Zwei getunte Porsche Carrera GT
Himmel auf Rädern

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Willkommen im Porsche-Paradies. Bei einer Ausfahrt mit zwei veredelten Carrera GT klärt AUTO BILD SPORTSCARS die Frage: Reichen die 670 PS des Gemballa Mirage aus, oder sollte es besser der 9ff GT-T 900 mit 934 PS sein?
An einem ganz gewöhnlichen Abend betrete ich eine stinknormale, schlecht besuchte Kellerkneipe irgendwo in Deutschland. Gehe zur Bar, bestelle ein Bier, wende den Blick zur kleinen Bühne am Ende des Raumes und staune. Dort stehen Elvis und Michael Jackson und singen ein Medley ihrer größten Hits. Verwundert wache ich auf. Ähnlich erstaunt dürfte sein, wer unser rasantes Duo unvorbereitet zu Gesicht bekommt. Basieren beide Fahrzeuge doch auf dem 612 PS starken Carrera GT, dem Porsche 2006 das Lebenslicht auspustete – als die Fertigung nach 1270 gebauten Exemplaren eingestellt wurde. Trotzdem haben sich zwei Tuner des "Altautos" angenommen – und bauen es für horrendes Geld um. Was sie umtreibt? "Ein Kundenauftrag von einem Scheich aus Katar", teilt Jan Fatthauer lapidar mit. Auch Uwe Gemballas Passion hat handfeste Ursachen: "Das Produktionsende hat die Begeisterung für den Supersportler nicht geschmälert. Wir haben zwischenzeitlich 19 Mirage-GT-Umbauten verkauft."
Gemballas Mirage GT will kein Porsche Carrera GT mehr sein
Gemballa, seit 28 Jahren die Adresse für spektakuläre Porsche-Umbauten, betreibt das Thema nahezu fanatisch: "Mein Mirage GT ist kein Carrera GT mehr." Wer das Auto unter die Lupe nimmt, gibt ihm recht: Dank neuer Frontschürze kommt das Auto noch breiter, noch mächtiger, noch imposanter daher – eine Mixtur aus FIA-GT-Rennwagen und Predator. Speziell die auffällige Dachhutze hat es in sich. Sie soll vor allem die Seitenlinie des Carrera GT korrigieren – die Uwe Gemballa im Originaltrimm zu sehr nach "sportlichem Pick-up" aussieht. Der starre Heckflügel baut 20 Millimeter höher als der ausgefahrene Serienflügel. "Alles steht im Zeichen maximalen Abtriebs", erklärt Uwe Gemballa. "Das Serienfahrzeug fühlt sich bei hohen Geschwindigkeiten auf der Vorderachse zu leicht an. Wir haben den Abtrieb an der Vorderachse um 35, an der Hinterachse um 85 Kilogramm erhöht. Unser Auto liegt deshalb stabiler, ist dafür nicht mehr ganz so schnell." Das Modell "Special Edition" verfügt über einen nochmals erweiterten Ausstattungsumfang – zusätzliche Frontleuchten, Rückfahrkamera im Raketenwerferstil und Speziallackierung.
9ff will nicht weniger als den schnellsten Carrera GT aller Zeiten bauen

Die Pforten des Mirage GT öffnen sich. Wir gleiten in den Innenraum. Trotz umfangreicher Aufwertungen mit Karbon und Leder und der Installation eines kleineren Lenkrads belässt Gemballa die tolle Funktionalität des kargen Innenraums auf Serienniveau. Nur die Mittelkonsole ändert er ab, um statt des winzigen Becker-Radios ein "Data Control System" unterzubringen – das Beschleunigungs- und Verzögerungswerte aufzeichnet. Nach einem phosphoreszierender Starterknopf sucht der Pilot vergeblich – ein banaler Schlüsseldreh weckt das Monster. Das Anfahren fällt deutlich leichter als beim ruppigen Serienfahrzeug mit Keramikkupplung; die neue Kupplung trennt nicht mehr so rigoros, das Risiko, das Auto abzuwürgen, sinkt deutlich. Das Carrera-GT-typische Getrieberasseln wird vom Klang des Motors übertönt.
Die Performance des Mirage hebt sich nur in Nuancen von der Serie ab

Die Beschleunigung im 9ff GT-T900 fällt trotz Weichspüler barbarisch aus

Genau da liegt die entscheidende Stärke: in der Allgegenwart der monströsen Power. Unterstützt von 9ff, schwingt sich der Carrera GT endlich zum uneingeschränkten Über-Performer auf – den nichts und niemand zu stoppen vermag. Im direkten Vergleich wirkt die 670-PS-Version plötzlich ein bisschen blutleer – untenrum schwächlich, ab 280 km/h nur noch begrenzt begeisterungsfähig. Das 9ff-Auto hingegen passiert die 300, ohne innezuhalten. Gerade mal 17 Sekunden sollen bis zum Erreichen der prestigeträchtigen Marke vergehen – woran wir keinen Zweifel verschwenden. Am Ende des Tages sehen wir unseren Verdacht endgültig bestätigt: Im Gegensatz zu menschlichen Superstars ist der Carrera GT tatsächlich unsterblich.
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