"Ich bin jung genug für den WM-Titel"

Was Ralf Schumacher in einem Interview mit der Zeitschrift "Bunte" noch indirekt bestätigte, wurde jetzt offiziell verkündet: Schumi II fährt ab der kommenden Saison für Toyota. "Ich habe mich für eine Perspektive, für eine Vision entschieden. Wenn ich daran denke, dass ich bei Toyota der Mittelpunkt eines Projekts sein darf, dessen langfristiges Ziel der WM-Titel sein soll, dann beginnt es bei mir in der Magengegend zu kribbeln. Dann krieg ich feuchte Hände. Dann spüre ich urplötzlich eine Aufbruchsstimmung in mir", fabuliert der 29-Jährige am Mittwoch auf seiner Homepage (www.Ralf-Schumacher.de).

Nach verkorkster Saison und lebensgefährlichem US-Crash will es der Kerpener noch einmal wissen. "Ich habe mein riesengroßes Ziel, den WM-Titel, nicht aufgegeben – ganz im Gegenteil: Ich bin jung genug und außerdem voller Motivation, einen neuen Anlauf zu nehmen, um dieses Ziel zu erreichen", kündigt der zweimalige WM-Vierte an.

Nach wochenlangen Spekulationen wurde der Wechsel von Williams-BMW zu Toyota am Mittwoch (7. Juli 2004) endlich amtlich. Der nach seinem schweren Unfall in Indianapolis zurzeit pausierende Formel-1-Pilot wurde von dem in Köln beheimateten Rennstall für drei Jahre bestätigt. "Er hat in seiner Karriere bewiesen, dass er ein extrem schneller Rennfahrer ist und ich bin sicher, dass seine riesige Erfahrung unserem Team weiterhelfen wird", sagte Toyota-Teamchef Tsutomo Tomita. Einen gestandenen Entwicklungshelfer benötigen die seit 2002 mit hohen Ambitionen in der Formel 1 fahrenden Japaner dringend. Vor dem 11. der 18 Saisonrennen liegt Toyota mit nur acht Punkten in der Konstrukteurswertung auf Platz sieben. Nur Jordan, Jaguar und Minardi sind schlechter.

Ralf Schumacher soll bei Toyota geschätzte 17 Millionen Euro pro Saison verdienen. Über Prämien könnten weitere drei Millionen Euro hinzukommen. Damit ist Ralf Schumacher hinter Bruder Michael, der bei Ferrari rund 35 Millionen Euro kassiert, der bestbezahlte Formel-1-Pilot. "Geld hat bei meiner Entscheidung keine Rolle gespielt. Ich habe in den letzten Jahren so viel verdient, dass ich mir keine Sorgen mehr machen muss. Geld war nie und ist nicht mein Antrieb, Formel 1 zu fahren", sagt Schumacher. Ein Schelm, wer daran zweifelt.

Theissen reagiert gelassen auf den Wechsel

Wann Ralf Schumacher in der Formel 1 wieder Vollgas geben darf, ist noch offen – die Gesundheit geht vor. Zwar möchte er sich "mit dem einen oder anderen Sieg vom Team verabschieden, und damit ein bisschen was davon zurückgeben, was man mir hier Gutes getan hat", aber unter Druck setzten will er sich nicht: "Ich werde mir genau so viel Zeit nehmen, wie es braucht, um wieder topfit im Auto zu sitzen." Seine bisherige Zwangspause hat er offenbar mit Nachdenken verbracht: "Sehr lange" habe er gegrübelt, ehe er sich reif für die "neue Herausforderung" fühlte.

Eine Umgebung, in der er sich "geborgen fühlen kann, in der ich das Gefühl bekomme, gebraucht zu werden, in der ich bedingungslose Unterstützung bekomme", nannte er als weiteren Beweggrund für den Wechsel. Derlei Hätscheleien sind beim kleinen Schumi in der Tat selten geworden: Im sechsten Jahr im Williams-Team, fünf davon mit BMW, hatte es zuletzt arge Funkstörungen gegeben.

BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen reagierte mit Gelassenheit auf den Verlust seines für den deutschen Markt eigentlich unverzichtbaren Imageträgers. "Wenn beide Parteien eine neue Herausforderung suchen, sollte diese auch angenommen werden", sagte er. Teamchef Frank Williams, der Ralfs Festgehalt kürzen, aber die Prämien erhöhen wollte, muss sich nun gleich zwei neue Piloten suchen. Ralf Schumachers Teamkollege Juan Pablo Montoya fährt in der kommenden Saison für McLaren-Mercedes. Topkandidaten auf das Cockpit beim deutsch-britischen Rennstall sind der Australier Mark Webber (noch Jaguar) und der kanadische Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve (derzeit ohne Cockpit). Ebenfalls noch nicht geklärt ist, wer Teamkollege von Ralf Schumacher bei Toyota werden wird. Oder bleibt.