Audi hat begriffen, worauf es ankommt: Für Autos gilt, wovon man Frauen abrät – sie müssen leicht zu haben sein. Folgerichtig wiegt der neue TT dank noch konsequenterer Alu-Bauweise bis zu 80 Kilogramm weniger als der Vorgänger. Mit 1320 Kilogramm Lebendgewicht unterbietet er sogar den durchtrainierten Porsche Cayman um 65 Kilogramm. Zwei Schwergewichte der Tuningbranche haben den Leichtfuß in die Zange genommen: Wimmer Rennsporttechnik und MTM. Optisch halten sich beide Tuner zurück: Ausschließlich der Performance verpflichtet, verzichten sie auf Anbauteile und Firlefanz.

Optisch zurückhaltend: Wimmer und MTM haben es eher unter der Haube.
Das MTM-Auto ist folglich ausschließlich an den vier Endrohren und formschönen Rädern in 19 Zoll zu identifizieren. Wimmer bietet verheißungsvoll schwarzlackierte Räder an, hinter denen keck gelb gefärbte Bremssättel hervorlugen. In Sachen Leistungssteigerung fährt der Tuner hingegen das volle Programm auf: Chiptuning, Sportkat, optimierte Ansaugwege, staudruckoptimierter Auspuff. Letzterer verhilft dem TT nicht nur zu zusätzlichen PS, sondern auch zu einem herzerwärmenden Grummeln. MTM hält sich in Sachen Sound-Tuning zurück. Wobei auch seine Auspufflösung klingt, statt zu lärmen. Der leisere Tonfall sollte jedoch nicht über die Kräfteverhältnisse hinwegtäuschen.

Diesbezüglich zieht MTM mit Wimmer gleich: Die Leistungssteigerung umfasst Auspuff, Sportkats und eine optimierte Elektronik. Am Steuer bestätigt sich, was die Eckdaten vermuten lassen: Der MTM TT brennt vor innigem Vortriebs-Verlangen. Das Auto stürmt voran wie ein gedopter Sprinter. Auf der Autobahn rennt das Auto bei 6500 Umdrehungen fröhlich in den roten Bereich, die Tachonadel verschwindet in Sphären jenseits der Skalierung. Der Komfort ist beschränkt, für ein Auto der Sportwagen-Gattung jedoch akzeptabel. Zügig passierte Bodenwellen führen jedoch bisweilen zu ärgerlichen ESP-Regeleingriffen. Der Wimmer TT teilt härter aus. Der Tuner hat das Fahrwerk gezielt auf die Rennstrecke abgestimmt. In ungeahnter Feinfühligkeit spürt das Auto Spurrillen und Unebenheiten jedweder Art nach. Der Geradeauslauf verdient das Prädikat "bescheiden". Zudem korrespondiert das harte Fahrwerk noch schlechter mit dem ESP als bei MTM. Es fühlt sich in zügig genommenen Autobahnkurven unter Volllast regelmäßig berufen, regelnd einzugreifen – eine unschöne Marotte.

Es ist wie auf dem Foto: MTM schlägt Wimmer auf der Rennstrecke.
Dafür kann der prächtige Motor glänzen: Mit 6,7 Sekunden bis 100 km/h vermag sich der Wimmer TT vom 200 PS starken Serienfahrzeug (null bis 100 km/h in gemessenen 6,7 Sekunden) zwar nicht abzusetzen. Beim 200-km/h-Sprint kommt die Leistungssteigerung aber voll zum Tragen. Statt originaler 29,2 Sekunden benötigt Wimmer 23,5 Sekunden. MTM zieht minimal davon: Null bis 100 km/h dauern 6,3, bis 200 km/h vergehen 22,8 Sekunden. Auf der Rennstrecke wächst der Abstand. Zwar macht sich auf dem topfebenen Asphalt der Motorsport Arena die knallharte Abstimmung des Wimmer TT bezahlt. Die präzise Rückmeldung von Lenkung und Fahrwerk gibt dem Fahrer stets das Gefühl, mittendrin statt nur dabei zu sein. Deshalb kann er die bei abgeschaltetem Stabilitätsprogramm auftretenden Lastwechselreaktionen spielerisch kontrollieren. Leider verschiebt sich der Druckpunkt der Movit-Bremse mit zunehmender Beanspruchung immer mehr ins Ungefähre.

Nicht nur deshalb gelingt es dem Audi im MTM-Trimm, den Verfolger abzuschütteln: Seine Bremse wirkt deutlich bissiger und schwächelt auch nach mehreren Runden kein bisschen. Zudem hat MTM einen Trumpf in der Hinterhand: Das Sperrdifferenzial von Drexler minimiert die Untersteuerneigung. Bei einer Sperrwirkung von 60 Prozent erkämpft sich der getunte Audi traktionstechnisch einen unbe- streitbaren Vorteil, obwohl beim Herausbeschleunigen aus Kurven immer noch Kraft verpufft. Das extrem spitze Einlenkverhalten des MTM TT resultiert aus dem Sturz von 1,5 Grad an der Vorderachse. Der Veredler bedient sich einer ab Werk angebotenen Verstellfunktion. Die sollte allerdings nur nutzen, wer häufig Rennstrecke fährt. Autobahn- Desperados empfehlen wir, sich in Verzicht zu üben. Einseitig abgefahrene Reifen drücken nämlich schwer aufs Gemüt – und alle Leichtigkeit wäre dahin.

Von

Ben Arnold