Die ultimative TT-Tuner-Schlacht: Abt gegen Oettinger und MTM gegen Hohenester – zwei heiße Duelle mit insgesamt 1410 PS im Audi.
Abt gegen Oettinger
Der Sommer naht, die Insekten schwärmen aus, suchen sich ihre Opfer. Auch diese vier haben es auf uns abgesehen, versuchen uns mit ihren prachtvollen Flügeln und den stechenden Facettenaugen in den Bann ziehen. Doch Vorsicht: Ihre Stachel sind extrascharf, saugen das Blut nicht heraus, sondern bringen es zum Kochen. Vier renommierte Audi-Veredler sind ausgeschwärmt: Abt und Oettinger mit Basis-TTs und aufgeladenem Vierzylinder, Hohenester und MTM mit dem V6-Topmotor. Doch wer sticht am Ende? Der erste Schlagabtausch in der Testredaktion beginnt bereits am Schreibtisch. Frank Wiesmann: "Eindruck schinden sie ja, deine V6-Turbos. Aber so viel Dampf geht aufs Gewicht. Bleib lieber auf der Autobahn." Sebastian Schneider: "Nicht so voreilig. Der Allradantrieb macht die zusätzlichen Pfunde schnell vergessen. Während deine Frontscharrer um Traktion betteln." Frank: "Geschenkt, aber dafür sind sie mit den leichteren Motoren deutlich spritziger – und bieten damit auch mehr Fahrspaß." Sebastian: "Du wirst sehen – Hubraum ist nach wie vor durch nichts zu ersetzen – außer durch Hubraum." Gute Argumente haben beide – die Wahrheit liegt auf der Rennstrecke …
Monströse Moskitos
Manchmal hilft nur die Fliegenklatsche. Bisweilen aber nicht mal die: An diesen zwei metallisch glänzenden Insekten dürfte sich selbst das tapfere Schneiderlein die Zähne ausbeißen. Die Traditionstuner Abt und Oettinger treten an, das Letzte aus den Vierzylindern der Turbo-Tierchen herauszuholen. Aus den hochgesteckten Ambitionen wird kein Hehl gemacht: Scharf geschliffen wie ein Schweizer Messer fährt der mit Schürzen, Schwellern und kratzempfindlicher Carbonlippe aufgestylte Oettinger vor. Am Heck prangt ein voluminöser Vierrohr-Auspuff. Auch der TT Sport von Abt entledigt sich seiner Abgase durch vier Rohre, dazu geben der silber lackierte Frontgrill, ein Frontspoiler sowie der fest stehende Heckflügel einen deutlichen Hinweis auf die neue Kraftkultur.
Dementsprechend wird unter beiden Hauben nicht gekleckert, sondern geklotzt. Über die Höhe der Leistung herrscht weitgehend Einigkeit. Abt bietet 300 PS, Oettinger sticht mit 310. Hauptbestandteile beider Kraftspritzen sind modifizierte Turbolader, angepasste Motorsteuerungen sowie Sportkats. Oettinger spürt mit modifizierter Ansaugung und neuen Einspritzdüsen noch etwas mehr Power auf. Derart gerüstet gibt es beim Ampelduell für beide Kontrahenten nur wenige würdige Gegner. Versierte Piloten finden in der gefühlvollen Kupplung und knackigen Sechsgang-Schaltung des Oettinger einen dankbaren Partner. Nach 5,9 Sekunden passiert der silberne TT die 100-km/h-Grenze und zieht so mit unseren bisherigen Spitzenreitern der frontgetriebenen Klasse gleich. Doch Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden. Dank Launch-Control-Funktion seines DSG-Getriebes mit nochmals verkürzten Schaltzeiten spurtet der Abt zwei Zehntel schneller auf Tempo 100 und markiert damit den neuen Bestwert!
Im Bereich über 200 km/h kehren sich die Verhältnisse um. Zwar beeindruckt der TT Sport mit rallyemäßigem Auspuff-Sprotzeln beim Schalten. Leider kränkelt das Auto aber an der DSG-Drehzahlsperre. Der Vehemenz, mit der Oettinger die Tachonadel bis über die 280-km/h-Marke hinaustreibt, hat er nichts entgegenzusetzen. Wo Licht, da auch Schatten: Gerade bergauf regelt die Oettinger-Elektronik bei Topspeed permanent den Ladedruck leicht herunter. Störende Ruckler sind die Folge. Zudem verlangt sein kompromisslos abgestimmtes Gewindefahrwerk nach ruhiger Hand und wachsamen Augen: Gerade Bodenwellen in Kurven bringen es aus der Contenance. Zudem nervt die Bremsanlage (noch im Entwicklungsstadium) aus dem Hause Alcon mit unschönen Vibrationen und Geräuschen, die entfernt an lockere Radmuttern erinnern.
Wer den feinnervigen Kick sucht, sitzt im Oettinger TT allerdings richtig. Das renninspirierte Fahrwerk übermittelt kleinste Asphalt-Verwerfungen, Seitenneigung kennt es kaum. Für den Piloten gilt das Gleiche – dank seitenhaltreichen Schalensitzen, bezogen mit edlem Alcantara. Nehmerqualitäten sind in diesem TT gefragt, einen aufregenderen Fronttriebler dürfte es aber kaum geben. Die mildere, alltagstauglichere Abstimmung des Abt-Gewindefahrwerks strapaziert des Fahrers Nerven weniger, dazu überzeugt seine unauffällig arbeitende Bremse. Ruhig und satt liegt der weichere TT Sport auf der Straße, während sich der Fahrer im Auge des Sturms wähnt: Das Auto vermittelt Ruhe, die Landschaft fliegt im Eiltempo vorbei. Um die renninspirierte Soundkulisse auszukosten, schaltet der Pilot lieber einmal zu viel als einmal zu wenig. Was angesichts des milden Charakters und Serien-Interieurs dabei leider etwas zu kurz kommt, ist Fahrspaß.
Laune macht der TT Sport schon, doch ihm fehlt dazu das Besondere, das ein Auto mit dem Kürzel "Sport" auszeichnen sollte. So viel Spaß beide Autos im Alltagsbetrieb machen – auf der Rennstrecke stoßen die Konzepte an ihre Grenzen. Trotz Differenzialsperre untersteuert der Oettinger TT heftig in Kurven, die Lenkung reagiert verzögert auf Richtungswechsel. Auf agilitätssteigernde Heckschwenks wie beim Basis-TT wartet man vergebens. Trotzdem überzeugt die gezeitete Runde – mit 1:50,35 Minuten. Das Abt-Auto vermag die Blöße des Gegners nicht auszunutzen. Starke Traktionsprobleme, schleifende Räder in Kurven und das wirr hin- und herschaltende Getriebe werfen ihn weit zurück. Ein entsprechend mäßiges Ergebnis von 1:53,44 Minuten ist das Resultat. Bei jedem Tankstopp registriert der Pilot beim Mustern der Fahrzeugfront unterdessen eine echte Merkwürdigkeit: Die böse summenden Moskitos haben unzählige ihrer Artgenossen auf dem Gewissen.
MTM gegen Hohenester
Höllische Hornissen
Hornissen leben untereinander in permanenter Zwietracht. Schuld sind die Gene. Ständige Hierarchiekämpfe stehen auf der Tagesordnung. Treffen MTM RTT 400 RS und Hohenester HS400 aufeinander, geht es ähnlich hoch her. Beide dürsten nach der Vorherrschaft im TT-Volk. Zu diesem Zweck bedienen sie sich des 3,2-Liter-V6-Aggregats. Ein Turbolader soll die Angriffslust erhöhen. Je 400 PS konstatieren MTM und Hohenester ihren Sprößlingen. Ein Blick auf die beiden imposanten Insekten genügt für feuchte Hände. MTM verpasst seinem TT ein komplettes Bodykit im Audi-R8-Look, was bei Passanten für verdrehte Hälse und geöffnete Münder sorgt.
Den RTT 400 RS dabei als Blender zu sehen, wäre falsch. Haben die Wettstettener doch alles gegeben, um dem Original auf die Pelle zu rücken. Der Lader bläst einem so gehörig den Marsch, dass die Luft wegbleibt. Ab 3400/min werden 505 Newtonmeter erreicht, und die Post geht ab. Hohe Drehzahlen liegen dem Auto weniger. Um den serienmäßigen DSG-Antriebsstrang nicht zu verknoten, lässt MTM es bei einem Ladedruck von 0,9 Bar bewenden. Hohenester traut dem handgeschalteten Getriebe da schon mehr zu. Der Ladedruck wird beim HS400 elektronisch geregelt. So pustet der Garrett-Lader die Luft dann mit bis zu 1,2 Bar in den Ansaugtrakt. Von Müdigkeit in höheren Drehzahlsphären findet sich beim HS400 nicht die geringste Spur. Wie von einer Tarantel gestochen dreht der Motor hoch und verlangt nach einem höheren Gang. Auch wenn man mit dem Schalten kaum nachkommt, braucht der HS400 gerade einmal 4,1 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Das kann der RTT 400 RS von MTM auch, allerdings durch eine Lauch-Control geregelt.
Herrscht beim 100-km/h-Sprint noch friedliche Einigkeit, klafft beim Passieren der 200er-Marke zwischen dem HS400 (14,1 Sekunden) und dem RTT 400 RS (15,3 Sekunden) eine Lücke von 1,2 Sekunden. Die Frage nach dem richtigen Getriebe ist in erster Linie die des persönlichen Geschmacks. Uns gefällt die handgeschaltete Hohenester-Variante besser als das Direktschaltgetriebe im MTM TT. Zwar hat MTM die Getriebeelektronik verändert und so das Drehzahllimit angehoben. An das Rennschaltungs-Feeling, wie es der Hohenester TT bietet, kommt er aber nicht heran. Rennen ist ein gutes Stichwort: Die von Hohenester angebrachten Anbauteile – ein mächtiger Diffusor und eine Kühlergrillverkleidung aus Carbon, könnten auch in der DTM Einsatz finden. Der riesige Schlund unter dem Heck soll eine optimale Fahrzeugbalance auf der Rennstrecke garantieren. Allerdings kommen uns so einige Zweifel an seiner Zulassungsfähigkeit.
Der Hierarchiekampf kommt in eine heiße Phase: Was können die Über-TTs abseits des normalen Straßenverkehrs? MTM hat fahrwerksseitig alles beim Alten belassen (Magnetic Ride). Nur fette 19-Zöller mit gewöhnlichen Michelin Pilot Sport 2 Straßenreifen sollen einen besseren Fahrbahnkontakt generieren – das funktioniert sehr gut. Der RTT 400 RS lässt sich präzise einlenken. Den Hang zum Untersteuern kann man mit einem Gaspedallupfer kompensieren und das Heck dreht sich schön ein. Die Bremse ist dabei über jeden Zweifel erhaben. Kann der Hohenester TT Paroli bieten? Er kann, und wie! Der HS400 birgt ein Rennstrecken-Potenzial, wie wir es bisher selten erlebt haben. Der Trick: ein elektronisches Sperrdifferenzial, ein auf die Rennstrecke abgestimmtes Gewindefahrwerk und superklebrige Semi-Slicks verhelfen zu gigantischer Traktion.
Mit dem HS 400 kann man in Kurven aufs Gas treten, wo wir mit dem MTM TT nicht einmal daran dachten. Untersteuern? Fehlanzeige! Der Hohenester TT liegt durchweg neutral und zieht sich in die Kurven hinein. Schon die kleinsten Lenkradbewegungen setzt er in eine Richtungsänderung um. Der Nachteil: Auf Spurrillen reagiert er sehr nervös. Die standfesten Bremsen im Pizza-Format stammen aus dem RS6. Die Rangordnung ist damit jedoch noch lange nicht wiederhergestellt. Dazu liegen die beiden Autos zu nah beisammen. Es wird also noch weiterer Revierkämpfe bedürfen.