Er wird den Frauen das Herz brechen, sie verzweifeln lassen und – sorry, liebe Damen – ein paar graue Haare machen. Ein netter Typ, dieser VW Up, aber seine Preisgestaltung stellt jede Beziehung auf eine harte Probe. Der Traum vom 10.000-Euro-Typ ist schnell vorbei, wenn der Blick ins Kleingedruckte schweift. Elektrische Fensterheber: 460 Euro extra. Radio und Klima: 895 Euro. Sogar ein Handschuhfach kostet im "design pack" 85 Euro extra. Die ganze Rechnerei erinnert an die Ernüchterung bei der Griechenland-Hilfe: Es wird immer teurer, als einem lieb ist. Sagen wir mal so: Um für einen Kleinstwagen derart viel Geld auszugeben, sollte man eine leichte Schramme haben. Wer wüsste das besser als der teure Frauenfreund Fiat 500, den wir zum ersten Rendezvous mit dem Up einladen.

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Fiat 500
Ach, ist der niedlich: Der Knuddelfaktor des Fiat 500 ist extrem hoch.
Und wenn der Italiener so dasteht mit seiner bella figura, wenn er von hinten ("süüüß") und von vorn ("ach, wie der guckt") unbestritten unverwechselbar aussieht und glänzt – tja, dann muss der Up schlicht und einfach passen. Hat halt keinen berühmten Vorfahren, der VW, steht nur klar und knitterfrei da. Erfreulich faltenlos in einer Zeit, in der manche Autos genug Design-Gags für drei Modelle mit sich herumschleppen. Vielleicht verblüht seine Un-Aufgeregtheit langsamer, das wäre dann eine typische VW-Qualität wie die bessere Raumausnutzung. Der Up ist ein Kasten, der Fiat ein Coupé. Mit einem Nichts von Kofferraum (185 Liter) und einer Rückbank, bei der Erwachsene nur einsteigen, wenn sie ansonsten laufen müssten. Der Up bietet zwar hinten mehr Kopfraum, verlangt aber ebenfalls das medizinische Wunder eines faltbaren Knies.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Up

VW Up
Der VW gefällt mit ruhigen Linien und erlaubt sich nur den Knick in der Fensterlinie.
Die Wahrheit lautet: Aus dreieinhalb Meter Länge zaubert auch moderne Autotechnik nicht mehr als einen Zweisitzer mit Platzreserve. Dafür darf sich Fiats Einrichtung Witz und Individualität erlauben, die zwei Klassen höher als infantil durchfallen: Da gibt es ein Rundinstrument, das mehr verwirrt als informiert, wenige Tasten, aber im Lego-Duplo-Format, oder eine Blende in Wagenfarbe. Man sitzt hoch und sehr aufrecht auf kurzen Polstern, das Lenkrad lässt sich nur in der Höhe verstellen. Die Rechte fällt von selbst auf den dicken Schalthebel in der Mittelkonsole. Das alles erledigt der neue Up seriöser und VW-mäßiger. Die größeren Sitze stützen auch die Rücken von Kurierfahrern (es wird Männer geben, die hier einsteigen), die Sitzposition passt sich unterschiedlichsten Figuren an. Die Instrumente rücken Informationen tatsächlich auf den ersten Blick heraus, und die Türablagen fassen auch die dicken Flaschen für den Durst nach dem Hip-Hop-Kursus.
Zwar fährt der elektronische Schleuderschutz ESP serienmäßig mit, aber damit endet Wolfsburgs Freizügigkeit. Denn so gut wie alles, was im Up glänzt und freut, kostet extra. Drehzahlmesser, Zentralverriegelung oder der doppelte Gepäckraumboden? Hat erst die mittlere Variante Move Up (ab 10.650 Euro, mit 60 PS). Ein Radio, Klimaanlage, Aluräder? Bitte weiterziehen zur Topversion High Up (12.450 Euro). Der stärkere Motor mit 75 PS? Klingeling, macht noch mal 600 Euro. Schmerzhafte Einsichten, es drohen wieder graue Haare ...

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VW Up
VW Up: Die Federung ist komfortabel, die Lenkung verlässlich direkt.
Und das alles für nur drei Zylinder? Keine Bange, der kleine Benziner gibt eventuellen Schamgefühlen gar keine Chance. Flott und fröhlich dreht er hoch, das typisch unrunde Laufgeräusch – aus Kostengründen entfiel die Ausgleichswelle – bleibt außen vor. Das meiste Gehirnschmalz hat VW dorthin gesteckt, wo man nichts sehen kann – aber auch nichts hören. Es ist die vorzügliche Dämmung, die den Up so erwachsen macht: Sie unterdrückt Vibrationen und hält die Straße draußen. Die Federung komfortabel, die Lenkung verlässlich direkt – der Up zündet an. Bald ertappt man sich dabei, den 1,0-Liter zu zwirbeln, hmmh, das Fahrwerk könnte bestimmt 100 PS vertragen. Kommt garantiert, später sogar ein Vierzylinder.

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Fiat 500
Fiat 500: Das Fahrwerk könnte durchaus ein wenig  Feinschliff vertragen.
Den hat der einfachste 500er für 11.400 Euro heute schon zu bieten. Zwar nur mit 69 PS, aber auf dem Papier antrittsschneller als der Up (12,9 Sekunden bis 100 km/h). Allerdings könnte sein dynamisches Set-up mit der spitzen Lenkung, überharten Federung und hakeligen Schaltung eine Kur vertragen, doch die hat Fiat gerade an anderer Stelle spendiert. Seitdem spart der Knuffel für 1500 Euro extra sogar mit 85-PS-Zweizylinder und serienmäßigem Start-Stopp-System. Aber Vorsicht, auch der Italiener verlangt Ausgabendisziplin, lockt er doch mit verführerischem Unsinn, den der steife VW nicht kennt. Wie wär’s mit Lack in Raggamuffin-Rot (600 Euro), Bi-Xenon-Scheinwerfern (700 Euro) oder dem Glasdach Sky Dome (600 Euro)?
Nein, im Umgang mit diesen kleinen Verführern zählen eher die ach so klugen Spar-Tipps, wie AUTO BILD sie gern verteilt. Also: Bei Fiat verkneift man sich besser den 100-PS-Motor, bei VW empfiehlt sich der günstigere Dreizylinder, wenn man meist durch die Stadt gondelt. Frau sollte halt wissen, wo die Liebe aufhört.

Fazit

von

Joachim Staat
Der neue Up ist kein Sparmobil, das auf Teufel komm raus bei den Günstigsten mitspielt – diese Rolle übernehmen bestenfalls bald seine Modellbrüder bei Seat und Skoda. Stattdessen will VW bei den schicken Kleinstwagen landen und bringt mit überlegenem Komfort eine neue Reife in diese Klasse. Der Fiat 500 hat dem Up Charme, Witz und Historie voraus – aber zu teuer sind sie beide.

Von

Joachim Staat