Exklusivität inbegriffen

Es soll Leute geben, die zum Shoppen nach New York fliegen. Was wohl auf eine Haushaltslage hinweist, über die sich nicht nur unser Finanzminister Hans Eichel freuen würde. Steigern lässt sich dieses Luxusleben kaum noch. Es sei denn, man fliegt mit der Concorde über den Großen Teich. Willkommen im Club der Superreichen.

Klar, dass teure Autos in solchen Kreisen dazugehören wie die Tagesschau zum deutschen Fernsehabend. Zwölf Zylinder unter der Haube garantieren dabei den guten Ton. Und begrenzen ganz nebenbei das Angebot, sodass der schöne Schlitten im Straßenbild eher zu den seltenen Erscheinungen zählt.

Wahre Exklusivität gewährt dabei allerdings nur die Wahl eines Cabrios. Denn wer auf die Kraft der zwölf Zylinder vertraut und über sich gleichzeitig unendliche Weite genießen möchte, muss sich mittlerweile nur noch zwischen zwei Modellen entscheiden. Aston Martin DB7 Vantage Volante oder Mercedes SL 600 – zwei echte Hochkaräter für die nach oben offene High-Society.

Der 1996 aufgeschnittene DB7 Vantage mit dem Beinamen Volante liefert – very british – Understatement in Reinkultur. Von hinten verwechseln automobile Amateure den edlen Engländer schon mal mit einem Jaguar. Worüber Vantage-Fahrer aber nur milde lächeln – es bleibt ja in der Ford-Familie, zu der die beiden britischen Beaus gehören.

Zeitlos elegante Formen

Die gierige und auf Wunsch mit Maschendrahtgitter verzierte Schnauze des DB7 besei- tigt dann allerdings jeden Zweifel an seiner adligen Abstammung, raunzt dem übrigen Verkehr ein heiseres "Achtung, Aston Martin im Anflug!" zu. Der perfekt modellierte Body wirkt dabei wie ein einziger angespannter Muskel. Ein Blechkleid, das sitzt wie ein Maßanzug.

Mercedes-Benz setzt optisch stärker auf Dynamik, lässt keinen Zweifel an der Potenz seines Spitzen-SL. Das Auto wirkt aus jedem Blickwinkel kraftvoll, kolossal, knackig. Besonders der ausladende Hintern mit den zwei markanten Auspuffrohren signalisiert Macht und Moneten. Und genau hier liegt das Problem des etwas zu protzig geratenen Auftritts. Denn schon jetzt rollen SL mit Riesen-Rädern, Tieferlegung und Goldkettchen an Bord mit Vollgas durch Rotlicht-Reviere.

Dabei stellt der SL 600 eigentlich den perfekten Begleiter für alle Lebenslagen. Egal ob Prachtboulevard oder Rennstrecke – dieser Stern glänzt in jedem Umfeld. Dafür sorgt neben dem narrensicheren Kurvenverhalten und dem geschmeidigen, im Sport-Modus agilen ABC-Fahrwerk (Active Body Control) vor allem der mächtige V12-Biturbo. Wer das Gaspedal nur streichelt, erlebt die 500 PS lammfromm und lustvoll vor sich hin summend. Offen durch Monaco cruisen wird so zur Spazierfahrt der Extraklasse.

Hemmungsloses Muskelspiel

Doch wehe, der Fahrer gibt dem 5,5- Liter die Sporen. Dann weckt er ein schlafendes Biest, das völlig hemmungslos die Muskeln spielen lässt und mit roher Gewalt über die hinteren Räder im Format 285/35 R 18 herfällt. Würde das ESP nicht helfend eingreifen, die Walzen wären in kürzester Zeit verraucht.

Am elektronischen Zügel geführt, fliegt der SL 600 dann aus der Startaufstellung an der Ampel, als gelte es, einen Grand Prix zu gewinnen. In unglaublichen 4,7 Sekunden soll Tempo 100 abgehakt sein, auch darüber scheinen für diesen Ausnahme-Athleten weder Luft- noch Fahrwiderstände zu existieren.

Überholvorgänge schrumpfen angesichts der schnell und präzise schaltenden Fünfstufenautomatik sowie 800 Nm Drehmoment zur Sache von Sekunden, ein Ende des vehementen Vorwärtsdrangs ist in diesem Auto nicht abzusehen – stoppen können ihn (neben den exzellenten Bremsen) wohl nur notorische Linksfahrer und der bei 250 km/h einsetzende Begrenzer.

Biturbo wird zum Erlebnis

Unfassbar auch die gewaltige Stimme des V12, die in den Tunneln Südfrankreichs für akustische Aha-Erlebnisse sorgt und Rennsport-Erinnerungen weckt. Mit einem sonoren Bollern aus den Tiefen des 5,5 Liter großen Resonanzraums sorgt der Biturbo für allerbeste Vibrationen, die wohlige Schauer über den Rücken treiben.

Deutlich dezenter tritt der Aston Martin auf. Nach kurzem Anlasserbellen meldet sich der 5,9-Liter-V12 unaufdringlich säuselnd zum Dienst. Ein stets bereiter Diener, der aber auf gar keinen Fall auffallen möchte. Mit seinen 420 PS garantiert zwar auch der britische Zwölfender ansehnliche Fahrleistungen, steht gegen den SL 600 aber auf verlorenem Posten. Nur mit Mühe kann er dem Stuttgarter Stern folgen, geschweige denn zum Überholen ansetzen. Einzig auf der Autobahn darf der Brite mal links vorbeiziehen – der Volante läuft unbegrenzt 266 km/h.

Dass der DB7 insgesamt eher behäbig und weniger spritzig anmutet, liegt dabei vor allem an der recht trägen Fünfstufenautomatik und dem hellen Kompressorklang, dessen Anmachqualitäten ganz denen eines steifen britischen Bankers entsprechen. Doch die Stärken des englischen Gentlemans liegen ohnehin auf anderem Gebiet. Mit seiner unaufgeregten Gemütlichkeit und gediegenem Komfort verführt er den Fahrer zum Reisen, nicht zum Rasen. Zumal die Engländer immer noch auf die alte Fahrwerkschule setzen. Außer einer Traktionskontrolle aus Mitleid mit den breiten Hinterrädern der Dimension 265/35 R 18 fehlt jede elektronische Hilfe, sodass Übermut schon mal im Querdrift endet.

In Sekunden entblättert

Dann doch lieber runter mit dem Verdeck und rein mit der Sonne. Wobei der in weiten Teilen noch von Hand gefertigte Aston Martin auch bei der Entblätterung auf reichlich Handarbeit setzt. Obwohl das stabile Stoffverdeck von einem Elektromotor hinter die Notsitze im Fond gefaltet wird, muss das Dach vorher auf beiden Seiten entriegelt und anschließend mit einer Persenning bedeckt werden. Nennen wir das mal die klassische Lösung – die immerhin angenehm zugfreie Sonnenbäder ermöglicht und auch ohne Windschott nicht übermäßig an der Frisur zerrt.

Das Coupé-Cabrio von Mercedes präsentiert die Hightech-Variante. Das feste Faltdach aus Stahl schwingt auf Knopfdruck fast geräuschlos in den Kofferraum hinein oder aus ihm heraus. So lässt sich innerhalb weniger Sekunden zwischen stabilem Coupé und luftigem Cabrio wechseln. Und auch hier müssen nur Träger filigraner Föhnfrisuren zum Windschott greifen – alle anderen lassen sich einfach die herrliche Frühlingsluft um die Nase wehen.

Die dabei erworbene Bräune könnte beim Blick in die Preisliste allerdings einer gichtigen Blässe weichen. Mercedes verlangt für den SL 600 immerhin 128.180 Euro, der DB7 Vantage Volante muss dem Käufer sogar noch knapp 10.000 Euro mehr wert sein. Das sind auch angesichts der Komplettausstattungen ziemlich üppige Beträge. Zumindest für alle, die im Supermarkt um die Ecke einkaufen. Und nicht in New York.

Technische Daten

Technische Daten Mercedes SL 600 V12-Biturbo, vorn längs • 3 Ventile pro Zylinder • Hubraum 5513 cm • Bohrung x Hub 82,0 x 87,0 mm • Verdichtung 9,0:1 • Leistung 368 kW (500 PS) bei 5000/min • max. Drehmoment 800 Nm bei 1800/min • Fünfstufenautomatik • Hinterradantrieb • Vierlenkerachse vorn, Raumlenkerachse hinten • Active Body Control rundum innenbelüftete Scheibenbremsen, vorn gelocht ABS • ESP • Reifen 255/40 18 vorn, 285/35 R 18 hinten Kofferraumvolumen 235–317 • Tankinhalt 80 l • Länge/Breite/ Höhe 4535/1827/ 1298 mm • Radstand 2560 mm • Leergewicht 2025 kg • Zuladung 275 kg • 0–100 km/h in 4,7 • Spitze 250 km/h • Preis 128.180 Euro

Technische Daten Aston Martin DB7 Volante V12-Kompressor, vorn längs • 4 Ventile pro Zylinder • Hubraum 5935 cm3 • Bohrung x Hub 89,0 x 79,5 mm • Verdichtung 10,3:1 • Leistung 309 kW (420 PS) bei 6000/min • max. Drehmoment 540 Nm bei 5000/min • Fünfstufenautomatik• Hinterradantrieb• rundum Einzelradaufhängung, doppelte Dreieckquerlenker, Stabilisatoren • rundum innenbelüftete Scheibenbremsen, vorn gelocht • ABS • Reifen 245/40 ZR 18 vorn, 265/35 ZR 18 hinten • Kofferraumvolumen 180 l • Tankinhalt 82 l • Länge/Breite/ Höhe 4666/1830/1260 mm • Radstand 2591 mm • Leergewicht 1875 kg • Zuladung 225 kg • 0–100 km/h in 5,2 s • Spitze 266 km/h Preis 138.049 Euro