Zugegeben, ich gehöre zu den Typen, die finden, dass früher vieles besser war – beim Thema Auto zumindest. Oder vermissen Sie nicht auch den mittlerweile seltenen Anblick eines pausbäckigen Mercedes E 500 oder den einzigartigen Klang des luftgekühlten Porsche-Boxers? Auch von Audi bin ich etwas enttäuscht. Denn die Ingolstädter schaffen es mit dem neuen S3 tatsächlich, einen kompakten Überflieger zu präsentieren, unter dessen Haube zwar ein 265 PS starker Motor tobt, der aber nichts mehr vom martialischen Vorgänger mit den weit ausgestellten Radhäusern hat – und im faden Einheitslook daherkommt. Die enorme Ausgangskraft erleichtert es den Tunern natürlich ungemein, bereits mit der ersten Ausbaustufe ihrer Modifikationen die magische 300-PS-Marke zu knacken. B&B und Heron waren dabei extrem fix und müssen sich nun im harten Vergleich beweisen. Zumindest auf dem Papier geht der B&B S3 in Führung. 306 PS und stolze 410 Newtonmeter Drehmoment zaubert der Veredler aus dem Motor – und das für faire 1198 Euro. Einen Tick günstiger, aber eben auch nicht ganz so kräftig ist das Exemplar von Heron. Für 999 Euro gibt es ebenfalls ein Ticket für den 300-PS-Club. Aber es sind eben "nur" 300. Dass der Vierzylinder mit 430 Newtonmetern mehr Drehmoment liefert, dürfte bei Stammtisch-Gesprächen weniger interessieren. Abgesehen davon nützt das auch nichts, wie unsere Messwerte deutlich machen.

B&B S3 – animalisches Turbo-Pfeifen inklusive

Schönen Gruß vom Gen-Spender: Tuner Heron bleibt nah an der Serie.
Egal ob bei der Beschleunigung oder bei der Elastizität, der Heron kommt an den B&B S3 einfach nicht heran. Mit 5,5 Sekunden bis Tempo 100, und 15,8 Sekunden bis 180 km/h, ledert das Siegener Exemplar den Heron gehörig ab. Mit 5,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h liegt der zwar genau auf dem Niveau der Werksangabe, jedoch immer noch eine halbe Sekunde unter der von uns gemessenen Serienversion. Auch in der Leistungsentfaltung ist er der Serie näher: Im obersten Drehzahlbereich fehlt ihm der energische Vortrieb des Exemplars von B&B. Ohne zu schwächeln, dreht dessen Triebwerk bis an den roten Bereich bei 7000 Touren. Wer Turbos mag, wird den Heron lieben – den B&B aber vergöttern. Nur sein Lader bläst so herrlich animalisch den überschüssigen Druck ins Freie – bei jedem Last- und bei jedem Gangwechsel.
Letztere bereiten übrigens deutlich mehr Freude als bei der Serienversion. Auf nochmals kürzeren Wegen gleitet der Schalthebel durch die Gassen – gewohnt präzise, gewohnt leichtgängig. Auf der Rennstrecke hilft das dem B&B (fast) nichts. Zumindest bei Regen. Denn tagelange Niederschläge verwehrten uns ein faires Duell in Oschersleben. So wurde es eher zum Duell der Reifen – mit knappem Sieg für B&B. Der Dunlop SP Sport Maxx hat den moderneren Conti-Pneus nicht viel entgegenzusetzen. Ganz im Gegenteil. Der S3 verlangt damit deutlich mehr Aufmerksamkeit vom Fahrer, wechselt munter vom Unter- zum Übersteuern und bietet zudem weniger Grip. Bei 2:02,84 Minuten bleibt die Uhr nach einer Runde stehen. Wesentlich entspannter, aber mit 2:03,71 Minuten kaum langsamer, geht es im Heron um den 3,6 Kilometer langen Kurs.
Selbst der Vorteil der größeren Bremsanlage nutzt dem B&B nur bedingt. Denn die sehr harte Fahrwerksabstimmung harmoniert einfach nicht mit dem ABS. Die Räder werden so rigoros eingebremst und blockieren oftmals – das kostet Zeit. Reine Geschmackssache ist der Sportauspuff. Fakt ist: Der aufwendige Endschalldämpfer mit Klappensystem adelt den S3 von B&B zum zuverlässigen Wecker der Nachbarschaft. Wer auf einen etwas dezenteren Umgangston steht, sollte der Heron-Lösung den Vorzug geben. Ihr einziger Nachteil: Sie ist 300 Euro teurer, kostet deftige 1499 Euro. Die alltagstauglichere Wahl ist auch das O.Z.-Rad am Heron. Der umlaufende Felgenschutz am Reifen kann hier noch sinnvoll wirken. Beim B&B-Ballermann sieht das ganz anders aus. Mit zehn bis an den Rand reichenden Speichen wirken seine 19-Zöller zwar mindestens eine Nummer größer, ragen leider schutzlos über den Reifen hinaus. Wer sich beim Parken einen Patzer leistet, riskiert die ganze Show. Zumindest das war früher auch nicht anders.

Von

Dietrich Erben