Oma hätte ihn nicht wiedererkannt

Zwei Jahre hatte er sich zurückgehalten. Zwei Jahre, in denen Dave Paulus seinen Freunden Respekt zollen musste, für ihre mäßig getunten Schüsseln. "Oh" und "Ah" und "Nett", hatte er immer wieder sagen müssen. Und sich dabei auf die Lippen gebissen. In seinem Golf III TDI steckte ja auch eine Menge Geld. Nagelneu war er, im Jahr 1996 – und die Großeltern haben großzügig mitfinanziert. Mehr war nicht. Zwei lange Jahre Serienzustand.

Doch Dave hat sich bitter gerächt. 1998 ging es los. Oma hätte den Diesel nicht wiedererkannt. Vom einst so stolzen Neuwagen war nur noch das Gerippe übrig. Der Rest lag in und um die Garage verstreut. Keine halben Sachen, dafür war die Zeit der Entbehrungen einfach zu lang gewesen. Am Anfang stand das Blech. Besser gesagt, der Streifen, der sich an die Haube anschloss und den bösen Blick besorgte. Später sollten noch Vierer-Scheinwerfer hinzukommen. Mit eisblauen Augen.

Damit man beim Einsteigen auch etwas in der Hand hat, mussten anständige Griffe her. Glatte Türen sind nicht nach Daves Geschmack. A4-Griffe auch nicht, denn die waren bereits 1998 Massenware. Die vom A6 nicht. Dave entschied sich recht spontan. Und danach blitzte, funkte und zischte es in der Paulus-Garage.

Böser Blick und cleanes Heck

Beim Schweißen ließ sich der Tüftler aus Diepenbeek weder helfen noch reinreden. Der VW bot ein Bild des Schreckens. Ob die spendablen Großeltern den Wagen jemals in diesem verranzten Zustand zu sehen bekamen? Keine Ahnung. Der Familienfriede hätte womöglich erheblich gelitten. Voller Körper- und Materialeinsatz auch an der Heckklappe. Dave setzte seine Idee von gekappten Leuchten vorbildlich um. Auch wenn das 1998 absolut ungewöhnlich war. Spätestens jetzt hatten auch Daves Freunde keine Fragen mehr. Ihr wisst schon, die, die vorher den Serien-Diesel belächelt hatten.

Auf der Blechseite war also alles klar. Böser Blick, cleanes Heck mit gekappten Leuchten, keine Seitenblinker, kein Antennenloch mehr, kurze Kennzeichenaussparung, die Radläufe gezogen, um später formatfüllende Räder zu fahren. Doch nur mit Blecharbeiten lässt sich kein Pokal gewinnen. Und die sammelt der Paulus-Golf wie andere Bierdeckel. 60 Stück sind es bereits.

Auch Plastik kam am Wolfsburger zum Einsatz. Natürlich nichts von der Stange, sondern schnieke Speziallösungen. Die Front stammt von Lumma und ist natürlich modifiziert. So glatt wie es geht, mit Nebelscheinwerfern und Porsche-993-Blinkern versehen. Die Seitenschweller verblieben im Originalzustand. Sie stammen, wie die Sportspiegel, aus dem Hause Pontis. Am Heck durfte sich ein Riegeransatz breit machen. Aber erst, nachdem sich der belgische Schrauber vergewissert hatte, dass er auch irgendwie an und zur Serienstoßstange passt. Dann wurde er perfekt mit der Serienware verspachtelt und geglättet.

Der Innenraum brauchte drei Monate

Karosserietechnisch war alles arrangiert. Der Golf nahm ein Farbbad in edlem, selbst gemischtem Lack. Die Farbe beschreibt man am besten als Silbergrau-Blau-Flip-Flop, auch wenn's blöd klingt. Kumpel Jos gab sein Bestes. Gut, wenn man Freunde hat. Apropos Freunde: Auf vier konnte Dave jederzeit zählen. Stefan, Mario, Mark und eben Jos.

Und während Jos die Pistole schwang, werkelten Stefan de Geet und Dave am Innenraum. Das hatten sie sich einfacher vorgestellt, doch der Einbau von TT-Cockpit, Gestühl (vorn Jamex, hinten Corrado) und das Beziehen mit grauem Leder und blauem Alcantara dauerte über drei Monate. Solche Arbeit kann einen wahnsinnig machen. Am Ende hat es funktioniert. Und sieht super aus! Ganz oder gar nicht – auch beim Heckausbau.

Schön arrangiert verrichten Lightning Audio- und Focal-Komponenten ihren Dienst. Der letzte große Eingriff war der Einbau des Airride-Fahrwerks. Mit dem Fahrwerk und mit dem auf 110 PS gechippten TDI-Treibwerk rollt der Golf diese Saison auf die Treffen. Pokale sammeln. Wie andere Bierdeckel.