Zwei starke Polo GTI im Test
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Völlig überzeugen konnte der Polo GTI bisher nicht. Sowohl VW als auch Tuner Junius schicken sich an, dieses Manko mit besser munitionierten Varianten des Giftzwergs zu beheben.
Mit der Familienehre ist das so eine Sache. Leichtfertige Nachkommen können den mühsam erarbeiteten Ruf blitzschnell ramponieren. Bei der weltberühmten GTI-Sippe entpuppte sich 2006 ausgerechnet der 150 PS starke Polo als der Prinz Charles des PS-Adels – nicht unsympathisch, aber recht langweilig und alles andere als herausragend. Der knallharte Messalltag förderte beim Wolfsbuger Kleinwagen nicht zu übersehende Schwächen zutage – vor allem was Lenkung und Bremsanlage anbelangt. Grund genug für VW, sich vom eigenen Markenpokal inspirieren zu lassen und mit dem Polo GTI Cup Edition ein Upgrade mit 180 PS bereitzustellen. Auch Alexander Junius, MTM-Stützpunkthändler und seit Kurzem selber im Tuning-Geschäft tätig, erkannte das Optimierungspotenzial des Serien-Polo-GTI.
Bei der Optik trägt der Serien-Polo dicker auf

Keine Zurückhaltung unterm Blech

VW betreibt deutlich weniger Aufwand. Die 30 Mehr-PS des Cup Edition sind das Ergebnis eines verstärkten Ansaugschlauchs sowie neu abgestimmter Motorelektronik. Der Fünfventiler des Werks-GTI dreht sich gern die Seele aus dem Leib. Erst bei 7000 Umdrehungen fordert der Drehzahlbegrenzer den Griff zum Schaltknauf. Zu diesem greift man angesichts der exakten, nicht zu leichtgängig einrastenden Gänge gerne. Diese Strapazen belohnt der Cup Edition mit 7,5 Sekunden auf 100 km/h (Polo GTI: 8,0 Sekunden). Der Tacho verharrt auf ebener Autobahn bei 240 km/h, was echten 225 km/h entspricht. Hier kann sich der deutlich potentere Junius-Polo spürbar absetzen. Ab 3000 Umdrehungen spricht der Turbo etwas ruckartig, dafür aber umso heftiger an und schiebt den Kleinwagen unnachgiebig bis Tacho 260 nach vorn – 241 km/h laut GPS-Gerät. Mit einem sechsten Gang wäre vielleicht noch mehr drin. Auch in der Beschleunigung düpiert der Junius seinen Widersacher aus Wolfsburg klar. 6,3 Sekunden genügen für die Hatz aus dem Stand auf 100 km/h, begleitet von deutlichem Turbopfeifen. Angesichts der ungünstigen Wetterbedingungen am Messtag (drei Grad Celsius) eine starke Leistung des Fronttrieblers. Weiterer Pluspunkt: Die optionale Sportkupplung mit verstärkten Scheiben und neuer Druckplatte hielt der Messtortur problemlos stand.
Die Wahrheit liegt auf der Rennstrecke

Cup-Edition vorbildlich neutral

Während der Cup Edition knisternd abkühlt, bekommt das Junius-Auto den Rundkurs in der Magdeburger Börde unter seine 17-Zoll-Contis. Die stehen in Verbindung mit einem KW-Fahrwerk. Das bringt den Polo dem Asphalt 30 Millimeter näher und mit vergnüglichem, gut kontrollierbarem Übersteuern das Gefühl, mit einem Hecktriebler durch die Biegungen zu preschen. Die höhere Leistung fordert in engen Kurven einen Tribut in Form von leichtem Lenkungszerren, was aber die Stimmung am Volant nicht weiter trübt. Derart dynamisiert, distanziert er sich mit 1:56,09 Minuten knapp eine halbe Sekunde vom Cup Edition – wir hätten mehr erwartet. An der Vorderachse reiben sich die gleichen 312-Millimeter-Scheiben wie im Konkurrenten auf. Belag und Vier-Kolben-Sattel stammen jedoch von AP-Racing. Standfestigkeit ist auch hier kein Thema, allerdings fallen die ermittelten Bremswege deutlich schlechter aus als beim Cup Edition.
Junius macht durstig
Eine weitere unschöne Nebenerscheinung: Schleifende Räder in schnell gefahrenen Kurven. Wenig Verständnis dürften manche Fahrer zudem dem raubeinigen Federungskomfort des Junius-GTI entgegenbringen. Auf der Autobahn hoppelt man ständig auf und ab, jede noch so kleine Unebenheit dringt zum Fahrer durch. Hier federt das Cup-Edition-Fahrwerk weicher. Ein weiterer Minuspunkt des Junius-Polo ist sein erhöhter Spritkonsum. Die Zeche für sein Spurtvermögen zahlt man an der Zapfsäule. Heftige 12,9 Liter Super Plus zieht der Junius-Polo im Schnitt durch die Einspritzdüsen. Mit 10,4 Litern saugt der Cup Edition wesentlich gemäßigter am Kraftstoffvorrat, vom normalen Polo GTI (8,6 Liter) gar nicht zu reden.
Beim Preis liegt Junius ebenfalls vorn – respektive hinten. Mit 30.836 Euro kostet das Tuningauto 11.000 Euro mehr als die Basis. Dafür bekommt man aber auch eine pistentaugliche Rennsemmel reinsten Wassers. Der fast 8000 Euro günstigere Cup Edition fährt sich weniger messerscharf, aber nicht langweilig. Beide machen die Marotten des Basis-GTI vergessen. Es scheint also, als hätten sich gleich zwei würdige Nachfahren für das schwarze Schaf Polo GTI gefunden. Die Familienehre wäre also wiederhergestellt.
Beim Preis liegt Junius ebenfalls vorn – respektive hinten. Mit 30.836 Euro kostet das Tuningauto 11.000 Euro mehr als die Basis. Dafür bekommt man aber auch eine pistentaugliche Rennsemmel reinsten Wassers. Der fast 8000 Euro günstigere Cup Edition fährt sich weniger messerscharf, aber nicht langweilig. Beide machen die Marotten des Basis-GTI vergessen. Es scheint also, als hätten sich gleich zwei würdige Nachfahren für das schwarze Schaf Polo GTI gefunden. Die Familienehre wäre also wiederhergestellt.
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