Luftigeres Raumgefühl – reicht das?

Ist doch klar wie Kloßbrühe. Alle Luken aufgerissen, Frau, drei Kinder, Hund und Gepäck Probe gestapelt – schon ist der Fall entschieden: Sharan. In jede Himmelsrichtung streckt sich der große Volkswagen weiter als sein kleiner Bruder Touran. Innen bietet er ein luftigeres Raumgefühl, etwa wie in einem Wintergarten. Und das macht den Sharan durchaus sympathisch – vor allem Kinder schätzen die hohe Sitzposition im Aussichtswagen. Touran-Insassen hocken dagegen eine Etage niedriger, erdverbundener, fühlen sich aber geborgener.

An dieser Stelle könnte der Vergleich schon enden. Aus Van-Sicht: Sharan. Mehr Platz, mehr Licht, mehr Luft, mehr ... ja was denn eigentlich? Was nützt der ganze Raumluxus, wenn man ihn sich nicht mehr leisten kann. Ein Sharan kostet in der Variante Trendline TDI mit 130 PS 32.350 Euro. Grundpreis, fünfsitzig. Der Blick in die Touran-Preisliste offenbart da etwas mehr Volksnähe: Der parkt hier für 24.350 Euro. Ebenfalls Trendline, fünfsitzig, TDI, sogar 136 PS. Zugegeben: Damit fährt er an der oberen Preisgrenze seiner Klasse. Aber stolze 8000 Euro unter dem Sharan.

Bei diesen Preisen verliert der Raumvorteil des Sharan schnell an Bedeutung. Spielt es eine Rolle, ob unter der Hutablage im Kofferraum 695 (Touran) oder 852 Liter Luft lagern? In beiden Fällen werden sie selten von Gepäck verdrängt. Und sollte der Touran-Raum im Urlaub mal nicht reichen, wandert ein Teil des Gepäcks eben in eine Dachbox aus. Die kostet nicht 8000, sondern nur 250 Euro.

Touran lenkt sich fast wie ein Sportwagen

Hinten sitzen im Van meist Kinder – da sind acht Zentimeter mehr Ellenbogenfreiheit kaum kaufentscheidend. Und der Norm-Knieraum ist in beiden Wagen sogar identisch. In einem Punkt bietet der Touran übrigens deutlich mehr: Ablagefächer. 39 sind über das ganze Auto verstreut. Sogar unter dem Dach, im Wagenboden und unter den Sitzen. Bei einem derartigen Überangebot bleibt nur eine Frage: Wo schmilzt jetzt eigentlich meine Schokolade?

Keine Frage dagegen: Der Sharan-Vorsprung schmilzt. Spätestens bei der Disziplin Fahrspaß ist er dann gänzlich verflossen. Hier zeigt der talentierte Touran, dass er über die moderneren Gene verfügt. Mit einer Lenkung, fast so direkt wie im Sportwagen, und dem tendenziell straff abgestimmten Fahrwerk lässt er sich genauso handlich wie ein Golf dirigieren. Kein Wunder. Mit dem ist er schließlich eng verwandt, fährt bereits heute auf der Plattform des Golf V von morgen.

Der Sharan benimmt sich im Vergleich dazu wie ein Schaukelpferd. Ein gutmütiges zwar, aber deutlich betulicher. Handlichkeit zählt somit nicht zu seinen Stärken. Weder im Stadtverkehr (11,7:11,2 Meter Wendekreis, unübersichtlich sind beide) noch auf der Landstraße, wo er in Kurven stärker über die Vorderräder drängt, kann er seinem flinken Bruder folgen. Auch der Touran-Motor ist eine Generation Golf weiter. In der Praxis bedeutet dies für den Fahrer noch mehr Kraft aus dem Drehzahlkeller. Wer im Touran allzu ungestüm Gas sät, erntet einen laut quietschenden Kavaliersstart. Selbst im zweiten Gang drehen die Räder bisweilen willenlos durch. Grund: Die Atempause unter 2000 Touren, die der ältere Sharan-TDI noch benötigt, ist der frischen Touran-Maschine fremd.

Technische Daten und Messwerte

Immerhin gibt sich jetzt auch im großen VW-Van ein eng gestuftes Sechsganggetriebe Mühe, das Turboloch zu stopfen. Doch wehe, der Fahrer nutzt den Schalthebel einmal zu spät, lässt die Drehzahl unter 1500 Umdrehungen fallen. Dann berappelt sich der 1,9-Liter-TDI nur mühsam, kommt deutlich zäher auf Touren als einTouran. Wer lieber schalten lässt, geht übrigens in beiden Volkswagen leer aus. Die Vierzylinder-TDI sind nicht mit Automatik kombinierbar. Beim Bremsen geht dem großen VW dann endgültig der Raum aus. Sein Bremsweg: 41,5 Meter aus 100 km/h. Das sind stattliche 3,9 Meter mehr als beim Touran.

Kosten, Ausstattungen und Zeugnisse

Deutlich weniger dynamisch als in der Vergangenheit werden sich wohl die Sharan-Verkaufszahlen entwickeln. Da muss man kein Prophet sein. Außer Platz – und das ist nun klar wie Kloßbrühe – bietet er nicht mehr als der talentierte Touran. Der große Unterschied findet nur im Preis statt. Dem Touran gehört die Van-Zukunft im VW-Stall.

Bleibt zu hoffen, dass ihm anfängliche Qualitätsprobleme, wie sie einst den Sharan quälten, erspart bleiben. Bisweilen gibt es nur Lieferprobleme für den Kompakt-Van. Aber die will VW möglichst schnell in den Griff bekommen.

Touran oder Sharan – urteilen Sie selbst

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