche deutlich sicherer." Dierks Fazit: "Der Porsche ist eindeutig das dynamischere Auto im Vergleich." Doch was sagt die Stoppuhr? Nach 8:54,4 Minuten steht die Zeit für den BMW X6. Auf der langen Geraden der Döttinger Höhe erreicht er 240,9 km/h. Schon hier zieht der Cayenne den Kürzeren: 228,1 km/h, die Rundenzeit liegt bei 9:01,9 Minuten, also ein Rückstand von über sieben Sekunden. Erstaunlich, denn auf dem Papier haben beide fast die gleiche Leistung. Doch um ein Porsche-Killer zu werden, reicht die bessere Zeit auf der Nordschleife. Und damit steht der Erste fest: Der BMW X6 schlägt den Porsche Cayenne GTS mit klarem Abstand auf der Nürburgring Nordschleife.

Fazit von AUTO BILD SPORTSCARS-Redakteur Ralf Kund:

Die Entscheidung fällt auf der Nordschleife – und da ist der BMW X6 mehr als sieben Sekunden schneller. Dennoch ist der Porsche Cayenne das sportlichere Auto, das auf der Rennstrecke eher daheim ist als der BMW X6. Er macht mehr Spaß, liegt neutraler und ist deutlich dynamischer in Kurven. Aber eben auch langsamer. Gratulation an BMW.