Achtzylinder-Diesel mit wahrer Stärke

Es ist einfach die falsche Frage: "Wer braucht Dieselmotoren in der Luxusklasse?", nörgeln die Skeptiker und fügen hinzu: "Als ob Zahnärzte, Manager oder Minister die Spritkosten interessieren würden!" Wer so redet, kennt Achtzylinder-Diesel nicht. Die bieten mehr als Sparverbräuche. Ihre wahre Stärke: gewaltige Kraftreserven, Ehrfurcht gebietende Drehmoment-Gebirge, mit denen sie fast alle Ottomotoren, zumindest im Durchzug, gnadenlos abhängen.

Unsere V8-Diesel holen ihren Dampf aus bis zu vier Liter Hubraum, werden jeweils von zwei Turboladern befeuert und atmen durch 32 Ventile. Das Resultat: 480 Newtonmeter, mindestens. Der Achtzylinder im Audi, mit 3,3 Liter Hubraum bescheidenste Antriebsquelle, stemmt schon fast so viel Kraft wie ein BMW Z8 (500 Nm). 225 PS beschleunigen die Luxuslimousine auf maximal 242 km/h.

Schneller läuft auch der 7er-BMW nicht. Seine Motordaten wirken aber noch dramatischer als die des Konkurrenten: 560 Newtonmeter und 245 PS. Mercedes schafft noch mehr. Jahrelang schauten die Schwaben den modernen Direkteinspritzern hinterher - jetzt zeigen sie den anderen, wo der Hammer hängt. Zwar ging nicht noch mehr Drehmoment als beim BMW. Aber etwas mehr Leistung: 250 PS. Das macht den S 400 CDI mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zum schnellsten Großseriendiesel der Welt.

BMW: Machtvoll schon im Leerlauf

Werte wie diese lassen schon erahnen: V8-Diesel taugen nicht nur für Menschen mit Lust am Laster. Ein Dreh mit dem Zündschlüssel, und eine Prophezeiung scheint zwingend: Bald reden Autofreaks nicht mehr nur von Benzin im Blut. Die Diesel von BMW und Audi ziehen uns mit ihrem machtvollen, gedämpften Wummern schon im Leerlauf in ihren Bann. Wie Schiffsdiesel, die, kaum hörbar, Stahlplanken zum Vibrieren bringen. Und so ahnen lassen, wie sie sich tief unten im Maschinenraum unnachgiebig gegen die Massen stemmen.

Nur der Mercedes leistet sich bei kaltem Motor im Leerlauf etwas, was man hier überhaupt nicht hören will: lautes Nageln. Das ist in dieser feinen Gesellschaft so deplatziert wie ein Rülpser beim Sechs-Gänge-Menü. Dafür entschädigt die S-Klasse, wenn der Fahrer einen Tritt aufs Gas riskiert. Ohne Verzögerung schießt der Diesel-Dampfer dann los. 7,8 Sekunden lautet der schier unglaubliche Wert für die Beschleunigung von null auf 100 km/h. Unglaublich für einen Diesel. Und für eine zwei Tonnen schwere Limousine, von der der Achtzylinder scheinbar so wenig Notiz nimmt wie ein Elefant von einem Kinderwagen.

Da kommt selbst der BMW nicht mit, der auch nicht gerade an Muskelschwund leidet (8,4 Sekunden). Er wartet aber ein Gedenksekündchen, um dann mit noch größerer Brachialgewalt davonzustürzen. Dabei ertönt ein aggressives Fauchen, das nichts mehr mit üblichem Diesel-Sound zu tun hat.

A8: Leise und harmonisch

Der vermeintlich unterlegene Audi stürmt in 8,2 Sekunden von null auf 100 km/h, braucht dafür aber kein großes Spektakel. Leise und harmonisch entlädt er seine Kraft, wirkt dabei wie ein Boxer, der seine Muskeln in die feinen Ärmel eines Smokings zwängt. Zweifel an Stärke und Souveränität des eleganten Audi kommen zu keinem Zeitpunkt auf.

Kleinlich ist nur der Verbrauch: Der Luxus-Audi, wie die Konkurrenten serienmäßig mit einem spontan und weich schaltenden Automatikgetriebe ausgestattet, braucht nur 9,1 Liter für 100 Kilometer - eine mittlere Sensation für ein Auto dieses Kalibers. Auch BMW (9,5 Liter) und Mercedes (9,9 Liter) bleiben unter der Zehn-Liter-Grenze. Werte weit darüber, eigentlich normal für schwere Limousinen, melden die Bordcomputer nur im Stadtverkehr oder bei sehr zügiger Fahrt auf der Autobahn. Dort gehören die Achtzylinder natürlich hin. Da müssen sie satt auf der Straße liegen und möglichst wenig von den Realitäten der Straßenoberfläche spüren lassen.

Die besten Voraussetzungen dafür bietet der Mercedes mit seiner Luftfederung. Ein pneumatisches System, bei dem sich die Karosse nicht auf Stahlfedern abstützt, sondern auf mit Luft gefüllten Gummibälgen. Der erste Eindruck: Luft federt besser als Metall. Die S-Klasse schwebt in einer Entrücktheit über die Straße, wie sie bei herkömmlichen Fahrwerken unmöglich scheintDoch dieser scheinbare Schwebezustand schmeckt nicht jedem. Auch wenn der dicke Daimler-Diesel sich überraschend agil bewegen lässt, vermissen sportliche Spürnasen einen direkteren Fahrbahnkontakt und besseren Geradeauslauf. Schade, dass es das konventionelle Fahrwerk mit Active Body Control erst ab S 430 aufwärts gibt.

S-Klasse: Platz in Hülle und Fülle

Der 7er-BMW demonstriert da mehr Bodenhaftung, ohne wirklich unkomfortabler zu sein. Auch er macht Touren über Kopfsteinpflaster zur Entspannungsübung, ebenso jene durch Serpentinen, die er erstaunlich spielerisch nimmt. Nur der Allrad-Audi geht seinen eigenen Weg. Straff liegt er auf der Straße - zu hart für einen Luxusschlitten, aber dafür mit fast sportlichem Handling. Auf Komfort verzichtet der A8 natürlich nicht, bietet hervorragende Sitze und flüsterleises Innengeräusch.

Der BMW steht dem kaum nach. Seine Schwäche: für eine Luxuslimousine zu wenig Platz. Seine fast fünf Meter Blech dienen vor allem der Repräsentation. Kein Vergleich mit der riesigen S-Klasse, die besonders vorn Entfaltungsspielraum in Hülle und Fülle schenkt. Die wenig Seitenhalt bietenden Sitze sind da verzeihlich. Nicht aber die Windgeräusche bei hohen Geschwindigkeiten. Erst recht nicht die bescheidene Verarbeitungsqualität. In einem Auto dieser (Preis-)Klasse erwarten wir die hingebungsvolle Detailliebe des Audi oder mindestens das ausgereifte Niveau des BMW.

Der leistet sich dafür eine kaum glaubliche Panne: Dem dritten Fondpassagier reichen die Bayern nur einen Beckengurt - auf die Kopfstütze verzichten sie ganz. Wenn in dieser Klasse nicht fünf Leute reisen können, in welcher dann? Von solchen bizarren Ausrutschern abgesehen, bieten alle drei eine weitgehend komplette (Sicherheits-)Ausstattung. Für ESP, Airbags vorn und hinten, Klimaautomatik oder elektrische Sitzverstellung muss der betuchte Kunde nicht extra bezahlen. Am luxuriösesten schwelgt der Mercedes-Fahrer, der auch Bequemlichkeiten wie Regensensor, Tempomat oder Lichtautomatik ohne Aufpreis genießen darf.

Preise und Kosten

Niemand ist eben in der Welt der Reichen so zu Hause wie die Schwaben, die ihre Kunden mit allem überflüssigen, aber schönen Luxus überschütten: Nur Mercedes offeriert etwa das Keyless-Go (2280 Mark), das dem Träger einer Chipkarte automatisch die Türen entriegelt, den Start per Knopfdruck erlaubt. Oder die Servoschließung, die angelehnte Türen schmatzend anzieht.

Doch wer 145.000 Mark für seinen Diesel verlangt, 15.000 mehr also als die Konkurrenz, sollte lieber auf ein wenig Luxus-Hokuspokus verzichten und in eine standesgemäße Qualität investieren. Denn sonst geht die Sparrechnung am Ende garantiert nicht auf.

Fazit und Zeugnis

Fazit Diesel können Spaß machen, das wissen wir schon lange. Aber diese Achtzylinder bieten so viel Dampf, dass uns fast der Atem wegbleibt. Allen voran der Mercedes, der mit seinem Vierliter-Turbodiesel sogar Sportwagen abhängen kann. Vor allem aber auch wegen dieses Aggregats gewinnt der teure S 400 CDI. Der 15.000 Mark billigere A8 besticht durch elegantes Understatement, nicht nur optisch. Sein Motor kommt weniger gewaltig, aber kaum langsamer. Wer genau hinsieht, erkennt die Perfektion im Detail. Fast sportlich das Handling des straff gefederten Allradlers. Ein guter Kompromiss zwischen beiden: der erstaunlich komfortable BMW, der aber knapp um den Leib geschneider ist wie ein Fünfer. Insgesamt erstaunlich, wie dicht A8 und 740 hinter der viel neueren S-Klasse liegen.

Punktewertung

Ein knappes Pünktchen Vorsprung, mehr fährt die S-Klasse nicht heraus gegen den Alu-A8. Elf Punkte dahinter, aber keinesfalls schlechter: der BMW.

Testwerte und Technische Daten

Bis in die 80er Jahre galten Diesel im direkten Vergleich mit Benzinern technisch als chancenlos. Der Test beweist: Diese Zeiten sind vorbei.