Kosten und Motor

Eigentlich sollte ich die Antwort ja kennen. Ein Polo, mag er auch noch so betagt sein, bleibt nicht lange allein. Zumindest, wenn sein Fahrzeugbrief weniger Eintragungen als das örtliche Telefonbuch hat und der Zustand dem Alter entspricht. Mitte der 90er Jahre pendelte ich zwischen einer WG, der Uni und zahlreichen Kneipen. Ungern mit der Straßenbahn, als Student ist Zeit bekanntlich knapp.

Ebenso wie Geld, weshalb die Lösung klar war: VW Polo 1.0. Mit 45 PS und einer mageren Ausstattung, gegen die heute Amnesty International in Wolfsburg demonstrieren würde. Maximale Mobilität, minimale Kosten – so einfach kann das Leben sein! Wer heute in vergleichbarer Situation lebt, hat es noch leichter. Mit den Jahren wurde der alternde Polo billiger, kaum aber schlechter. Im TÜV-Report rangiert er in der Liga der vertrauenerweckenden Fahrzeuge. Und am Standstreifen verzweifeln nur Fahrzeughalter, die dem Polo gebührende Pflege und Wartung versagt haben.

Der 1,0-Liter-Motor ist zwar der Star an der Tankstelle, an guten Tagen gibt er sich mit weniger als sechs Liter Benzin zufrieden. Was er aber gar nicht mag, sind lange Autobahntouren. 45 PS reißen kein Loch in den Asphalt, dafür aber gern am Zahnriemen. Resultat: Motorschaden. Überhitzt der Vierzylinder, ist eine neue Zylinderkopfdichtung fällig. Macht runde 300 Euro in der Werkstatt, wobei diese einfache Arbeit auch in Eigenregie erledigt werden kann; ich spreche da aus Erfahrung.

Technik und Antrieb

Aber auch Kälte mag der 1.0 nicht, wir erinnern da an die zahlreichen Motor-Frostschäden (AUTO BILD Nr. 3/03). Egal welcher Motor sich um Fortbewegung bemüht: Das Kupplungsseil zählt bei allen Polo nicht zu den stabilsten Verbindungen zwischen Getriebe und Pedal. Die einfache Konstruktion ist hier wieder von Vorteil, denn der Austausch ist ruck, zuck erledigt.

Ab Baujahr 97 verhinderte ABS das Schlimmste. Serienmäßig, zuvor nur gegen Aufpreis. Einen Polo ohne ABS wollen wir Ihnen nicht empfehlen. Und wenn wir schon bei der Ausstattung sind: Gönnen Sie sich die Servolenkung, jede Parklücke unterstreicht ihre Daseinsberechtigung. Klimaanlagen sind eine feine Sache – wenn sie funktionieren. Leider ist das bei den älteren Baujahren nur selten der Fall, was aber häufig an mangelnder Wartung liegt. Probekühlen schadet also nie.

Kein Polo ohne Ölverlust, auch wenn er im Rahmen bleibt. Selbstverständlich ein Argument für Preisdrücker – und meist nur ein Handgriff für Schrauber. Einmal sämtliche Schrauben der Ölwanne nachziehen, schon sieht die Sache anders aus. Unschön, wenn es zwischen Motor und Getriebe leckt, dann gilt es nämlich, einen Wellendichtring zu tauschen. Und zuvor das Getriebe auszubauen. Mein Polo erlitt übrigens das übliche Schicksal: Stark gebraucht verschenkt an die Freundin, die nach zahllosen Blechschäden noch immer Geld dafür bekam. Ein Polo ist eben gesucht. Seine Fahrer wissen, warum.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 10/94 Einführung der dritten Polo-Generation. Motoren mit 45, 55 und 75 PS. Keine Ausstattungslinien, dafür Extras in Paketen gebündelt lieferbar. Diesel ab Dezember 94 im Angebot 5/95 1,4-l-Motor mit 60 PS ersetzt den 1,3-Liter mit 55 PS 8/95 Airbags serienmäßig, Sondermodell Harlekin 8/96 neu: 1,0-l/50 PS, 1,4-l-16V/100 PS und 1,9-l-SDI/64 PS 9/97 Ausstattung in Sportline und Comfortline gegliedert 9/99 große Modellüberarbeitung, geänderte Motorenpalette 9/01 Vorstellung des neuen Polo auf der IAA in Frankfurt

Schwachstellen • Ölverlust ist beim Polo schon fast ein traditionelles Leiden. Meist lecken Motor und Getriebe gleichzeitig • Wasserverlust des Kühlsystems durch undichte Schläuche oder wegen lockerer Befestigungsschellen kommt gelegentlich vor • die Kupplung ist offensichtlich zu schwach dimensioniert, bei einigen Fahrzeugen ist sie bereits bei einer Laufleistung von unter 100.000 Kilometer reif für den Austausch • die Verarbeitung zeigt mitunter erkennbare Schwächen: hakelige Türschlösser, wackelnde Sitze, versagende Zentralverriegelungen. Kleinigkeiten, die den Auto-Alltag nicht einfacher machen

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel VW Polo 60, 44 kW/60PS, Baujahr 1996. Ein Motor- oder Getriebeschaden wird mit Neuteilen teuer, zumindest in Relation zum Fahrzeugwert. Verschleißteile sind nahezu alle auch als Nachbau erhältlich.





Chagallblau nennt sich dieser Farbton, der dem Polo gut steht

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Trotz seines Alters kann der Polo (Typ 6N/6KV) noch immer punkten. Der Rostschutz ist nahezu perfekt, wenig Klagen auch bezüglich der beiden Achsen. Auffallend robust ist das Lenkungsspiel, ein wesentlicher Sicherheitsfaktor die Wirkung der Bremsanlage. Kritik gibt es bei den Dreijährigen an der Beleuchtungsanlage, wobei vor allem die Einstellung der Scheinwerfer moniert wird. In allen Jahren schlecht sind die Noten der Auspuffanlage." Siegfried Rother, Gutachter TÜV Süd

Modellempfehlung VW Polo 60 (44 kW/60 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 103 Euro im Jahr/Euro 2 Testverbrauch: Werksangabe 6,3 Liter, gemessen 7,4 Liter (Super) Versicherung: Vollkasko (15/500 Euro SB): 645 Euro. Teilkasko (16/150 Euro SB): 70 Euro. Haftpflicht (14): 806 Euro (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 15.000 Kilometer, etwa 150 bis 250 Euro Wertverlust: Fünfjährige verlieren rund 44 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 800 Euro Verlust